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DARK FORTRESS, THE SPIRIT, ASPHAGOR: Konzertbericht – Backstage Halle, München – 14.05.2023

Das Ende einer Ära: Nach 29 Jahren betreten DARK FORTRESS in der bayerischen Heimat ein letztes Mal die Bühne, um gemeinsam mit langjährigen Fans, Freunden sowie Wegbegleiter:innen Abschied zu nehmen. Unterstützung erhalten die Black-Metal-Vorreiter von THE SPIRIT sowie ASPHAGOR, die trotz widriger Umstände ihren Beitrag leisten, so dass wir uns noch lange an den Abend im Münchner Backstage erinnern werden.

Die grauen Wolken über der bayerischen Landeshauptstadt passen zum Anlass: Nach 29 ereignisreichen Jahren betreten DARK FORTRESS heute zum allerletzten Mal die Bühne. Dabei hat sich die Black-Metal-Band mit Wurzeln im niederbayerischen Landshut für ihren Abgesang sicherlich bessere Voraussetzungen gewünscht. Wir meinen dabei nicht einmal das triste Regenwetter, sondern die Hiobsbotschaft am Sonntagmorgen: Nach der Show am Vorabend strandete man mit defektem Bus zunächst in Wien, bis ein kurzfristig organisierter Ersatz das Tourpaket mit rund vier Stunden Verspätung doch noch sicher vor die Tore des Münchner Backstage brachte. Dass die Umstände zu alledem THE SPIRIT den Soundcheck kosten, ist natürlich bitter, doch wenigstens kann auf diese Weise das Programm mit lediglich geringer Verzögerung starten.


ASPHAGOR

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Die Halle ist bereits zur frühen Uhrzeit gut gefüllt, als ASPHAGOR den Startschuss setzen: Eingerahmt durch das stimmige Bühnendesign aus schmucken Bannern und einem dämonischen Skelett am zentralen Mikroständer sorgt das instrumentale „Ex Cathedra“ für die richtige Atmosphäre, bevor Sänger Morgoth zum furiosen „Nine Moons“ die Bretter stürmt.

Mit der Ankunft des motivierten Frontmanns ändert sich der Ton schlagartig, denn umgehend wird klar, wie viel heute von der Bühnenperformance des Quintetts abhängt: Soundtechnisch verschluckt der dominante Bass nämlich jegliche Feinheiten, die Leadgitarre dringt nur selten durch den undifferenzierten Mix. Der Vorteil: Man kann gewisse Rhythmus-Parts in „Nine Moons“ zeitweise sogar bedenkenlos samt Bierflasche am Griffbrett spielen, ohne mit Abstrichen im Endresultat rechnen zu müssen.

ASPHAGOR-Frontmann Morgoth beeindruckt mit beispielloser Präsenz

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Die Münchner:innen nehmen die Sache glücklicherweise sportlich, schließlich ist die Situation auch den bekannten Umständen geschuldet. Folglich werden trotzdem zahlreich die Fäuste gereckt, während Morgoth mit theatralischer Gestik die Backstage Halle in routinierter Weise um sich schart. Das Publikum haben die spielfreudigen ASPHAGOR durch ihre beispiellose Präsenz somit schnell auf ihrer Seite, weshalb das Ende des kurzweiligen Sets in Form des starken „Aurora Nocturna“ letztendlich sogar früher kommt als erwartet.

Fotogalerie: ASPHAGOR


THE SPIRIT

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Für willkommenen Nachschlag sorgen praktischerweise THE SPIRIT, die rund 20 Minuten später ebenfalls mit den Gegebenheiten hadern und doch das Beste daraus machen. Mit besonnener wie bescheidener Art sammelt Sänger und Gitarrist MT dabei umgehend Sympathiepunkte, auch wenn der Musiker seinen Frust über die Soundprobleme nicht ganz verstecken kann. Tatsächlich scheint der Frontmann dabei selbst sein größter Kritiker zu sein, denn zu seinen Füßen wird altes wie neues Material gleichermaßen umjubelt aufgenommen.

Obgleich sich das Münchner Publikum heute nicht unbedingt bewegungsfreudig zeigt, kreisen doch zumindest allerorts die Köpfe im Takt, egal ob nun mit „Repugnant Human Scum“ das vorhergehende oder in Form von „Celestial Fire“ das aktuelle Studioalbum bedient wird. Hier und im späteren „Timbre Of Infinity“ darf zudem Bassist Linus Klausenitzer (OBSIDIOUS) einige prägnante Akzente setzen.

Trotz kleinerer Komplikationen werden THE SPIRIT enthusiastisch aus der bayerischen Landeshauptstadt verabschiedet

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Überhaupt ist der Tour-Gast ein Zugewinn für die Live-Performance THE SPIRITs, indem er nicht nur regelmäßig den Kontakt zur Zuschauerschaft sucht, sondern zugleich auf der Bühne etwas Bewegung ins Gefüge bringt. Musikalisch wiederum bringt das instrumentale „Laniakea“ ein paar Momente der Introspektion mit sich, bevor uns die Band in der zweiten Hälfte des Sets mit dem unnachgiebigen „Serpent As Time Reveals“ nochmals in die Mangel nimmt. Bestens nachvollziehbar also, dass THE SPIRIT nach dem finalen „The Clouds of Damnation“ durchaus enthusiastisch aus der bayerischen Landeshauptstadt verabschiedet werden. Nicht auszudenken, wie die Resonanz ohne die heutigen Komplikationen ausgesehen hätte.

Fotogalerie: THE SPIRIT


DARK FORTRESS

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Immerhin bleiben wenigstens DARK FORTRESS für ihr allerletztes Stelldichein von ähnlichen Begleiterscheinungen verschont. Die zahlreich angereisten Fans hätten sich aber auch sonst kaum die Laune vermiesen lassen: Statt Trauerstimmung herrscht regelrechte Euphorie, als die ersten Töne des Openers „The Silver Gate“ den Raum erfüllen. Dass der Bandkern aus den beiden Gitarristen Asvargr und V. Santura sowie Sänger Morean auf dieser Tour durch ebenso viele Tour-Musiker unterstützt wird, spielt dabei keine Rolle: Schließlich sind neben dem langjährigen Ersatz-Bassist Michael Zech mit Drummer HANNES GROSSMAN sowie Linus Klausenitzer (OBSIDIOUS) an den Keyboards absolute Profis am Werk.

Vor allem Letzterer zeigt nach dem soeben gespielten Set an der Seite THE SPIRITs an den Synthesizern in der zweiten Reihe beachtliche Ausdauer – auch wenn die tiefen Augenringe durch die zwischenzeitlich aufgetragene Corpsepaint-Bemalung anderes vermuten lassen. Dass DARK FORTRESS derweil für ihren allerletzten Auftritt ein Heimspiel gewählt haben, ist so verständlich wie unüberhörbar: Mit energischen „Landshut“-Rufen meldet sich zwischen den Songs die Fanschar aus der ursprünglichen Heimat lautstark zu Wort, während Frontmann Morean für die wenigen Ansagen selbstverständlich auf den ortsüblichen Dialekt zurückgreift.

DARK FORTRESS decken nahezu alle Schaffensperioden ab

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Geradezu familiär fühlt sich die Interaktion zwischen Band und Zuhörerschaft in diesen Momenten an, woran die vielen der Band bekannten Gesichter im Publikum natürlich nicht ganz unbeteiligt sind. Exakt jenen kommen DARK FORTRESS mit ihrem Best-of-Set gerne entgegen, das mit Ausnahme des Zweitwerks „Profane Genocidal Creations“ (2003) alle Schaffensperioden abdeckt. Ob nun „Self Mutilation“ oder gar die Rarität „Crimson Tears“ vom Debüt „Tales From Eternal Dusk“ (2001), begeistert aufgenommen werden die rohen Kompositionen der Anfangsjahre in jedem Fall.

Überhaupt profitiert das Set von seinem Abwechslungsreichtum, da das Sextett gleichermaßen auf Aggressivität, Groove und Atmosphäre setzt. So erzeugt der unterstützende Klargesang V. Santuras in „Pulling At Threads“ eine gespenstische Atmosphäre, nachdem uns das unheilschwangere „Isa“ kurz zuvor bereits einen Schauer über den Rücken gejagt hatte. Einen nicht zu unterschätzenden Anteil daran hat gerade im Live-Kontext Frontmann Morean, dessen gelegentlicher Untertongesang so manchem Stück einen rituellen Anstrich verpasst.

Für ihren letzten Auftritt bitten DARK FORTRESS einige Überraschungsgäste auf die Bühne

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Einfach nur sang- und klanglos dem Ende entgegenschreiten will man heute Abend glücklicherweise nicht. Im Gegenteil, haben DARK FORTRESS zu diesem Anlass sogar ein paar Überraschungen in der Hinterhand, als für „Crimson Tears“ mit Crom (CROM) an der Gitarre und Keyboarder Paymon zwei alte Bekannte auf die Bühne zurückkehren. Schön zu sehen, dass Zweiterer selbst neun Jahre später nichts von seiner vereinnahmenden Bühnenpräsenz eingebüßt hat. Das Gastspiel der Ehemaligen ist nur eines der vielen Highlights einer intensiven Show, die mit dem fantastischen „Ylem“ – ein Stück „über den Anfang und Ende allen Seins“ – ihr passendes, wenngleich nicht endgültiges Ende findet.

„Bis im nächsten Leben“, heißt es zwar schon jetzt zum Abschied, den letzten Atemzug haben DARK FORTRESS aber noch nicht verhaucht. Stattdessen füllt sich die Bühne kurz darauf erneut, als die Kollegen von ASPHAGOR und THE SPIRIT Schulter an Schulter die zweite Reihe füllen. In der Hand jeweils eine entzündete Grabkerze, um der Black-Metal-Institution bei ihrem letzten Gang zur Seite zu stehen. Für das schwermütige „Evenfall“, bei dem Ex-Drummer Seraph nochmals die Stöcke schwingen darf, wünscht sich Sänger Morean nochmals vollen Körpereinsatz, was in der vollgepackten Halle selbstverständlich mit Leidenschaft erwidert wird.

Zum Abschied schenken DARK FORTRESS den angereisten Fans noch einen posthumen Song

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Die Band selbst dankt es mit dem unwiderstehlich groovenden Hit „Baphomet“ und schlussendlich einer dritten Zugabe, nachdem wir DARK FORTRESS eigentlich schon unter der Erde wähnten: Einen „posthumen Song“ möchte man der Heimat zum Ende noch gewähren, bis es ein für allemal Abschied nehmen heißt. „Insomnia“ genießen wir an der Seite vieler langjähriger Anhänger daher mit allen Sinnen, um die Erinnerung an diese letzten Minuten möglichst lange für uns zu bewahren. Denn obschon die Band nach dem gemeinsamen Foto unter Jubel und langanhaltendem Applaus verabschiedet wird, macht sich in uns doch ein wenig Melancholie breit.

Immerhin endet in diesem Moment eine Ära, welche nahezu drei Dekaden andauerte. Die längste Zeit davon begleiteten uns DARK FORTRESS, die uns damals das Tor zum Black Metal aufstießen, mit unvergleichlicher Konstanz. Der Formation am heutigen Abend die letzte Ehre zu erweisen war somit auch für uns eine Art Herzensangelegenheit. Ein Anliegen, das wir mit den hunderten angereisten Fans und Freunden der Formation teilten, die dieses letzte Konzert zu dem gemacht haben, als was wir es in Erinnerung behalten möchten: ein standesgemäßes Begräbnis, wie es würdevoller kaum sein konnte.

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DARK FORTRESS Setlist – ca. 85 Minuten

1. The Silver Gate
2. Catawomb
3. Self-Mutilation
4. Cohorror
5. Isa
6. Pulling At Threads
7. Crimson Tears
8. Chrysalis
9. To Harvest The Artefacts Of Mockery
10. Ylem
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11. Evenfall
12. Baphomet
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13. Insomnia

Fotogalerie: DARK FORTRESS

Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)

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