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NOVALIS: Flossenengel [Re-Release]

Die teils guten Instrumentalpassagen ertrinken im gesanglichen Kitsch.

Für Spartenliebhaber eine feine Sache: Das deutsche Label MIG veröffentlicht eine Reihe von fast vergessenen Krautrock-Werken in überarbeiteter Fassung neu. Das Ganze präsentiert sich nicht nur neu gemastert, sondern im Falle von NOVALIS‘ Flossenengel sogar im beliebten Digipack. Unschön allerdings: Das Booklet enthält keine Texte, sondern lediglich englische Linernotes zum Album und mehrere Seiten Werbung in eigener Sache. Sammlerwert hat das nur bedingt.

Die Platte selbst, erstmals 1979 veröffentlicht, kann als romantischer Krautrock mit ambitioniertem Konzept klassifiziert werden. Anhand der Geschichte eines in Gefangenschaft lebenden Wals wird die fehlende Kommunikation des Menschen mit der Natur aufgezeigt und zu mehr Respekt sowie Einklang angemahnt. So zeitlos die Thematik, so angestaubt dessen Umsetzung. Aus heutiger Perspektive lesen sich Texte wie “Alle wollen leben” oder “Ob Tier, ob Mensch, ob Baum” arg naiv – die Hippie-Philosophie war damals eben doch noch in den Köpfen präsent, wie die fröhlichen Flötenmelodien und der mehrstimmige Gesang in “Im Brunnen der Erde” hervorheben. Auf “Flossenengel” wird daher blumig kommuniziert und dick aufgetragen, kurzum, die zehn Songs triefen nur so vor Kitsch.

Sonderlich gut gealtert ist “Flossenengel” nicht

Die ruhige Rockmusik kehrt mit Piano und Holzblasinstrumenten durchaus progressive Anleihen hervor, die in glorifizierendem Overacting beim Gesang kulminieren. Diesen stringenten Faden behält “Flossenengel” über die komplette Spieldauer bei und besticht unter anderem im einleitenden “Atlanto” und dem Achtminüter “Im Netz” durch toll arrangierte Instrumentalpassagen. Getrübt werden diese nicht unwesentlich durch den übertriebenen Gesang – eine dezentere Herangehensweise wäre diesbezüglich wünschenswert gewesen.

Vor allem deshalb erweckt “Flossenengel” den Eindruck, nicht sonderlich gut gealtert zu sein. Statt Zeitlosigkeit lautet der potenzielle Kaufgrund für diese Wiederveröffentlichung lediglich Nostalgie. Selbstredend ist das nichts Schlimmes, es zeigt nur die Kluft zwischen dreieinhalb Dekaden deutscher Rockmusik auf. Tja, der gute alte Generationenkonflikt, vermute ich mal.

Veröffentlichungstermin: 30.03.2012

Spielzeit: 45:09 Min.

Line-Up:
Fred Mühlbeck – Gesang, Gitarre
Detlev Job – Gesang, Gitarre
Lutz Rahn – Keyboards
Heino Schünzel – Bass, Gesang
Hartwig Biereichel – Drums, Percussion

Produziert von Achim Reichel und Hoppi (Remastering)
Label: MIG Music

NOVALIS “Flossenengel” Tracklist

01. Atlanto
02. Im Brunnen der Erde
03. Brennende Freiheit
04. Im Netz
05. Flossenengel
06. Walzer für einen verlorenen Traum
07. Sklavenzoo
08. Alle wollen leben
09. Rückkehr
10. Ob Tier, ob Mensch, ob Baum

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