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TODTGELICHTER: Auf true oder untrue geschissen

Eigentlich ist "Schemen" schon letztes Jahr erschienen. Aber wie das Leben so spielt, hat es den Weg in meinen CD-Schacht erst etwas später gefunden. Dem Charme des Werkes tut dies allerdings keinen Abbruch, zumal die deutschen Black Metaller TODTGELICHTER es schaffen, die üblichen Klippen des Genres elegant zu umschiffen. So werden auch genrefremde Elemente wie Didgeridoo und Saxofon dezent eingebunden und verleihen den groovigen, düsteren Songs eine raffinierte Würze, ohne in billige Effekthascherei zu münden. Höchste Zeit also, beim Schlagzeuger mit einem der wohl seltsamsten Pseudonyme der Szene – Tentakel Parkinson – virtuell anzuklopfen um mehr über das Innenleben von TODTGELICHTER zu erfahren.

Eigentlich ist Schemen schon letztes Jahr erschienen. Aber wie das Leben so spielt, hat es den Weg in meinen CD-Schacht erst etwas später gefunden. Dem Charme des Werkes tut dies allerdings keinen Abbruch, zumal die deutschen Black Metaller TODTGELICHTER es schaffen, die üblichen Klippen des Genres elegant zu umschiffen. So werden auch genrefremde Elemente wie Didgeridoo und Saxofon dezent eingebunden und verleihen den groovigen, düsteren Songs eine raffinierte Würze, ohne in billige Effekthascherei zu münden. Höchste Zeit also, beim Schlagzeuger mit einem der wohl seltsamsten Pseudonyme der Szene – Tentakel Parkinson – virtuell anzuklopfen um mehr über das Innenleben von TODTGELICHTER zu erfahren.

Euer aktuelles Album Schemen hat mir sehr gefallen, unter anderem auch, weil ihr fremde Elemente wie Saxofon oder Didgeridoo dezent einbindet. Wie seid ihr mit den bisherigen Reaktionen auf euren Output zufrieden? Gibt es auch negative Stimmen, da der Einsatz von Elementen wie Didgeridoo und Saxofon als untrve angesehen werden?

Seltsamerweise nicht; wir haben zwar irgendwie damit gerechnet aber bis jetzt fanden es alle gut. Ich habe mich insgeheim allerdings mehr auf die bäh Frauengesang-Rufer gefreut, aber selbst da nichts… Entweder die Trueelitekult-Fraktion ist intelligenter geworden oder haben sich gänzlich von uns abgewandt, haha. Mit den Reaktionen sind wir sehr zufrieden; liegt natürlich daran, dass die bisherigen Reviews und Mails unsere Hörer sehr gut bis überschwänglich waren. Es gab, glaube ich, ein oder zwei dabei, die nicht ganz so begeistert waren, aber die kann man verschmerzen.

In der Tat, schließlich gibt es ja wohl auch keine Band, die absolut allen gefällt – wäre ja auch langweilig. Wenn ich an die Verbindung von Saxofon und Black Metal denke, fällt mir spontan TULUS ein, die das auch schon gemacht haben. Wie kam euch die Idee zu dieser musikalischen Kombination? Und warum gerade ein Saxofon?

Todtgelichter
Die Prämisse war von Anfang an: Wem es etwas bedeutet, der schminkt sich halt. Und so wie es aussieht, bin ich im Moment der einzige, dem das nichts bedeutet… – Tentakel Parkinson sticht nicht nur durch sein Pseudonym hervor.

Das haben CARPATHIAN FOREST ja auch noch gemacht, und SEAR BLISS sind sowieso die ganze Zeit am Blasen (allerdings Posaune). Ist jetzt also nicht unbedingt etwas Neues. Außerdem würde ich das auch nicht überbewerten, schließlich kommt nur in Aschentraum kurz ein Saxofon vor. Ein Freund der Band spielt Saxofon, und da wir daher die Gelegenheit hatten, darauf zuzugreifen, wollten wir für uns einfach mal etwas Neues ausprobieren. Also haben wir bei diesem cleanen Gitarrenpart immer im Hinterkopf behalten, dass wir da mal ein Saxofon haben wollen. Wir haben ihn dann gebeten, sich an dem Part mal zu versuchen, und es hat wunderbar geklappt. Nachher hat dann zwar aus diversen Gründen jemand anderes (Klaus) den Part neu komponiert und eingespielt, aber das Saxofon blieb und wir sind alle mehr als zufrieden damit. Kann sein, dass wir so etwas wieder machen wenn die Stimmung es zulässt.

Ebenfalls ungewöhnlich ist der Gebrauch des Didgeridoos. Wie kam es hierzu (vielleicht durch eine Affinität zu Australien)? Und wollt ihr dieses Element auch in Zukunft einsetzen?

Auch da sind wir beileibe nicht die ersten, siehe HATE ETERNALs To Know Our Enemies. Das Ding macht einfach einen wirklich fiesen Ton, der einem durch und durch geht; und genau das soll unsere Musik auch. Wenn wir wieder einen Part haben, in dem ein Didgeridoo erforderlich ist, werden wir es wieder einsetzen. Wir lassen uns da nicht limitieren. Und wenn wir eine Ukulele einsetzen wollen, weil es gerade passt, werden wir auch das tun. Ich denke mal, dass man auf Schemen hört, dass so etwas nicht unbedingt genrefremd sein muss. Auf die Stimmung kommt es an und darauf, wie man seine Möglichkeiten nutzt und umsetzt.

Das gefällt mir eben an Schemen auch, dass es stets zur Stimmung passt. Für das Spielen dieser beiden Instrumente greift ihr ja auf die Gastmusiker Klaus (Sax) und Martin (Didgeridoo) zurück. Wie ist der Kontakt mit ihnen zustande gekommen? Und sind sie auch bei euren Live-Auftritten in Aktion?

Martin kennen wir schon lange und er ist ein guter Kumpel. Irgendwann kam Frederic an und meinte: Übrigens kann Martin Didgeridoo und spielt das jetzt bei Segen, und so war es dann auch. Klaus ist Lehrer an einer Musikschule; Nils hatte bei ihm Unterricht. Eines seiner Instrumente ist Saxofon, also haben wir ihn gefragt, ob er Lust hätte, sich etwas für diesen Part bei Aschentraum auszudenken (den wir ja quasi für ein Saxofon ausgelegt hatten). Ist zwar sonst nicht so seine Musik, aber er hatte Spaß dabei und würde es auch wieder machen, wenn es sich ergibt. Live ist allerdings keiner von beiden dabei, das lässt sich erstens nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umsetzen und zweitens – keiner von beiden hat einen Part, der länger als zwei Minuten geht, das macht nicht wirklich Sinn. Außerdem denke ich mal, ein Didgeridoo live mit einer Black-Metal-Band soundtechnisch abzustimmen ist der Alptraum jedes Tontechnikers, da kann nur Matsch bei rauskommen…

Ich höre grad die Tontechnikerfraktion aufatmen, haha. Mit Frederic und Claudio habt ihr ja zwei Gitarristen in euren Reihen. Dennoch habt ihr auch noch auf die Dienste von Trolfbert als Lead Gitarristen zurückgegriffen, der ja auch noch bei NEGATOR aktiv ist. Spielt Trolfbert in allen Songs auf Schemen die Leads? Falls nicht, in welchen und warum in jenen?

Trolfbert ist inzwischen nicht mehr bei NEGATOR aktiv; die Besetzung hat bis auf Nachtgarm komplett gewechselt und besteht jetzt aus Mitgliedern von DRAUTRAN, AEONS CONFER und STORM OF SORROWS. Trolfbert betritt jetzt mit Unholz und Tramheim zusammen musikalisch komplett anderes Terrain und ich hoffe, dass man bald wieder von ihnen hören wird. Wie es auch im Booklet steht, das du allerdings wahrscheinlich nicht hast, hat er einzig und allein die Leads in der zweiten Hälfte von Hammer übernommen. Wir hatten von Anfang an guten Kontakt zu NEGATOR und zu den diversen Vorläuferbands (Hamburg ist halt klein…). Also haben wir Trolfbert gefragt, ob er Lust hat, sich für diesen einen Part eine Lead-Melodie auszudenken, was er auch mehr als zufriedenstellend getan hat. Wir fanden dass da noch etwas fehlte und da uns zu dem Zeitpunkt irgendwie nicht das gescheite I-Tüpfelchen einfiel, haben wir gedacht, es wäre eine gute Sache, mal etwas zusammen zu machen. Also einfach eine Sache unter Freunden.

Das Booklet war bei der Promoversion in der Tat nicht dabei, deswegen danke für die Ausführungen. Ebenfalls als Gastmusikerin aktiv bei euch ist Marta, welche, soweit ich weiß, deine Frau ist. Tritt sie ebenfalls live mit euch auf? Und wie steht ihr generell zur Kombination Frauengesang und Black Metal?

Marta ist einmal mit aufgetreten; sie hat ja bis jetzt auf jedem Album einen Klavierpart und zum Was Bleibt…-Release sollte sie ihren Part bei Erinnerungen eines Wolfes mitspielen. Der Soundmensch war dann im entscheidenden Moment auf dem Klo und hatte den Kanal runtergedreht. Das Keyboard war dann halt, sagen wir mal, nicht ganz so laut… Seitdem hat sie keinen Bock mehr, es noch mal zu versuchen, obwohl wir sie jetzt beim Release-Gig in Hamburg gerne dabeigehabt hätten für Beginn Des Endes. Aber na ja, shit happens. Frauengesang im (Black-) Metal? Lass es mich mal so formulieren:

NIGHTWISH, WITHIN TEMPTATION, XANDRIA etc.: Nööö lass ma…..

DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT, SINISTER, BETHLEHEM etc.: Yesss!

Also generell kann ich es nicht ab, wenn ich mit klebrigen Keyboard-Melodien und süßlich-schmachtender Stimme zugedröhnt werde. Mit diesem ganzen Trällerelsenkram kannst du mich jagen. Was anderes ist es allerdings, wenn jemand wirklich etwas kann – man mag von PECCATUM halten was man will, aber dass IHSAHN ein großartiger Komponist ist und seine Frau Ihriel das nötige Quentchen Wahnsinn in der Stimme hat, wird mir, denke ich, mal keiner abstreiten. Und was sich Onielar bei DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT zusammenkrakeelt, lässt sowieso so manchen männlichen Möchtegernpandabären alt aussehen. Wie schon bei Didgeridoo und Sax war es bei Beginn Des Endes einfach so, dass wir dafür etwas Zusätzliches haben wollten. Der Song erforderte einfach anderen Gesang. Erst wollten wir klaren Männergesang; aber dann haben wir uns gedacht, Marta kann doch singen, also versuchen wir es mal; warum denn keine Frau, zum Teufel? Auf true oder untrue geschissen; wenn es passt, passt es. Punkt.

Da kann ich dir nur beipflichten. Auf METALMESSAGE.DE habe ich gelesen, dass Marta maßgeblich an der Kreation eures Bandnamens TODTGELICHTER beteiligt war und der Gelichter-Part auf die Erzählung Auf den Marmorklippen von Ernst Jünger zurückgeht, mit welcher sich Tentakel Parkinson aus beruflichen Gründen beschäftigte. Welchem Beruf gehst du denn nach? Und wie ist der Bandname von der Bedeutung her zu verstehen?

Auf den Beruf möchte ich nicht eingehen, da er mit Musik gar nichts am Hut hat und dementsprechend für TODTGELICHTER irrelevant ist. Nur soviel: ich habe einen Chef, der sehr darauf bedacht ist, dass man sich während des Arbeitens auch weiterbildet und bei der Ernst-Jünger-Geschichte ging es im (halb-)wissenschaftlichen Rahmen um Satzbau, Zeichensetzung und Semantik in einem Absatz einer bestimmten Ausgabe der Marmorklippen, in dem dann eben das Wort Gelichter vorkam. Ein kurzer Blick in das Grimm´sche Deutsche Wörterbuch ergab folgendes: GELICHTER, n. sippe, schlag, art, eigentlich geschwister. Also liest sich TODTGELICHTER in unserem Kontext wie folgt: Sippe des Todes oder von der Art des Todes. Das Hauptthemengebiet unserer Texte betrachtend naheliegend, oder?

Literatur kommt ja auch im letzten Songtext auf Schemen zum Zug, da der Text von Beginn des Endes von Theodor Storm stammt. Warum habt ihr gerade diesen Text von Theodor Storm gewählt?

Todtgelichter
Frederic brachte die Idee zur Vertonung von Theodor Storms Gedicht Beginn des Endes auf den Tisch.

Frederic kam eines Tages mit gerade dem Gedicht an. Er hatte wohl gerade eine Phase, in der er einige Gedichtbände verschiedener Autoren durchlas, unter anderem eben auch Theodor Storm. Nachdem er uns Beginn des Endes zeigte, waren wir alle davon angetan, es einmal mit der Vertonung zu versuchen. Die Idee war nicht neu, wir haben schon einmal geplant, etwas von Herman Hesse musikalisch umzusetzen, aber im Gegensatz zu Beginn des Endes verlief diese Idee irgendwie im Sande.

Beginn des Endes ist eng mit dem Thema Tod verknüpft und endet mit den Worten Bist du es endlich, endlich weißt, / Daß dich des Todes Pfeil getroffen.. Auch in eurem Bandnamen findet der Tod eine Nennung. Wie präsent ist das Thema Tod in eurem Leben? Und woher rührt die Faszination mit dem Tod?

An deine letzte Frage anknüpfend, die du dir hiermit schon beinahe selber beantwortest: Beginn des Endes passt von der Thematik wunderbar zu unseren eigenen lyrischen Sujets. Ich denke, dass der Tod omnipräsent ist und während andere ihre Zeit damit verplempern, sich mit belanglosen, profanen Dingen zu beschäftigen und die unabwendbarste und eventuell einzige aller Wahrheiten in den Hintergrund zu verdrängen, akzeptiere ich diese lieber und lebe stetig in dem Bewusstsein, dass jeder Tag mein letzter sein kann. Was den Geist für ganz andere Dinge schärft. Also kurz gesagt, die Faszination und der Umgang mit dem Tod ist – Bewältigung.

Eine mit dem Black Metal oftmals in Verbindung gebrachte Todesart ist der Suizid, man denke an den momentanen Trend der Suicidal Black Metal-Bands. Was hält ihr von dimeser Unterart des Black Metals? Und was ist eure Einstellung zu Selbstverletzungen, zumal man euren Text von Segen in diese Richtung interpretieren könnte (Denn Qual und Pein lässt mich wissen / Denn Qual und Pein lässt mich fühlen / Fühlen, dass es ihn noch gibt / Der meinen Namen trägt / Mein Leben lebt / So rinnt das Blut, reift die Narbe / Macht mich Blind und lässt mich sehen /Sehen, dass Leben Schein ist)?

Zu diesem Thema möchte ich mich nicht ausufernd auslassen, da die Meinungen darüber innerhalb der Band auseinander gehen. Fest steht nur, dass es falsch wäre, uns als eine sogenannte DSBM-Band zu etikettieren. Depressiv, ja – suizidal, nein. Unsere Texte handeln von menschlichen Abgründen in vielen Varianten und sind meistens sehr metaphorisch; Interpretationsansätze will und kann ich gar nicht geben. Würde ich das tun, würde ich ihnen das wichtigste Element entziehen, das Teil unserer Musik ist; das ist das, was im Kopf des Hörers entsteht und zwar Kraft der eigenen Gedanken.

Wir als Individuen haben alle sehr unterschiedliches Grunddenken, vom Nihilismus über Heidentum und Satanismus bis hin auch zu selbstzerstörerischen Trieben; jedoch finden alle diese Dinge sich nicht, nicht mehr oder nur teilweise in unseren Texten wieder. Denn der gemeinsame Nenner, der uns fünf vereint, nährt sich aus den Ängsten, Zweifeln und Aggressionen einer jeden Psyche, die sich mit der Irrationalität und der Unsicherheit unserer modernen Welt auseinandersetzen muss. Darum ging es von Anfang an.

Nochmals kurz zurück zur Literatur: Welche anderen Texte reizen euch neben Beginn des Endes zu einer Vertonung (ich denke da etwa an Gedichte von Gottfried Benn oder Georg Trakl)? Und welche Autoren bzw. literarische Werke stehen auf eurer persönlichen Favoritenliste?

Mit Trakl bin ich leider immer noch nicht vertraut; mit Benn schon (sicher lohnt sich da einiges aus seinem Gedichtsfundus). Wie gesagt, wir hatten auch schon mal Hesse im Visier und auch Brecht stand oder steht irgendwie noch zur Debatte; doch um die Frage abzukürzen: ich denke ich nicht, dass so ein Experiment in naher Zukunft wieder stattfindet. Das soll nicht nie heißen, aber fürs erste ist das Thema durch. Literarisch festlegen ist auch sehr schwer; da wir quer durch die Weltgeschichte lesen. Von modernen und neuzeitlichen Philosophen über Literatur durch mindestens drei Jahrhunderte bis hin zu Comics ist nichts dabei, was zumindest ich nicht lesen würde und den anderen geht es ähnlich. Hauptsache es bereichert in irgendeiner Weise den Geist. Nichts ist so schlimm wie der Unwille, sich weiter bilden zu wollen; sei es aus Arroganz oder einfach aus Faulheit.

Da hast du Recht. Auffallend bei euren Texten mag sein, dass sie alle auf Deutsch sind und nicht etwa auf Englisch. Warum schreibt ihr deutsche Texte? Und könnt ihr euch Experimente mit anderen Sprachen vorstellen?

Deutsch ist nun mal unsere Muttersprache und die Sprache, die wir alle am besten als Träger für das, was wir ausdrücken wollen, verwenden können. Andere Sprachen eröffnen sicherlich auch andere, nicht uninteressante Möglichkeiten, da man mit anderen Assoziationen, Klängen und Stimmungen arbeiten kann; jedoch hat es sich bis jetzt einfach nicht ergeben, etwas anderes als Deutsch stimmungsvoll umzusetzen. Außerdem muss ich ehrlich sein und zugeben, dass da außer Englisch auch nichts anderes in Frage käme, da keiner von uns eine dritte Sprache derart beherrscht, dass diese unseren Intentionen entsprechend dem Deutschen vorgezogen werden könnte.

Inspirieren euch Werke aus anderen Künsten – also Literatur, Film, Theater – zur Kreation eigener Musik? Oder wo liegt eure primäre Inspirationsquelle?

Todtgelichter
Mort forscht zur Inspiration zu Texten in den eigenen seelischen Abgründen nach. – die Texte von TODTGELICHTER hängen stark vom Autor ab.

Alles oben genannte und mehr. Unsere Texte und Musik sind Endprodukt der Verarbeitung unserer Eindrücke und Erfahrungen; das kann genauso ein beeindruckender Film sein (das Sample aus Segen stammt zum Beispiel aus Oldboy, ein sehr beklemmender und düsterer Film) wie ein gutes Buch. Mort forscht zur Inspiration zu Texten in den eigenen seelischen Abgründen nach. Ich persönlich habe mich dagegen sehr von der deutschen Romantik beeinflussen lassen, während Frederic sich auch von Gedichten späterer Autoren inspirieren lässt, wie eben Theodor Storm. Was die Musik angeht, holen wir uns auch gerne Anregungen außerhalb des Black Metals, um es dann passend in unsere Vorstellungen zu konvertieren. Was das angeht, sind wir relativ offen, wichtig ist halt wie das Endprodukt klingt. Es kommt hauptsächlich darauf an, wie man eine Melodie bzw. ein Riff spielt; als Beispiel nimm BJÖRK: Sie hat einige Sachen, die, würde man sie auf der Gitarre schreddern und einen Blast darüberlegen, gut als Black-Metal-Song durchgehen würden (ein Beispiel wäre Pagan Poetry). Umgekehrt funktioniert das auch, wie gerade G.U.T. (Nebenprojekt von Cornelius von SOLEFALD) mit ihrem Transilvanian Hunger-Cover bewiesen haben. Noch einen kleinen Schritt weiter und du kannst eine super House-Hymne daraus machen, haha.

Argh, House finde ich garstig – dann schon lieber alten Techno, haha. Ihr seid zum Glück keine Band, deren Musik allzu stark von anderen Bands beeinflusst erscheint. Trotzdem die Frage: Gibt es Bands aus dem Metalbereich, die euch beeinflusst haben? Und welche Band(s) hat / haben euch zum Metal und zum Black Metal gebracht?

Das kann ich unmöglich für alle beantworten, da wir alleine durch die Altersspanne alle ganz anders angefangen haben. Mit Frederic zusammen bin ich allerdings wahrscheinlich derjenige, der am längsten Metal bzw. Black Metal hört; bei mir ist das jetzt fast 15 Jahre her. Allerdings wurde schon bei meinen Eltern von 70er Rock und Hard Rock bis ansatzweise Heavy Metal aufgelegt, also um jetzt mal auf die Kacke zu hauen, wurde mir das in die Wiege gelegt, haha. Bewusst eigene Musik habe ich allerdings erst ab 1994 gehört, angefangen hat es mit CLAWFINGERs Debut und ging dann über PANTERA, MACHINE HEAD und VADER zu DIMMU BORGIR, die damals Enthrone Darkness Triumphant rausbrachten. Von DIMMU BORGIR begann ich mich innerhalb des Black Metals zurückzuorientieren; Richtung BURZUM, DARKTHRONE, EMPEROR usw. Während meines Zivildienstes hatte ich dann so viel Geld, dass ich mir wirklich fast alles gekauft habe, was im Black Metal an Referenzen zu bekommen war. Und als dann so um 2000 rum eine neue Generation im Black Metals begann und auf einmal überall Bands, die meistens nur aus einer Person bestanden, aus dem Boden schossen, hat sich das Black Metal-Fieber bei mir ein wenig gelegt. Mittlerweile sehe ich eher zu, dass ich in anderen Metalsparten aufstocke bzw. mich auch außerhalb des Metals umschaue. Das geht Frederic übrigens auch so, deshalb vielleicht auch die fremden Einflüsse. Mort und Nils sind immer noch total im Black Metal verwachsen und deswegen immer etwas schwerer zu überzeugen, wenn es um so was geht, haha.

Zu den Einflüssen: Bands direkt haben uns eigentlich nicht beeinflusst, obwohl wir früher mit unserem alten Gitarristen Felix öfter mal Riffs gekickt haben, weil die original nach NARGAROTH klangen. Wir lassen uns von dem beeinflussen, was wir alle jeweils mögen. Das sieht dann meistens so aus, dass Frederic eher ruhige und melancholische Gitarrenparts machen möchte, ich aber gerade Bock auf Blasten habe; je schneller, desto besser. Mort und Nils wollen dann lieber fiese und rockige Riffs à la CARPATHIAN FOREST, und während wir uns streiten, spielt Claudio nebenbei Thrash-Riffs zum Aufwärmen. Dann bewerfen wir uns gegenseitig mit unseren Instrumenten, vertragen uns kurz darauf wieder, und nach einem Bier machen wir dann genau den Durchschnitt aus allem. Das ist gerade das, was uns ausmacht: Dass wir immer einen Kompromiss aus allen unsren Einflüsse finden können, so verschieden die auch sind.

Für Kreativität braucht es auch ein gewisses Maß an Streit, Chaos und Kompromissen, denke ich. Gerade mit dem Black Metal sind ja auch starke visuelle und thematische Aspekte verknüpft. Ihr verzichtet auf platte Satanismus-Bekundungen, nur zwei der Bandmitglieder haben Pseudonyme, allerdings setzt ihr live – soweit ich weiss – schon gängige Elemente wie Corpsepaint ein. Wie wichtig ist euch selber der visuelle Aspekt im Black Metal, wie wichtig der thematische? Und warum tragen nur Mort und Tentakel Parkinson Pseudonyme?

Was Satanismus (bzw. Nihilismus, Paganismus, oder irgendeinen anderen -ismus) betrifft, haben wir verschiedene Meinungen, und da wir als Band schlicht und einfach nicht geschlossen dahinterstehen, findet er keinen Platz in unserem Auftreten. Corpsepaint – tja, als wir anfingen, waren wir nicht mal sicher, ob wir je welches nutzen würden. Dann kam Mort in die Band, und für ihn gehörte das einfach dazu. Frederic wollte das dann auch probieren, als Nils und Felix dazustießen, haben sie das auch mitgemacht. Genauso wie dann Claudio. Die Prämisse war von Anfang an: Wem es etwas bedeutet, der schminkt sich halt. Und so wie es aussieht, bin ich im Moment der einzige, dem das nichts bedeutet… Genauso war das auch mit Pseudonymen; wer will, der sucht sich eines, und wer nicht will, der lässt es.

Das finde ich sympathisch, dass man bei euch in der Band die eigenen individuellen Vorlieben so wahren kann. Ich muss gestehen, dass ich das Pseudonym Tentakel Parkinson für eines der coolsten halte, das mir seit langer Zeit untergekommen ist. Warum hast du es gewählt und welche Bedeutung kommt dem Pseudonym zu? Und wird das Pseudonym auch privat genutzt durch die anderen Bandmitglieder?

Mit diesem Namen wurde ich, ich glaube in Wacken 2001 im Vollsuff, von einem guten Freund der Band (die damals nur auf dem Papier existierte) geadelt. Und was soll ich noch dazu sagen? So muss ein Black Metal-Drummer heißen, Punkt aus. Wer Schneller leben von den ÄRZTEN kennt, weiß was ich meine.

Um nochmals auf den visuellen Aspekt zurückzukommen. Bei all euren bisherigen Outputs – Fluch / Sog in den Wahnsinn, Was bleibt und auch Schemen – fällt das schlichte Artwork auf. Bei euren beiden letzten Releases auf FOLTER RECORDS hat man jeweils das Gefühl, das Logo an sich sei fast wichtiger als das Bild auf dem Cover. Wie wichtig ist euch das Coverartwork? Worin besteht für euch die Verbindung von Coverartwork und eurer Musik? Und wer zeichnet für die graphische Umsetzung von Schemen verantwortlich?

Du hast recht, das mit dem Logo wird mir jetzt auch gerade klar. Das ist aber auch ein schönes Logo, also macht es nichts, dass es übergroß auf dem Cover zu sehen ist. Klar ist uns das Coverartwork wichtig, aber zumindest für mich nicht ganz so wichtig wie der Gesamteindruck. Das Cover ist für mich ein Teil des Booklets, und das muss selbstverständlich zur Musik passen, wenigstens zur Stimmung. Jetzt bei Schemen ist ja um jede Seite so eine Art dunkler werdender Rahmen, das gibt dem ganzen irgendwie Beklommenheit, die in der Stimmung auch auf dem Album zu finden ist. Umgesetzt hat das ganze Nachtgarm von NEGATOR; er hat aus unserer simplen weiß-schwarz Idee ein super ansprechendes Booklet gezaubert und nebenbei auch noch unsere Homepage und die MySpace-Seite dem Design angepasst.

Nach eurem Demo Fluch / Sog in den Wahnsinn habt ihr ja euer Logo geändert. Wer zeichnete für das neue Design verantwortlich?

Das ist eine gewisse Meli gewesen, die unter dem Namen Herbstleyd Logos entwirft. Felix kannte sie von irgendwo und hat sie gefragt, ob sie das machen möchte. Ganz banal… Ob sie immer noch was in die Richtung macht, weiß ich nicht; stelle gerade fest, dass ihre Homepage Offline ist.

Seit Was bleibt seid ihr ja bei FOLTER RECORDS unter Vertrag. Wie seid ihr bis anhin mit der Labelarbeit zufrieden und werdet ihr auch euer nächstes Album wieder via FOLTER RECORDS rausbringen?

Bis jetzt läuft alles soweit. Werbung könnte wie immer etwas mehr sein, aber besser geht`s immer. Was die Zukunft bringt, werden wir sehen, da verschwenden wir im Moment noch keine Gedanken. Erst mal werden wir bereits bestehendes neues Songmaterial ausarbeiten und noch mehr neue Songs schreiben, und wenn genug für ein neues Album zusammen ist, denken wir darüber nach. Im Moment geht es jedenfalls produktiv in diese Richtung.

Da Schemen noch relativ frisch ist: Ist eine Tour geplant, um das Album zu promoten? Und wie sehen eure Pläne für 2008 aus?

Im Moment haben wir immer noch eine ungute Situation mit Frederic, der am anderen Ende von Deutschland bis August seinen Meister macht und kaum Zeit für die Band hat. Der einzige bestätigte Gig bis dahin wird am 31.05. mit AEBA sein, die ihr neues Album Kodex V rausbringen und die wir bei ihrem Release-Gig in Kiel unterstützen. Ab September sind wieder Sachen in Planung, wenn sich also die vorhin genannte Situation verbessert hat, kann man verstärkt mit uns rechnen. Leider keine gute Voraussetzungen um Schemen ansprechend zu promoten, aber die Lage wird sich bessern wenn wir wieder vereint proben können.

Vielen Dank für das Beantworten meiner Fragen!

Dir vielen Dank für das Interview. Hau rein!

Todtgelichter
Bassist Nils und Gitarrist Claudio

 

 

 

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