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DIE APOKALYPTISCHEN REITER, TURISAS: Frankfurt, Batschkapp – 06.03.2005

Wohl kaum ein Album stand im vergangenen Jahr derartig in der öffentlichen Kritik wie "Samurai", das jüngste Werk der APOKALYPTISCHEN REITER. Trotzdem lässt es sich einfach nicht ignorieren, dass "Samurai" das bisher wohl erfolgreichste Reiter-Album darstellt, weshalb es auch keine großartige Überraschung war, dass die Tour mit den finnischen "Battle"-Metallern TURISAS zu einem wahren Kassenschlager mutierte. Auch die Frankfurter Batschkapp war ziemlich prall gefüllt, als am 06. März der Startschuss für ein Konzert fiel, bei dem man sichtlich gespannt war, ob die Reiter tatsächlich alle Beteiligten zufrieden stellen können…

Wohl kaum ein Album stand im vergangenen Jahr derartig in der öffentlichen Kritik wie Samurai, das jüngste Werk der APOKALYPTISCHEN REITER. Fast schon ohrenbetäubend waren die Rufe nach Kommerzialisierung, Einfallslosigkeit oder eine mehr oder weniger offensichtliche Anbiederung an erfolgreiche deutschsprachige Acts und schnell war das Fanlager gespalten. Trotzdem lässt es sich einfach nicht ignorieren, dass Samurai das bisher wohl erfolgreichste Reiter-Album darstellt, weshalb es auch keine großartige Überraschung war, dass die Tour mit den finnischen Battle-Metallern TURISAS zu einem wahren Kassenschlager mutierte. Auch die Frankfurter Batschkapp war ziemlich prall gefüllt, als am 06. März der Startschuss für ein Konzert fiel, bei dem man sichtlich gespannt war, ob die Reiter sowohl die Neulinge in knallroten Samurai-Shirts als auch die Veteranen, die sich mit völlig ausgewaschenen All You Need Is Love-Fetzen kenntlich machten, tatsächlich zufrieden stellen können…

TURISAS:

TURISAS:
Sorgten für eine grandiose Überraschung: TURISAS und Geiger Olli Vänskä

Doch bevor eine Antwort auf diese Frage gefunden werden konnte, erlebten die Besucher der Batschkapp erst einmal eine faustdicke Überraschung: TURISAS – eine Band, die vielen Reiter-Fans gänzlich unbekannt war und von vermeintlichen Experten als bloßer FINNTROLL– oder ENSIFERUM-Klon abgetan wurde. Als das Licht langsam herunter gedimmt wurde und man seinen unmotivierten Blick in Richtung Bühne gewendet hatte, betraten insgesamt sieben aufwendig maskierte Wikinger die Bühne und schon die ersten Akkorde machten der tobenden Menge klar, dass sie etwas ganz Besonderes erwartete. Was auf dem letzten Studioalbum der Finnen, Battle Metal, zwar solide und überdurchschnittlich, trotzdem aber irgendwie noch zu steril und daher zu unspektakulär scheint, enwickelt live eine stimmungsvolle und bewegende Itensität, die zu keiner Sekunde der fast eine dreiviertelstunde währenden Performance abbrechen wollte. Was den Auftritt ganz besonders auszeichnete, ist vor allem auf die beiden Gastmusiker Riku Ylitalo und Olli Vänskä zurückzuführen, denn die für Viking Metal essenziellen Fanfaren und folkloristische Elemente wurden nicht – wie ich eingangs befürchtet hatte – einfach als plumpe Keyboardeffekte eingebaut, es waren tatsächlich Geige und Akkordeon auf der Bühne vertreten. Besonders der Violinist Vänskä, der mit seinen 24 Jahren im Übrigen nicht ganz so jung ist, wie es zunächst erscheint, hatte die Fans schnell auf seiner Seite, als er mit einem verblüffenden Solo auf authentische Weise eine E-Gitarre mimte und mit technischen Finessen die Stimmung fast zum vorzeitigen Überkochen brachte. Mit schierer Mühelosigkeit gelang es der durchweg sympathischen Band, an diesem Abend unzähige neue Anhänger zu sammeln und als Sänger Warlord Nydgård schießlich die obligatorische Frage Are you familiar with Humppa? in den Raum warf und die wirklich sehr guten Instrumentalisten kurz darauf zum Tanz luden, wollten die Fans gar nicht mehr mit dem Springen aufhören – das anschließende One More (genial!) setzte dem Treiben dann endgültig den eisernen Wikingerhelm auf!

Weil sich die Leute lautstark dagegen wehrten, die Band bereits gehen lassen zu müssen, ließen sich die sieben breit grinsenden Musiker noch einmal kurz auf der Bühne blicken, um mit dem witzigen Trinklied In My Homeland einen Auftritt zu beenden, der definitiv nicht nur für mich eine Riesenüberraschung darstellte und den Status dieser großartigen Band im Quadrat aufwerten konnte! Schade nur, dass die meisten der Besucher Montags arbeiten müssen und daher ein erhöhter Alkoholkonsum an diesem Abend nicht möglich war. Hymnen wie One More und The Messenger sind auf jeden Fall der ideale Vollrausch-Soundtrack – freut euch schon auf das diesjährige WACKEN OPEN AIR!

Setlist: TURISAS

Victoriae & Triumphi Dominus

As Torches Rise

The Messenger

One More

Violinen-Solo

Rex Regi Rebellis

Säkkijärven Polkka

Sahti-Waari

Battle Metal

Zugabe: In My Homeland

DIE APOKALYPTISCHEN REITER:

DIE
Energiegeladen, sympathisch, ehrlich: Die Reiter haben auch anno 2005 nichts von ihrer Klasse verloren.

Bereits wesentlich besser angeheizt als im Vorfeld angenommen, erwarteten die Zuschauer nun den Auftritt des Headliners, doch hierzu sollte gesagt sein, dass man vor Beginn eines Reiter-Konzerts nicht einfach mit verschränkten Armen und ungedulgem Fußtippeln vor der Bühne steht: Wer schon einmal auf einem Konzert der APOKALYPTISCHEN REITER war, der weiß, dass eine Umbaupause unter gewissen Umständen ein wahres Freudenfest werden kann! Es ist schon irgendwie eine Augenweide, einen ganzen Haufen erwachsener Menschen zu Evergreens, wie Heidi oder Biene Maja, mit erstaunlicher Textkenntnis herumgrölen und umherspringen zu sehen – die Stimmung war wirklich so gut, dass eigentlich überhaupt nichts mehr falsch laufen konnte!

Deshalb störte sich auch niemand daran, dass der etablierte Eröffnungssong Vier Reiter stehen bereit an diesem Abend vom Samurai-Opener Wahnsinn abgelöst wurde, zumal dieser Titel seit dem Zugang des fünften Bandmitglieds Pitrone an der Gitarre ohnehin nicht mehr ganz zeitgemäß ist. Nachdem Keyboarder Dr. Pest (im gewohnten SM-Outfit) aus einer schwarzen Box geklettert war und an der Leine eines dickbäuchigen Gesellen zu seinem Posten geführt wurde, zeigten sich auch die übrigen Mitglieder auf der Bühne und trafen gemeinsam mit dem erwähnten Opener wirklich den Nagel auf dem Kopf – der Name Wahnsinn war jedenfalls Programm: Sänger Fuchs hampelte auf der Bühne herum, als wäre er die fette Beute desselbigen, im Publikum tat sich schnell ein riesiger Moshpit auf, in welchem sowohl ältere als auch neuere Reitermaniacs in fast schon manischen Pogo-Orgien aufeinander trafen und die übrigen Besucher intonierten begeistert Textzeilen wie Lasst uns unseren Wahnsinn leben, der Phantasie ein Stelldichein geben!. Als wäre es selbstverständlich, dass man diese Stimmung noch toppen könnte, stieg sie beim folgenden Gone noch weiter an und wer die Überhymne We Will Never Die kennt, kann sich beim Lesen dieser Zeilen annähernd vorstellen, was diese in einem motivierten Publikum auslöst! Auffällig am Set der Reiter war an diesem Abend jedoch, dass man entgegen diverser Gerüchte überwiegend neues Material präsentierte, was bedeutet, dass man sich vordergründig auf Songs der letzten drei Alben beschränkte. Aber ist das wirklich ein Kritikpunkt? Mit Iron Fist vom ersten Album und den obligatorischen Klassikern Metal Will Never Die und Dschingis Khan gab es auf jeden Fall das erwartete Pflichtprogramm und keines der 14 neueren Stücke erschien auch nur ansatzweise überflüssig, auch wenn man sich schon ein wenig wunderte, wieso man ausgerechnet auf einen Knaller wie Komm verzichten musste. Zwischendurch gab es immer wieder ein paar eingebaute Facetten, so wurde ein weiblicher Fan auf die Bühne geholt, Dr. Pest und Drummer Sir G. demonstrierten ihre technischen Fähigkeiten und auch Fuchs und Volk-Man trommelten zwischenzeitlich wild drauf los – selbst der größte Infanterist konnte den Reitern einen immensen Unterhaltungswert an diesem Abend nicht absprechen.

Doch das absolute Highlight erreichte die Fans kurz vor Schluss, als man sich nach Erhelle meine Seele kurzzeitig schon bei dem Verdacht erwischt hatte, dass die Band das kreative Pulver schon verschossen haben könnte: Beim folgenden Sehnsucht assistierte mit TURISAS-Geiger Olli Vänskä nämlich ein Musiker das Geschehen, der den Leuten noch bestens in Erinnerung geblieben war und als beim vorzeitigen Schlusslicht Dschingis Khan dann noch Hannes Horma, seines Zeichens das Bass-Monster der Finnen, die Matte schwenkte, war der Sonntagabend am Höhepunkt angelangt – es ist einfach klasse, wenn Headliner und Supporter, obwohl international und stilfremd, auf solch einzigartige Weise miteinander kooperieren! Nach drei fetten Zugaben war der Freudentaumel dann leider vorbei und ich frage mich heute noch, ob die durchnässten Reitershirts der meisten Besucher tatsächlich dem Kampfschweiß oder doch eher den Freudentränen zum Opfer gefallen sind!

Setlist: DIE APOKALYPTISCHEN REITER

Wahnsinn

Gone

We Will Never Die

Du kleiner Wicht

Rock´n´Roll

Reitermania

Die Sonne scheint

Drums

Terra Nola

Iron Fist

Warum?

Unter der Asche

Erhelle meine Seele

Sehnsucht (Gastauftritt Olli Vänskä)

Dschingis Khan (Gastauftritt Hannes Horma)

Zugabe: Vier Reiter stehen bereit

Zugabe: Metal Will Never Die

Zugabe: Reitermaniacs

Rückblickend sei also gesagt, dass sich nicht nur der tolle Auftritt der APOKALYPTISCHEN REITER, sondern im Prinzip der gesamte Abend als ein Heidenspaß herausstellte und den im Vergleich zum Gebotenen fast schon lächerlichen Eintrittspreis von 14 Euro doppelt und dreifach rechtfertigte. Wer Samurai nicht mag, fällt auf völlig legitime Weise seinem subjektiven Musikgeschmack zum Opfer, doch Vorwürfe über angeblichen Opportunismus oder gar Verrat der Reiter wurden an diesem Abend ganz deutlich dementiert: Wer mit einer solch ehrlichen Art und Weise mit seinen Fans umgeht, mit seiner Kreativität eine derartig positive Energie versprüht und sich auf eine so sympathische Kooperation mit einer leider noch viel zu unbekannten Supportband einlässt, der braucht nicht einen Gedanken daran zu verschwenden, alten Fans in den Rücken gefallen zu sein. Punkt. Solche Konzerte braucht das Land – mehr davon!

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