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DRIVING MRS. SATAN: Live 1. April im Kukuun/Hamburg

Wer die Möglichkeit hat, sollte noch eine der Shows mitnehmen. "Metal made easier" kann so schön sein, was DRIVING MRS. SATAN hier machen, das ist beeindruckend und macht schlichtweg Spaß.

Endlich sind sie wieder bei uns unterwegs, und ich kann gleich den Tourauftakt und später die letzte Show mitnehmen, la dolce vita! Keine Frage, wer DRIVING MRS. SATAN einmal live gesehen hat, der ist der Band aus Napoli verfallen. Wie es die ItalienerInnen schaffen, aus Metal-Klassikern Musik für Feingeister zu schaffen, das ist nicht nur auf Popscotch und dem neuen Album Did You Mrs. Me? fantastisch, live sind sie schlichtweg die sympathischste Metal-Band ever und begeistern mit grenzenlosem Charme und beeindruckender Musikalität. Die aber wird nicht mit Überheblichkeit präsentiert, sondern mit unfassbarer Leichtigkeit und spürbarer Spielfreude, Claudia und ihre Jungs lieben eindeutig das, was sie da machen. Hach, sparen wir uns weitere Begeisterungsausbrüche, dass wir hier von einer besonderen Band reden, das dürfte dezent durchschimmern.

So hat man zu Beginn der Tour gleich mal den passenden Rahmen, das Kukuun ist ein sehr schöner Club mitten auf der Reeperbahn, den Raucherbalkon besucht man gern auch als Nichtraucher, bietet er doch einen tollen Blick auf das lebhafte Treiben rund um den Spielbudenplatz. Das entschädigt gleich mal für die Zockelei, wegen dem Dom (riesiges Volksfest/Jahrmarkt) und aus allen Ecken ströhmenden Polizeiautos, berittenen Sheriffs und mit Kampfausrüstung ausgestatteten Hundertschaften (Fußballspiel?) gibt es nahezu kein Durchkommen, die befürchtete Parkplatzsuche hingegen wird zum entspannten Glücksgriff. Unfassbar wieder, wie wenig Zuschauer sich eingefunden haben, die durch die Metalpresse/Webzines ziehende Begeisterung für das neue Album macht sich kaum bemerkbar. Wie schon bei den Shows der letzten Touren sind hier eher wenig junge Metalheads zu finden, einem Großteil der Gäste sieht man an, dass sie sicher zur Blütezeit der vorgetragenen Songs ganz wild waren, aber das ist halt schon ein paar Tage her. So liegt es an DRIVING MRS. SATAN, jene zu einer besonderen Zeitreise einzuladen, und das gelingt ihnen vom ersten Takt an.

Erst kurz eine stimmungsvolle Einleitung mit It´s A Long Way To The Top, ihre fröhlich-entspannte Version von MAIDEN´s Caught Somewhere In Time und DIO´s Hungry For Heaven lassen die Gäste sofort mitswingen, vielen Gesichtern sieht man an, dass sie irgendwie gar nicht wussten, was da auf sie zukommt. Hatte sie doch eher der Bericht im Spätprogramm des NDR-Fernsehen hergelockt? Egal, so manchen merkt man den Spaß an, die Songs zu erraten, was bei Iron Man noch leicht fällt. Mit I Want Out gibt es quasi ein Heimspiel für den Song, den dann auch der ein oder andere erkennt. Nee, raus will jetzt keiner mehr, wenig überraschend macht es absolut Spaß, der Band zuzuschauen und zuzuhören. Unfassbar Sängerin Claudia, die bisher immer eher Richtung ach ist die süß entzückte und heute zeigt, dass sie sich ihrer Wirkung bewusst ist. Soviel Frau, im schicken kleinen Roten, das degradiert all die ach so heißen Metal-Frontfrauen in ihren Lady in Black-Outfits mal schnell zu Barbiepüppchen. Aber heiß ist nicht nur Claudia, auch bei Hells Bells knistert ordentlich das Höllenfeuer. Allgemein lassen es die Italiener, die ja als Musiker auch leidenschaftlich im Jazz unterwegs sind, im Vergleich zu früheren Shows deutlich lauter krachen. Aber nicht bei Killers vom ersten Album, das kommt so zurückgezogen und nachdenklich, überall glasige Augen, herrlich. Wer jetzt immer noch nicht die Größe der Band erkannt hat, der hätte sich besser auf dem Dom ins Riesenrad setzen sollen. Aber ein Blick in die Gesichter der Menschen zeigt, dass DRIVING MRS. SATAN schon längst gewonnen haben. Beim fröhlichen Battery mit dem spaßigen Video swingen und klatschen alle mit, auch wer das Original nicht kennt kann sich hier nur wohlfühlen. Bei One Minute To Midnight gibt es nur zu zarter Gitarre und der intensiven Stimme von Claudia besinnliche Atmosphäre, beim beflügelten Never Say Die klatscht und swingt wieder jeder ausgelassen mit, obwohl sichtlich kaum wer weiß, um welchen Song es überhaupt geht. Überhaupt macht es dank perfektem Platz Spaß, dem Publikum zuzuschauen, wie es auf die Songs reagiert, wer sie erkennt und wer gar nicht weiß, wie sehr die Band die Songs verändert. Dass das zerbrechliche Lied gerade von METALLICA stammt, For Whom The Bell Tolls würden viele der Anwesenden sicher nicht freiwillig hören.

Beim feurigen Caught In A Mosh kramt Claudia leicht bekleidete Barbie-Puppen aus ihrer Schatzkiste und lässt sie als Schauspieler den Song zu Latinoklängen begleiten. Bleiben wir im Süden, Claudia malt Bilder vor dem geistigen Auge der Zuschauer, Veranda, kühler Drink, Sonnenuntergang, ab geht´s mit Southern-Auftakt. Das Original South Of Heaven kennen sichtbar wieder nur die wenigsten, fett drückt einer meiner SLAYER-Faves von der hübschen Bühne. Schluss mit lustig, Running Free kommt so sentimental, Melancholie durchflutet den so positiv aufgemachten Club, ein persönliches Highlight von Did You Mrs. Me?, das live genauso fesselt. Die Italiener spielen aber nicht nur bequem ihr neues Album runter, mischen halbe/halbe beide Scheiben und packen auch noch mal was Neues aus. Claudia bearbeitet bedrohlich die Trommel, Ace Of Spades kommt unterhaltsam, von der Umsetzung eher unscheinbar rockend, aber aufgepeppt von einfallsreichen Gesangsspielchen von Signora Sorvillo. Kennt heute Abend wer die Franzosen TRUST? Eher nicht, wohl auch nicht ANTHRAX, aber die neue Single Antisocial packt jeden. Natürlich gibt es die Einladung, sich das schicke Video dazu online anzuschauen. Die meisten Zuschauer scheitern auch am letzten Song Peace Sells … But Who´s Buying, die aufwändige Umsetzung erkennt aber jeder, sodass die Band mit reichlich Applaus die Bühne verlässt.

Wenig überraschen wird man nochmal herausgelockt, abermals neue Töne, Rock You Like A Hurrican kommt noch fröhlicher als das Original, dass Lied erkennen sogar sichtbar viele Zuschauer. Weniger Eyes Of A Stranger, so zerbrechlich, so ruhig und intensiv, geradezu magisch! Aus die Maus? Nein, einmal betreten sie noch die Bühne, Schmunzelalarm, zwei Töne auf die fette Standtom reichen: Raining Blood! Dass hier vielleicht eine Handvoll Leute sind, die SLAYER hören, und nun entzückt mitswingen, klasse! Klasse auch die Dame am Tisch nebenan: Ich glaube das war Lady In Black! Damit endet ein Abend, der nicht nur durch großartige Musik begeistert, sondern auch durch das Quartett auf der Bühne. Claudia´s Stimme ist fantastisch und bietet live all die Variationen, die auf den Alben so faszinieren. Gitarrist Valetio wirkt als ruhiger Pol, macht konzentriert sein Ding und steuert immer wieder stimmige Backing Vocals bei. Kann man doch mal die Augen von der Sängerin abwenden, dann entlocken einem Giacomo am Bass und Antonio an den Drums ein Schmunzeln, echte, liebenswerte Freaks! Und nimmt man sich die Zeit, genauer hinzuhören, dann ist es keine Frage, dass man hier großartigen Musikern bei der Arbeit zugeschaut hat.

Schwer übersehbar macht sich hier grenzenlose persönliche Begeisterung breit. Wer die Möglichkeit hat, sollte noch eine der Shows mitnehmen. Metal made easier kann so schön sein, was DRIVING MRS. SATAN hier machen, das ist beeindruckend und macht schlichtweg Spaß. Ok, keinen Spaß hatte man mit der Smartie-Kamera, die war am zicken. Also am besten einfach selber hingehen und anschauen. Ich freu mich schon auf die Abschluss-Show in Minden! La vita è bella!

Tourdaten bei vampster: DRIVING MRS. SATAN

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