Ganz großes Kino boten die wieder aktiven Stuttgarter Progressive-Rocker ANYONE´S DAUGHTER 1981 mit ihrem Album Piktors Verwandlungen, mit dem sie das Gedicht von Hermann Hesse vertonten. Mangels Begeisterung des damaligen Labels für diese Pläne hatte man dafür dann eine Show vom 18. Januar ´81 in Heidenheim mitgeschnitten und auf Tonträger verewigt. Soweit ich mich erinnere, wurde die vergriffene Scheibe 2001 nochmals in limitierter Stückzahl veröffentlicht, nun erscheint die lang erwartete remasterte Version, in neuem Outfit schick verpackt.
Mit kurzen, gesprochenen Passagen, die sich meistens dicht am Text Hesses halten, wird dem Zuhörer die Geschichte zugetragen. Hobby-Philosophen können in diesen Worten versinken, die Raum lassen für unendliche Auslegungen und es wert sind, darüber nachzudenken. Den Hintergrund dafür bieten die langen instrumentalen Songs, die einen irgendwo zwischen spätem Krautrock, frühem GENESIS-Prog und YES-Fantasien mit auf die Reise nehmen. Die den eigenen Gedanken entspringenden Bilder tanzen mit den Soundkollagen, die durchaus mal recht jazzig daher kommen. Dankbar nimmt man die nächste Erzählung an, um sich wieder dem Träumen hinzugeben. Passender kann man diese Geschichte kaum vertonen, das Original sorgte dafür, dass auch ein paar Hermann Hesse-Büchlein bei mir Einzug hielten. Aber selbst wenn einem das Werk inhaltlich zu geschwollen erscheint, so bekommt man musikalisch allerfeinsten Psychedelic/Kraut-Rock, in dem man auch ohne Interesse am Thema bei einem Becherchen Tee und duftenden Räucherstäbchen herrlich davon schweben kann. Ein musikalisches Kunstwerk, das man gern und immer wieder intensiv anhört.
Das Remaster, das im Vergleich zum Original feiner ausbalanciert, aber nicht zu steril klingt, kommt mit einer erstaunlich gut klingenden 4-Spur-Demoversion von 1977/78, welche die Frühversion von Piktors Verwandlungen zeigt. Noch etwas hektischer erzählt, wird die Vision ANYONE´S DAUGHTERs vom späteren Werk deutlich. Live war diese Fassung eh immer ein Teil der Shows. Als Goodie gibt es noch das verkleinerte Originalplakat zur Show, nette Idee.
Wer auf Krautrock steht wie GROBSCHNITT, ELOY, NOVALIS, EMBRIO und Co., der hat sicher bereits auch das Original. Trotzdem gehört dieses gelungene Re-Release in die Sammlung. Wer diese Musik gern mal kennen lernen möchte, der findet in Piktors Erzählungen ein fantastisches Werk dafür.
Veröffentlichungstermin: 21.11.2008
Spielzeit: 63:36 Min.
Line-Up:
Harald Bareth: Sprache, Bass, Gesang
Uwe Karpa: Gitarre
Matthias Ulmer: Keyboards, Gesang
Kono Konopik: Schlagzeug
Produziert von Petrus Wippel (Original), Matthias Ulmer (Re-Release)
Label: Tempus Fugit / InsideOut
Homepage: http://www.anyonesdaughter.de
MySpace: http://www.myspace.com/anyonesdaughtermusic
Tracklist:
1. Piktor
2. Erstes Vorspiel
3. Erster Teil der Erzählung
4. Purpur
5. Zweites Vorspiel
6. Zweiter Teil der Erzählung
7. Der Baum
8. Dritter Teil der Erzählung
9. Sehnsucht
10. Vierter Teil der Erzählung
11. Piktoria, Viktoria
12. Fünfter Teil der Erzählung
13. Der Doppelstern
14. Piktors Verwandlungen (Demo-Version)