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VAN CANTO, TRISTANIA, SERENITY, XANDRIA, AMBERIAN DAWN: Substage, Karlsruhe, 30.09.2011

Eine schöne Stunde Metal mit viel Gesang und davor der übliche Festival-Tour-Vorband-Marathon.

Schon bei ihrer letzten Tour im Winter haben VAN CANTO eindrücklich bewiesen, dass sie sich eine breite Fanbasis erspielt haben und zu einer festen Größe in der heutigen Metal-Szene gewachsen sind. Als die Band gegen 22 Uhr die Bühne des Karlsruher Substage betrat, wurde sie entsprechend mit großem Jubel empfangen. Mit The Seller Of Souls vom aktuellen Album Break The Silence erwischte das Sextett einen guten Einstieg. Es folgte das NIGHTWISH-Cover Wishmaster, das auch diejenigen im Saal aufhorchen ließ, die nicht wegen VAN CANTO gekommen waren. Im weiteren Verlauf lag der Schwerpunkt der Setlist dann erfreulicherweise auf den Eigenkompositionen. Stücke der Marke Lost Forever und The Mission (diesmal ohne METALLICA-Zwischenteil) sind der Band mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. So ließ man sich auch nicht groß aus dem Konzept bringen, als mitten im Lied auf einmal die Batterie des Leadgesang-Mikrofons schlapp machte.

VAN
Stefan Schmidt hatte mit VAN CANTO das mit Abstand eingängigste und schlüssigste Songmaterial am Start.

Nach einem weiteren Cover (Rebellion von GRAVE DIGGER) kam die Live-Premiere von Neuer Wind. Obwohl das neue Album erst eine Woche vorher erschienen war, wurde der Song genauso begeistert vom Publikum aufgenommen wie die restlichen Stücke. VAN CANTO brauchen sich somit keine Sorgen um ihre musikalische Zukunft machen. Mit One To Ten und Water Fire Heaven Earth vom Tribe Of Force-Album lotete die Band dann die härteren bzw. melodischeren Grenzen ihres Stils aus, wobei letzteres Stück einmal mehr von einer Tourstartpanne begleitet wurde, die diesmal Bastian Emig traf. So erklang der Anfang des Stücks ohne Schlagzeug, was letztlich gar nicht mal so schlimm war, da man so einige ansonsten versteckte harmonische Facetten im Klangbild entdecken konnte.

Danach war Schluss mit den technischen Problemen und auch mit den sanfteren Songs. Das SABATON-Cover Primo Victoria leitete stampfend das letzte Konzertdrittel ein. Bei Black Wings Of Hate trat noch einmal Inga Scharf ins Rampenlicht und ergänzte den eher sperrigen Metal-Song um die nötigen Melodien. Das gerade einmal anderthalb Jahre alte To Sing A Metal Song scheint inzwischen ein fester Bestandteil des Programms zu sein, was angesichts des lautstarken Gesangs von Seiten des Publikums nicht verwunderlich ist. Danach wurde auf die üblichen Zugabe-Spielchen verzichtet und nahtlos If I Die In Battle angestimmt. Die Live-Umsetzung gerade des mächtigen Refrains funktionierte tadellos, so dass der Auftritt mit einem Höhepunkt und dem mit Abstand lautesten Applaus des Abends endete.

Die ein oder andere Ballade (Last Night Of The Kings erwähnten mehrere Konzertbesucher) hätte die Sache sicher aufgelockert, doch offenbar verlangte der Festivalzeitplan eine strenge Lärmsperrstunde, so dass VAN CANTO letztlich eine starke Stunde lang mit Volldampf überwiegend neueres Material überzeugend präsentierten.

Eigentlich wollte ich nur ein VAN CANTO-Konzert besuchen. Die Tournee war allerdings als OUT OF THE DARK FESTIVAL mit vier weiteren Bands angekündigt worden. Entsprechend lag der Abendkassenpreis mit 30 Euro auch etwa beim Anderthalbfachen von dem, was man vor zehn Monaten für VAN CANTO mit zwei Vorgruppen zahlen musste. Ein Blick ins Karlsruher Publikum zeigte deutlich, dass die meisten Leute wegen dem Headliner gekommen waren. Wieviele potenzielle Besucher sich vom überlangen Vorprogramm abschrecken ließen, lässt sich schwer einschätzen. Selbiges gilt für die Tatsache, dass VAN CANTO erst wenige Monate zuvor beim Open Air DAS FEST am Start waren. Im Substage tummelten sich jedenfalls knapp 400 Leute, so dass der hintere Teil der Halle dezent abgehängt und fürs Merchandise reserviert wurde.

AMBERIAN

AMBERIAN DAWN konnten bereits als erste Band wohlwollenden Applaus ernten.

Dass jedem Touranfang ein Zauber innewohnt, bekamen AMBERIAN DAWN als erste Band zu spüren. Obwohl der Einlass bereits nach hinten verschoben worden war, stand die Band noch auf der Bühne und war bis zum Beginn ihres Sets mit Soundchecken beschäftigt. Pünktlich um 18.30 Uhr ging das Festival schließlich los, wobei der Sound anfangs erwartungsgemäß durchwachsen war. Glücklicherweise verbesserte sich die Aussteuerung im Laufe des Abends, so dass man zumindest einen groben Eindruck von der jeweiligen Musik bekommen konnte. AMBERIAN DAWN lieferten eine motivierte Show ab, wobei besonders die beiden Gitarristen sichtlich Spaß hatten. Die stilistische Kreuzung aus NIGHTWISH und DRAGONFORCE kam beim Publikum gut an, auch wenn von den einzelnen Stücken (zumindest bei mir) wenig hängen blieb. Natürlich war der zuckersüße Uptempo-Refrain von Shallow Waters reizvoll und auch die wieselflinken Gitarrensoli boten einen gewissen Unterhaltungswert. Dass die Band zusätzlich zu zwei Gitarren, Bass, Keyboard, Schlagzeug und Gesang auch noch Klangteppiche aus dem Computer sowie Harmoniegesang vom Band auffuhr, wirkte im Endeffekt überambitioniert und war dem Klangbild eher abträglich.

XANDRIA

XANDRIA suchten sich ihren eigenen Weg vom Rock über modernen Metal hin zu sinfonisch angehauchter Dramatik.

Nach etwas mehr als 30 Minuten war der Spuk dann bereits vorbei, und hektisch wurde die Bühne für XANDRIA hergerichtet. Diese agierte souveräner und bodenständiger, ließ dafür aber über weite Strecken die melodische Opulenz vermissen. Der Festival-Name versprach aus dem Dunkel heraus, wobei ich den Eindruck hatte, dass XANDRIA mit ihren schweren Gitarrenriffs noch mit mindestens einem Bein mitten im Dunkel standen. Der klare Gesang bildete den üblichen Kontrast zu den Instrumenten und durch einen Hauch Dramatik in der Darbietung kam die Atmosphäre der Musik gut zur Geltung, so dass auch hier sehr wohlwollende Publikumsreaktionen zu beobachten waren. Mir blieb die neue, flotte Nummer Euphoria positiv in Erinnerung, während die Keyboards aus der Konserve mich wieder einmal dezent störten.

SERENITY

SERENITY hielten über weite Strecken die Fahne des traditionellen Metal hoch, wobei reichlich Raum für Melodie, Heaviness und eine Gewisse Verspieltheit blieb.

SERENITY ließen die Dunkelheit hinter sich und konzentrierten sich auf konventionellen Heavy Metal, der stilistisch unverbindlich zwischen Melodic, Power und Symphonic hin und her schwankte. Mit etwas Klaus-Meine-Färbung in der Leadstimme lockerten die Österreicher das Billing auf und boten eine profesionelle Show, der man den Tourstart nicht anmerkte. Der Ausflug in kitschigere Gefilde (Fairytales) inklusive Gastsängerin kam zwischendurch gut an. Aber auch hier fehlte dem Songmaterial der letzte Funke Genialität, der die Band von der Konkurrenz abheben würde.

TRISTANIA
TRISTANIA durchstreiften allerlei Gesangsgefilde – von glockenklarem Frauengesang über Wikingerstimmen bis hin zu Death Metal-Growls.

Nachdem das Equipment der vorherigen Bands weggeräumt war, betraten dann TRISTANIA die Bühne, die ihrem Namen alle Ehre machten und sehr trist waren. Die Band agierte zwar motiviert und tight, doch die Musik blieb gesichtslos. Ich würde gerne schreiben, dass die Klänge aus den Boxen eine fade Mischung aus Aggressivität, Melodie, Bedrohlichkeit und Atmosphäre waren, bei der die einzelnen Zutaten mit jeder Menge songwriterischer Unentschlossenheit gestreckt worden waren. Aber ich kann mich einfach nicht mehr daran erinnern, da den Liedern jegliche Wiedererkennungsmerkmale fehlten. Ja, diesen Absatz habe ich so aus einem alten Live-Bericht rauskopiert, da die Musik auch jetzt sechs Jahre später wieder völlig an mir vorbeiging. Höhepunkt war für mich der Crêpes mit Kinderschokolade, den ich mir während des Auftritts gönnte, während TRISTANIA wie schon die anderen Bands zuvor durchaus auf eine positive Publikumsresonanz stießen. Alles in allem wären mir drei Vorbands weniger (egal welche) und dafür drei (oder 13?) Lieder mehr von VAN CANTO lieber gewesen. Bei der nächsten Festival-Tour werde ich mir auf alle Fälle den Besuch zweimal überlegen, gerade wenn die Vorbands allesamt eher durchschnittliche Qualitäten haben.

Live-Fotos (c) Jutze(at)vampster.com

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