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ASTAARTH: Gloria Burgundia

Am 22. Juni 1476 haben die Eidgenossen den Burgundern eine herbe Niederlage in der Schlacht von Murten zugefügt. Kommt jetzt die späte Rache in Form von Burgundian Pagan Metal?

In letzter Zeit ist die bloße Nennung eines europäischen Ländernamens zum Reizwort der sogenannten amerikanischen Patrioten geworden. Dies hat mitunter dazu geführt, dass einige besonders radikale Bush-Verfechter die schon fast als Grundnahrungsmittel zu deklarierenden French Fries zu Freedom Fries machen wollten. Doch ein Blick ins Booklet der Burgunder ASTAARTH zeigt, dass man nicht bis in die USA reisen muss, um sich eine Portion French Bashing zu besorgen. So schwadroniert das federführende Duo über die erwünschte Unabhängigkeit der Bourgogne von Frankreich – hat nicht schon mal Québec Kanada verlassen wollen? – und deklariert to be Burgundian. We are proud. (…) We are nor french nor another nationality. We are Burgundians above all. Irgendwie ruft dieser Unabhängigkeitswunsch unweigerlich ein Grinsen hervor – denn warum formulieren diese Burgunder Patrioten ihre Botschaft auf Englisch? Einer Sprache, der sie a) nicht wirklich mächtig sind und die b) die Sprache der Nation ist, mit der Frankreich (ja, inklusive Burgund) mehr als 100 Jahre lang Kriegerlis spielen durfte? Irgendwie merkwürdig, wie die laut ausgerufene Heimatverbundenheit bei manchen Leuten beim Gebrauch der eigenen Sprache plötzlich aufhört – und dieser Umstand auch vor der ehemaligen Diplomatensprache Französisch nicht Halt macht.

Doch spätestens als das Intro mit Schwertergeklirr und Vogelzwitschern beginnt, beschleichen den Hörer Zweifel, ob reizvolle französische – très séxy, mon amour – Lyrics den Ruhm der Bourgogne noch hätten retten können. Weder der pagane Chor, das Arsenal an Folk-Instrumenten und die sich dazu gesellende schwarzmetallische Verzerrfraktion können darüber hinwegtäuschen, dass Gloria Burgundia in Sachen Produktion lediglich die Unabhängigkeit vom Qualitätsbewusstsein erreicht hat. So ist das Soundgewand leise und schwach ausgefallen, der Schlagzeugklang ist dünn wie ein Streichholz und der Mucke ASTAARTHs fehlt jegliche Durchschlagskraft. Im Ernst – es gibt Undergroundbands, die mit selbst gekauftem Equipment in ihrem Proberaum Produktionen fabrizieren, die mehr knallen als es Gloria Burgundia je schaffen wird.

Obschon es schwer fällt, über die produktionstechnische Anorexie hinwegzusehen, kriegt man, sofern man den Volumenregler mehr nach rechts dreht, doch noch Musik zu hören. Diese besteht aus folkig angehauchtem Pagan Metal, dem hier und da einige dünnbrüstige Black Metal-Kreischer wohl etwas Schärfe einhauchen sollen. Dies tun sie aber leider nicht. Da nützt es auch nichts, bei Vae Victis bei den frühen Zeiten FALKENBACHs zu klauen oder hier und dort tanzbare FINNTROLL respektive KORPIKLAANI-Parts einzubauen. Zu einfältig ist das dargebotene Material, seien es die langweilig-voraussehbaren Tonfolgen im Opener oder der pagane Chor, der in Ackknowledge and mysteries eher an die heimkommende lokale Fussballfangruppe erinnert, die sich nur noch La la la-Songzeilen merken kann. Selbst wenn ASTAARTH mittels der Folk-Instrumente mal einige coole Momente verzeichnen können (beispielsweise im mitreissenden The victorious march), ruinieren sie dies spätestens durch die schwarzmetallischen Passagen oder etwa durch manisches Geflöte, das im Titeltrack unerbittlich an den Hörernerven sägt.

Somit hinterlässt der dargebotene Burgundian Pagan / Folk Metal letztendlich keinen überzeugenden Eindruck. Trotz Sammelsurium an Instrumenten schaffen es ASTAARTH nicht wirklich, Authentizität aufkommen zu lassen. Hier hätten französische Lyrics – oder noch cooler: Burgunder Dialekt – sicherlich bessere Dienste geleistet als die Lingua Franca Englisch. Musikalisch müssen sich die Burgunder ebenfalls geschlagen geben, denn Genreverwandte wie ELUVEITIE essen Gloria Burgundia locker zum Frühstück. Ironischerweise wiederholt sich so eine historische Begebenheit auf musikalischer Ebene. Denn auch am 22. Juni 1476 waren es Eidgenossen, die dem burgundischen Heer bei der Schlacht von Murten eine empfindliche Niederlage zufügten und Karl den Kühnen in die Flucht schlugen.

Veröffentlichungstermin: 25.05.2007

Spielzeit: 57:02 Min.

Line-Up:
Lord L Moloch: Vocals
Lord Goudebaud: alle Instrumente

Gastmusiker
Frank (Tonton) Huguenin: Hurdy Gurdy, Löffel
Quentin Gallemard: Akkordeon, Dudelsack
Aline Dumont: Violine
Amélie Lambert: Flöte
Erienne Roy: Mouthharp
Nolene Delalande: Frauenstimme

Paganer Chor: Lord L Moloch, Lord Gondebaud, Lord bif, Nolene Delalande.

Produziert von Lord Gondebaud
Label: Blood Fire Death Productions / Twilight

Homepage: http://www.bloodfiredeath.org

Tracklist:
1. Our Beloved Country
2. Vae Victis
3. Gloria Burgundia
4. The Victorious March
5. Acknowledge and Mysteries
6. When the Golden Fleeze Blazed
7. Call of My Ancestors

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