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LOCRIAN: Musik als Dungeons-And-Dragons-Quest

Keine zwei Jahre nach „New Catastrophism“ und der angehängten EP „Ghost Frontiers“ lassen LOCRIAN wieder von sich hören: Ihr neues Album „End Terrain“ schlägt den Weg ein, den sie mit „Return To Annihilation“ und „Infinite Dissolution“ betraten: Zwischen Post Metal und Drone, Progressive Rock und Noise erschafft das US-amerikanische Trio weiter dystopische Welten, die sowohl konzeptionell als auch musikalisch unter die Haut gehen. Mit „End Terrain“ erreichen Gitarrist André Foisy, Sänger und Keyboarder Terence Hannum und Drummer Steven Hess ihre bisherige Höchstleistung. Umso erfreulicher, dass sich alle drei Zeit nehmen für eine zweistündige sonntägliche Zoom-Runde Anfang März.

„New Catastrophism“ erschien 2022 nach einer langen Pause. Ihr wart sehr aktiv bis „Infinite Dissolution“, dann herrschte plötzlich Stille. Was war in der Zwischenzeit los?

Steven: Das Leben. (lacht)

Terence: Ja, das Leben und die Pandemie… Aber wir waren immer eine Band, und direkt nach „Infinite Dissolution“ haben wir neue Ideen gesammelt. Einige davon sind auf „End Terrain“ zu hören.

Steven: Wir waren schon vier Jahre vor Covid inaktiv. Es kam viel dazwischen, wie neue Jobs und Umzüge. Aber wir waren in Kontakt, haben viel miteinander gesprochen und uns gegenseitig Ideen zugeschickt. Es gab Pläne 2020 ins Studio zu gehen, aber das hat offensichtlich nicht funktioniert. Aber das sagen hunderte von Bands. (lacht) Wir haben uns dennoch ein paar Mal in Baltimore getroffen und Ideen ausgearbeitet. Als wir dann ins Studio gingen, haben wir uns bewusst dafür entschieden, etwas im Stil der frühen LOCRIAN aufzunehmen („New Catastrophism“ – Anm. d. Verf). Das war unser Soundtrack für das, was während Covid abging, und das war ziemlich finster. Aber es hat zu dem gepasst, was eben los war. Und als die Zeit reif dafür war, nahmen wir „End Terrain“ auf. Wir waren ein paar Mal im Studio und nahmen immer in Stücken auf.

Es verging nicht viel Zeit zwischen „New Catastrophism“ und „End Terrain“. Ich dachte eigentlich, ihr hättet eine große Session gehabt und die Aufnahmen das Material Stück für Stück als zwei verschiedene Alben veröffentlicht.

Terence: „New Catastrophism“ und die „Ghost Frontiers“-EP waren eine Session. Wir haben dafür einen neuen Tontechniker ausprobiert (J. Robbins – Anm. d. Verf). Als wir an dem arbeiteten, das zu „End Terrain“ werden sollte, wurden daraus zwei Sessions mit je vier Tagen, zwischen denen ein paar Monate lagen. Da nahmen wir auch das COIL-Cover „Solar Lodge“ auf. In der ersten Session legten wir den Grundstein und ein paar Monate später finalisierten wir „End Terrain“.

“Um die äußere Welt wegzuwerfen, muss man auch die innere Welt wegwerfen.” – Terence Hannum über das Konzept hinter den Interludes “Innenwelt” und “Umwelt”.

Mein intensivster Moment mit „New Catastrophism“ war, dass ich meinem Sohn, der damals  noch ein Baby war, durch die Wälder gestreift bin, und überall wuchs der invasive Riesenbärenklau. Da fiel mir auch auf, wie sich die Gegend verändert hat, seit ich ein Kind war. Das ist nur eines der vielen Beispiele, an denen ich erkenne, dass wir mitten in der Klimakatastrophe stecken, und es sich nicht besonders gut anfühlt, den Kindern den Planeten so zu hinterlassen. War das auch der initiale Gedanke zu „End Terrain“?

Terence: Es ist ein ähnliches Kernkonzept, aber es gibt Unterschiede. „New Catastrophism“ war recht improvisiert und ist für unsere Verhältnisse recht minimalistisch und die Lyrics sind vergleichsweise distanziert. Auf „End Terrain“ haben wir uns an neue Richtungen herangetraut. Und für mich als Texter ging es darum, aus meinem persönlichen Blickwinkel zu schreiben, auch wenn es noch immer eine Art Sci-Fi-Story ist. Aber es war eine Veränderung in der Perspektive. Ich habe dabei an meine Kinder gedacht und die kommenden Generationen. Ich denke, wir veränderten unseren Blickwinkel auch musikalisch. Wir dachten maximalistischer, und das unterscheidet „End Terrain“ nicht nur von „New Catastrophism“, sondern auch von anderen Alben.

André: Jeder von uns bringt seine Perspektive ein, wie wir Musik arrangieren. Die Vorschläge, die ich angeboten habe, haben „End Terrain“ etwas direkter werden lassen. Wir haben uns angeschaut, wie man Themen in unterschiedlichen Momenten und auf unterschiedliche Arten einbauen kann. Zum Beispiel die zweite Single „Excarnate Light“: Das Stück fängt mit dieser Melodie an, die eigentlich die rückwärts gespielte Gitarrenmelodie ist. Danach kommt ein Break mit vielen Riffs, bevor es zu der Rückwärtsmelodie zurückgeht, auf die aber viele Schichten gelegt wurden. Terences Frau (Erica Burgner-Hannum – Anm d. Verf) flüstert die Texte und dann verändert sich das später auf unterschiedliche Arten. Ich habe bei dem Album Wert darauf gelegt, Konzepte zu wiederholen, die in der Musik und den Lyrics stecken. Terence macht dieses geniale Ding in „Black Prisms Of Our Dead Age“, der relativ minimalistisch und von NEIL YOUNGs „Trans“-Album inspiriert ist. Er singt mit der Band, aber am Ende stoppt die Musik und Terence wiederholt diese Melodie, nur mit den Vocals. Das war für mich die perfekte Art, den Song enden zu lassen. Wenn ich den Song als Hörer betrachte, finde ich die Musik so einprägsamer.

Terence: Und wir haben die Vocals durch einen Leslie-Lautsprecher gejagt. Das war cool!

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Ihr selbst habt ja geschrieben, dass „End Terrain“ der logische Nachfolger zu „Infinite Dissolution“ ist. Und ich finde, dass beide Alben schon gewisse Ähnlichkeiten haben, in Bezug auf die Strukturen. Aber „Chronoscapes“ ist als Opener herausfordernd. Es ist ein recht brutaler, chaotischer Song, der gleich mit einem ersten Punch in medias res geht und viele verschiedene Wege erkundet.

Terence: Ja, als wir die Reihenfolge des Albums festgelegt haben, war das ein großes Thema. Es war Andrés Idee, so zu beginnen, wie wir es bisher noch nicht gemacht haben. Es ist ein lautes Album, aber normalerweise bauen wir – auch auf „End Terrain“ – Songs eher mit langen Intros auf. Aber ich glaube, mit diesem Start ändert sich auch die Art, wie man das Album hört, verglichen mit „Infinite Dissolution“ oder „Return To Annihilation“. So können wir die Sichtweise unseres Publikums etwas verändern. Klingt zumindest so, als hätte das bei dir funktioniert. (lacht) „Chronoscapes“ ist ziemlich noisy, hat coole Gitarrenriffs, das Death Metal-artige Ding in der Mitte und ist am Ende recht lose gehalten mit diesem Ambient-Part. Und das sind alles Facetten, die auf dem Album enthalten sind. Ich finde „Chronoscapes“ ist ein cooler Teaser, der alle Richtungen anreißt, in die „End Terrain“ geht.

Steven: Richtig. Und es gibt Elemente von früheren LOCRIAN-Sounds und Schnipsel von neueren Sounds. Der Song ist ein Schlag ins Gesicht, der sagt: Das alles hier bekommst du. (lacht) Aber auf eine nette Art.

Terence: Ein sehr freundlicher Schlag.

An zweiter Stelle steht mein persönlicher Lieblingssong auf dem Album, „Utopias“ – der längste auf dem Album. Ich versuche da regelmäßig am Schlagzeug mitzuspielen, erst bei dem Ambient-Intro mit dem pulsierenden Drumming, danach kommt der Teil mit dem akzentuierten Rhythmus.

Terence: Das ist einer meiner Lieblingsrhythmen von Steven.

André: Das ist ein 5/4-Takt. Richtig Steven?

Steven: (lacht) Super, jetzt bringt ihr mich in Verlegenheit.

Terence: Ich glaube nicht, dass es ein anderer Rhythmus ist, es ist nur die Benotung.

Steven: (lacht) Oh Mann… Ich spiele nach Gefühl. Ich glaube nicht, dass das ein 5/4-Takt ist. Ich muss mir den Song nachher nochmal anhören.

Terence: Ich mag den Drumbeat, da muss man unweigerlich mitzählen.

Steven: Ich auch. (lacht)

Mein Schlagzeuglehrer mag den Rhythmus auch.

Steven: Ich glaube, dieser Song wurde im Studio fertig gestellt. Der Rhythmus war das Erste, das mir einfiel. Da steckt etwas von Charles Hayward (THIS HEAT – Anm d. Verf.) drin. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

André: Ich nenne es den „Bill Bruford“-Beat.

Steven: Ja, den habe ich auch immer in meinem Kopf. Freut mich aber, dass du den Song magst und dazu spielst.

Die Struktur von „Utopias“ erinnert mich durch die Struktur an „An Index Of Air“, weil es auch aus drei Teilen besteht.

Terence: Das stimmt. Diese Songs mit mehreren Schichten von YES oder KING CRIMSON haben einen großen Einfluss auf uns. „An Index Of Air“ war das erste Stück von uns, das Zwischentitel für die einzelnen Sätze hat. „Utopias“ hat auch ein Intro als Part 1, dann den Rhythmuspart, über den wir gesprochen haben als Part 2. Das ist ja auch ein langer Song.

Steven: Aber es hat nur etwas mehr als acht Minuten.

Terence: Am Ende gibt es dann das HELLHAMMER– oder CELTIC FROST-Finale. (lacht)

André: Das Ende mit dem Gebrüll und dem HELLHAMMER-Gedresche macht uns glücklich. Aber „Utopias“ ist auch mein Lieblingssong auf „End Terrain“ – schön, dass er dir gefällt.

“Das Bild soll aussehen wie eine digitale Störung, ist aber per Hand mit Farbe gemacht, und dann kam erst die Bearbeitung mit dem Computer. Das Schreiben unserer Musik fühlte sich genauso an.” – Für Terence Hannum haben Musik und Bild einige Gemeinsamkeiten.

Auf „End Terrain“ stehen zwei Songs mit deutschem Titel, „Umwelt“ und „Innenwelt“. Ich finde es spannend, dass „Umwelt“ sowohl die äußere Welt, als auch die Umwelt im Sinne von Natur bedeutet, gerade in dem Kontext eures Konzeptes der Klimakrise. Die Songs selbst haben ähnliche Motive.

Terence: Ich dachte da an etwas Persönlicheres, da ich auch die Texte zum ersten Mal in der Geschichte von LOCRIAN in der ersten Person geschrieben habe. Es sollte um die innere Landschaft der Person gehen, die das Chaos generiert, die damit lebt und es akzeptiert, da es keine Möglichkeit gibt, es zu ändern. Um die äußere Welt wegzuwerfen, muss man auch die innere Welt wegwerfen. Das waren meine Gedanken dazu. Die anderen mochten diese Idee und es passt ja auch, da die beiden Instrumentals auch zusammenpassen.

Steven: Es ging los mit ein paar Aufnahmen von Synthesizern, die ich verfremdet hatte. Ich fügte ein paar Dutzend Soundschnipsel hinzu, von Umweltkatastrophen wie auseinanderfallenden Gletscher, Waldbränden, auch Bomben und Sounds aus dem Ukraine-Krieg. Ich habe das alles vermischt und das wurde zum Klangbett der Stücke. Das passt dazu, dass das im Äußeren der Welt passiert, in der wir alle leben. Vieles von dem, was da draußen furchtbar ist, betrifft jeden von uns. Ich wollte etwas machen das auf morbide Art kurz und schön klingt und alles beinhaltet, was an der Welt gerade scheiße ist. Ich denke, wir haben zwei schöne Interludes gemacht, aber wir werden sie sicherlich nicht live nachbauen können. (lacht) Sie passen einfach gut in das Gesamtbild des Albums.

André: Ich habe bei diesen Songs das großartige Pedal „The Wizard of Pitch“ benutzt, von einer Firma aus Wisconsin, die leider nichts mehr herstellt (Dwarfcraft Devices – Anm. d. Verf.). Das ist ein Active-Pedal, das ich durch meine Delay-Pedale gejagt habe, und daraus entstanden wirklich bizarre Obertöne, die mir sehr gefallen haben. Ich habe eine neue Bariton-Gitarre von der Electrical Guitar Company und es hat großen Spaß gemacht, damit neue Musik zu schreiben und es durch dieses seltsame Set von Pedalen zu schicken, da unvorhersehbare Klänge daraus entstanden.

Großartig, ich werde sicherlich noch viel mehr entdecken, wenn ich das Album das nächste Mal höre. Generell geht es mir so, dass Songs wie „Excarnate Light“ so viele Schichten haben, dass ich jedes Mal etwas Neues höre. Da ist auch ein Cello, richtig?

André: Gordon Withers spielt in J. Robbins Band und er hatte gerade Zeit, als wir im Studio waren und konnte spontan über ein paar Songs improvisieren.

Terence: Im Studio sagte ich, dass ich eigentlich Streicher auf dem Album haben wollte, und J. sagte: „Wenn ihr Streicher wollt, könnt ihr sie haben.“

Steven: Er schickte Gordon die Datei mit dem Song und ein paar Stunden später kam eine Datei mit Cellosounds zurück. Wir fanden, dass es perfekt klang. (lacht)

Terence: Er spielte auf „Excarnate Light“ und „Black Prisms Of Our Dead Age“.

Daneben hat auch wieder Erica einige Auftritte.

Terence: Ja, Erica macht seit „The Crystal World“ (2010 – Anm. d. Verf.) für uns Vocals. Ich hatte diese maximalistische Idee und wolle so viel wie möglich darin haben und wir passten ihre Spuren im Mix an. Sie singt auf „Excarnate Light“, „After Extinction“ und „Utopias“. Wir haben den Gesang bearbeitet, es klingt mal etwas nach Synths oder geisterhaft. Aber es sollten einfach so viele Ideen pro Song wie möglich vorkommen und um die Aufmerksamkeit buhlen. Ich denke, das ist sehr gut geworden.

blankWenn das Album am 5. April rauskommen wird, erscheinen wahrscheinlich hunderte Alben mehr am selben Tag und sind sofort auf Spotify und Co. verfügbar. Viele Leute werden sich „End Terrain“ vermutlich genau einmal anhören, bevor sie zum nächsten Album springen. Ist das ein Problem für LOCRIAN, oder denkt ihr, dass euer Publikum sich intensiver mit dem Album beschäftigen wird und es öfter hören wird?

André: Ja, das ist absolut ein Problem. Wenn wir natürlich die meisten Hörer erreichen wollten, hätten wir das Album schon so laut wie möglich Mastern lassen müssen. Wenn man sich anhört, wie Songs klingen sind, die auf Spotify trenden, sind sie so laut gemastert, dass man meint, die Boxen würden explodieren. Ich habe mir aus Neugierde die Apple Music „Breaking Metal“-Playlist angehört, und vieles darauf klingt für mich wie Müll. Das ist nichts, wofür wir uns entscheiden. Einige unserer Stücke haben ausgedehnte Intros, dadurch werden wir womöglich auch einige Hörer verlieren, deren Aufmerksamkeit wir nicht sofort haben.

Steven: Wir hatten das schon immer. Wir hatten Songs mit fünf Minuten langen Intros. Das sieht man dann auch immer in den Kommentaren auf Youtube, sowas wie: „Wann fängt der Song endlich an?“ (lacht)

Terence: Die Aufmerksamkeitsspanne von vielen Leuten ist wirklich kurz, sie wollen während sie einen Song hören, dass er schon vorbei ist, um den nächsten zu hören. Aber ich hoffe, dass unsere Hörer die zweite oder dritte Runde schon hören, um Nuancen zu finden. Wir schreiben eben so, dass Dinge im Hintergrund passieren, dass es dynamisch ist und eben viel passiert. Auch wenn ich denke, dass „End Terrain“ unser bisher direktestes Album ist, gibt es viele akustische Tiefen und ein Auge für Details wie auf „New Catastrophism“, und trotzdem schreiben wir Songs mit Riffs. Ich persönlich gehe schon gerne zu alter Musik zurück oder höre Bands, von denen ich nie dachte, dass ich sie mal mögen würde. Ich würde mir auch wünschen, dass es den Leuten mit uns auch so geht.

André: Wir leben in einer spannenden Welt, in der die Menschen über Spotify und immer mehr über TikTok neue Musik entdecken, es aber auch Leute gibt, die zum neuen LOCRIAN-Song „Utopias“ auf den Drums jammen. Ich hoffe schon, dass das hilft, dass unsere Musik gehört wird. Einer meiner Lieblingssongs von uns ist fast 20 Minuten lang und hat nicht annähernd so viele Streams wie unsere kurzen Stücke. „Obsolete Elegies“ von „Return To Annihilation“ hat diese klar abgegrenzten Sektionen über die gesamte Dauer. Ich bin sehr stolz auf diesen Track. Es braucht sehr geduldige Hörer, um durch den gesamten Song zu kommen. Meine Lieblingsband ist GENESIS und ich liebe diese ausufernden Songs, die viel Geduld brauchen.

Terence: Ich glaube, du hast das mal gesagt, dass GENESIS auf jedem Album einen Prog-Song stehen haben, selbst auf „Invisible Touch“. Ich hatte das zuvor nie wahrgenommen, dass sie neben den Hits in der Mitte wirklich immer einen weirden dunklen Song stehen haben, bei dem man sich denkt: Was zum Teufel? Und das machen sie auch live. Diese Hingabe zu mehr als „I Can’t Dance“ finde ich großartig.

André: Ich mag sogar die Popsongs von GENESIS. (Lacht)

“[…] ich bin sicher, dass Bildung hilft, mit diesen riesigen Problemen zurechtzukommen.” – André Foisy sieht in der Bildung die Antwort auf die Klimakatastrophe.

Kein Kommentar meinerseits. Wenn meine Kollegen mich triggern wollen, senden sie mir Bilder von Phil Collins oder photoshoppen mein Gesicht auf ihn. André, du hast das Mastering erwähnt. Ich muss jetzt auch zu eurem Tontechniker kommen. J. Robbins und früher Greg Norman schaffen es, euch trotz all der vielen Schichten und Tonspuren, natürlich klingen zu lassen. Ist das euer Geschmack, weil ihr auch viel Krautrock und andere Musik aus den Siebzigern hört?

Terence: Krautrock ist gewaltig. Diese Musik ist eine wichtige Inspiration für uns und wir kommen immer wieder darauf zurück. Eine meiner Inspirationen auf „End Terrain“ war Harald Grosskopf. Das war eine echt spannende Zeit, egal ob KRAFTWERK, NEU! oder TANGERINE DREAM, keine der Bands klang gleich. Sie erweiterten Möglichkeiten, auch in Bezug auf Songlängen. Bei TANGERINE DREAM war die A-Seite oft nur ein Stück. Da geht es beim Hören in die Tiefe, man begibt sich auf eine Reise. Es gibt so viel Unerwartetes, es kann mal nur Tape Manipulationen, was komplett Abstraktes oder Stockhauseneskes geben. Ich sehe britischen Prog und Krautrock wie zwei Fäden, die sich parallel entwickelt haben. Und gerade in Krautrock oder der kosmischen Musik gibt es dieses freie Rock-Element, das eine Gravitas um diese großen Sounds hat. Wir drei sind ständig im Austausch, wenn es um solche Klangästhetiken geht.

Steven: Wenn es um das Mixing geht, wissen sowohl Greg als auch J. genau, was wir wollen. Und wir natürlich auch. Ich finde, sie haben einen großartigen Job abgeliefert.

André: Das Mastern gab uns auch einigen Raum. Würden wir um die Aufmerksamkeit der Hörer kämpfen, hätten wir Dynamik geopfert. Und wir entschieden uns genau das nicht zu tun. Unser Publikum, das vermutlich zu den eher abenteuerlustigen Hörern gehört, ist vermutlich auch der Meinung, dass jedes Instrument seinen Platz verdient. Und wenn es lauter sein soll, sollte man die Stereoanlage einfach aufdrehen.

Steven: Ich glaube auch, dass unsere Fans eher physische Medien wie LPs und CDs kaufen, um es auf der heimischen Anlage zu hören.

Terence: Wir haben viel Zeit darauf verwendet, das Album musikalisch und optisch so zu gestalten, dass es physisch gekauft wird.

Steven: Ich hoffe, dass wir eine der Bands sind, die sich bewähren und die noch in zwanzig Jahren gehört und entdeckt werden.

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Wo wir gerade bei Einflüssen sind: Für LOCRIAN ist auch Industrial aus den späten Siebzigern und Achtzigern von großer Bedeutung. Nachdem ihr das COIL-Cover „Solar Lodge“ als EP im Dezember veröffentlicht habt, ist das auch ziemlich offensichtlich. „Solar Lodge“ beschloss oft euer Liveset. Was genau liebt ihr diesem Song?

Terence: Der Beat! (lacht) Der Beat ist der absolute Killer. „Scatology“ ist mein Lieblingsalbum von COIL. Und den Song live zu spielen macht großen Spaß. Es gibt darin diese einfachen Sektionen, über die man super improvisieren kann und mit denen man das Set beenden kann. Als wir ins Studio gingen, war das ein guter Startpunkt. Wir konnten dadurch in die Energie zurückgehen, die wir damals aus den Liveshows generierten.

Steven: Das ist ein sehr powervoller Song, gerade am Ende des Sets. „Scatology“ ist auch mein Lieblingsalbum von COIL. Nicht alle Alben von ihnen sind Easy Listening. Ich kenne auch gar nicht alle von ihnen und nicht alle, die ich hab, mag ich auch. Aber auf „Scatology“ ist wirklich jeder Track phänomenal. „Solar Lodge“ ist einfach eine tolle Vorlage, um sie zu covern, perfekt für Caveman-Drumming (lacht).

André: Das war der letzte Song den wir gespielt haben, als wir zum letzten Mal 2016 aufgetreten sind. Mit diesem eher einfach strukturierten Stück konnten wir uns wieder darauf einzuschwingen, die Flugbahn von „Infinite Dissolution“ fortzusetzen. Mit „New Catastrophism“ und „Ghost Frontiers“ gingen wir ja nicht zurück, sondern blickten zurück auf unser früheres Schaffen, in dem Dungeons-And-Dragons-Quest, das unsere Musik darstellt.

Auf der EP stehen auch noch 3 Remixes. Mir ist dabei aufgefallen, dass der erste Remix noch am nächsten an eurer Coverversion ist, und es dann immer mehr in Richtung Noise und Ambient geht.

Terence: Wir fragten für die Remixes einige unserer Freunde. Wir machten keine Vorgaben, getreu dem Motto: Wenn wir dich um einen Remix bitten, vertrauen wir dir. Jonathan Canady (ex-DEAD WORLD – Anm. d. Verf.) verabreichte uns eine Noise-Ohrfeige, Dome von FULCI hat ein Projekt namens TV CRIMES. Mit ihm habe ich viel gesprochen, als sie auf Tour in den USA waren. Paul Riedl von BLOOD INCANTATION hat zuvor noch nie einen Remix gemacht, aber seine Solosachen sind richtig gut, und da wusste ich, dass auch sein Remix gut werden würde. Ich finde sie alle super. Ein sogar weiterer Remix kam vor kurzem erst zurück. Remixes ist eine seltsame Welt, und interessante Leute, von denen man es gar nicht erwarten würde, machen da spannende Sachen.

Steven: Paul war der Einzige, bei dem ich nicht wusste, was wir zurückbekommen würden. Mir war klar, dass es gut werden würde, aber es hätte in jede erdenkliche Richtung gehen können. Ich liebe seinen Remix und bin froh, dass er ihn gemacht hat.

Nachdem „Solar Lodge“ euer letztgespielter Livesong ist, stellt sich die Frage, ob ihr doch wieder auftreten werdet.

Terence: Wir planen eine Tour in den Staaten im Sommer und wir würden sehr gerne wieder nach Europa reisen. Deutschland war immer gut zu uns. Unsere letzte Show war auch in Berlin.

Steven: Ja, hoffentlich lässt sich das in naher Zukunft realisieren. Die Zeit ist reif dafür, wir waren lange nicht mehr da.

Es ist ja vermutlich schwieriger geworden, als noch vor acht Jahren, zumal ja vieles teurer geworden ist.

Steven: Ja, das auf jeden Fall. Die Logistik ist auch nicht gerade einfacher geworden, da wir in verschiedenen Staaten leben. Aber ich denke, es lässt sich durchziehen. Zuerst kommen die Shows in den USA – das wird Spaß machen. Hier haben wir ja auch schon lange nicht mehr gespielt.

“Ich habe Kunst durch SONIC YOUTH-Alben kennengelernt.” – LOCRIAN wollen durch die Auswahl ihrer Artworks auch Kunst kuratieren.

Das Konzept ist bei LOCRIAN ein sehr wichtiger Part. Der Künstler hinter dem brillanten Artwork von „End Terrain“ ist Chris Dorland. Wie habt ihr zusammengefunden?

Terence: Ich kenne ihn seit etwa zwanzig Jahren. Ich war Kunstkritiker in Chicago und habe über eine seiner Shows geschrieben. Damals machte er utopische Landschaften, wie diese Sci Fi-Architektur aus den Sechzigern. Seine Kunst veränderte sich über die Jahre und ich bin begeistert davon. Als wir an „End Terrain“ arbeiteten, erinnerte ich mich an seine Kunst und wusste, dass es perfekt passen würde. Das Besondere ist, dass er malt, dann druckt und es abschabt und neue Farbe aufträgt. Es ist also schwer zu sagen, was die Basis ist und was die hinzugefügte Farbe. Das passt gut zu unserem maximalistischen Anspruch, weil auf dem Bild jeder Zentimeter voll ist. Es fühlt sich defekt und falsch an, ist überladen mit Information.

Steven: Es ist auch schwer zu sagen, was daran von einem Menschen gestaltet wurde und was AI ist.

Terence: Chris ist die Grenze zwischen digital und analog sehr wichtig. Das Bild soll aussehen wie eine digitale Störung, ist aber per Hand mit Farbe gemacht, und dann kam erst die Bearbeitung mit dem Computer. Das Schreiben unserer Musik fühlte sich genauso an. Wir haben AI und digitale Technik verwendet, aber auch sehr analoge Synthesizer, Drums und Drumcomputer.

Terence, du bist ja selbst Künstler. War es für dich wichtig, Input von außen zu bekommen?

Terence: Als ich ein Kid war und ein SONIC YOUTH-Album geschenkt bekam, war es nicht nur wegen der Musik wichtig, sondern auch weil ich Mike Kelley, Gerhard Richter und Richard Prince dadurch kennen gelernt habe. Ich habe Kunst durch SONIC YOUTH-Alben kennengelernt. Das habe ich mir auch für unsere Covers vorgestellt. Ich wollte Kunst von Richard Misrach („Return To Annihilation“ – Anm. d. Verf.), David Altmejd („Infinite Dissolution“ – Anm. d. Verf) oder Elijah Burgher („Solar Lodge“-EP – Anm. d. Verf.) kuratieren. Wir verwenden viel Zeit darauf, das passende auszuwählen. Wir haben ein Moodboard, auf dem wir permanent neue Ideen sammeln und vermerken, ob wir den Künstler kennen, Kontakt zu einer Gallerie herstellen können, und so weiter.

Steven: Oder ob wir uns den Künstler leisten können. (lacht)

Terence: Wir haben aber auch manchmal Glück. Trevor Paglen („New Catastrophism“ – Anm. d. Verf.) sagte: „Klar, kannst du das Bild nehmen, schick mir einfach ein paar LPs.“ Und das war großartig, weil ich keine Ahnung hatte, dass er LOCRIAN mochte. Es ist immer sehr lohnenswert mit Künstlern und Galerien in Dialog zu treten. Ich mag das sehr, und mit Chris war es super, weil ich ihn schon lange kenne.

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Mein Eindruck ist, dass das Konzeptuelle für LOCRIAN wichtiger ist, als bei vielen anderen Bands. Sind Musik, Bild, Message und Texte für euch gleichwertige Teile, oder steht die Musik an erster Stelle?

Terence: Für mich persönlich steht die Musik an erster Stelle, denn darauf baut alles andere auf.

Wenn ihr ein neues Album wie „End Terrain“ schreibt, beginnt also alles ganz klassisch mit Riffs?

André: Es kommt darauf an. Einige Ideen des Albums reichen bis in die Jahre 2013 und 2014 zurück, wurden damals schon aufgenommen und für „End Terrain“ neu aufgegriffen. Ich erinnere mich daran, dass wir „Excarnate Light“ 2013 gejammt haben.

Terence: „The World Is Gone, There Is No World“ war auch lange Zeit in Arbeit. Manchmal ist da eine Stimmung oder ein Riff, an dem wir festhalten. Ich notiere mir dazu öfter Worte oder Phrasen und wo ich die Vocals platzieren würde. Manchmal schreibe ich auch die Stimmung, die diese Musik erzeugt auf, oder welche Bilder ich dazu im Kopf habe. Ich bin ein recht visueller Autor und habe oft Landschaften im Kopf und versuche, das Terrain des Songs zu erkunden. Das teile ich dann mit den anderen in unserem gemeinsamen Moodboard und füge Zitate, Bücher und andere Kunst dazu, die mir einfällt.

André: Wir haben einen konzeptuellen Sack mit Riffs, auf den wir uns beziehen, wenn wir im echten Leben zusammenkommen und jammen. Wenn wir das dann aufnehmen, ist das manchmal recht hohe Qualität, manchmal klingt es eher abgenutzt. Aber als wir für „End Terrain“ zusammenkamen, haben wir uns diesen Sack voller Riffs nochmal angeschaut und haben uns notiert, was wir rauskitzeln wollten. So entstand das Album. Ich war vergangenen Sommer in Washington D.C. und konnte recht einfach nach Baltimore zu Terence reisen um an den Ideen zu arbeiten. Wir schickten die Aufnahmen dann zu Steven, der dann seine Ideen hinzufügte und mit dem wir uns im Studio trafen. Das war die Genesis des Albums. Ich versuche hier das Wort GENESIS so oft wie möglich zu verwenden. (lacht)

“[“New Catastrophism”] war unser Soundtrack für das, was während Covid abging – und das war ziemlich finster.” Steven Hess über den Start nach der langen Pause.

Mir liegen die Lyrics leider nicht vor, aber auf euren früheren Alben war es stets so, dass sie recht kurz waren und ihr mit wenigen Worten viel ausgesagt habt. Ist es auf „End Terrain“, auf dem ihr eine Generation zwischen Ruinen beschreibt, ähnlich?

Terence: In der Vergangenheit nahm ich eher die Perspektive eines Beobachters ein, in den Texten von „End Terrain“ habe ich die Perspektive eines Beteiligten. In „Chronoscapes“ und „After Extinction“ ist die Person, die singt oder schreit eine handelnde Person, die alles verursacht, kein Erzähler, der über allem steht. Das war für mich eine Herausforderung, aber „End Terrain“ war das richtige Album, um das zu versuchen. Aber es hat sich gelohnt, die Perspektive zu wechseln und Teil dieser Generation nach der Katastrophe zu werden. Ich erzähle der Zukunft, unserer Zeit nicht nachzuweinen, weil wir nichts getan haben, um etwas zu verändern. Die nachfolgenden Tracks bauen darauf auf. Mit dem Album kommt noch ein kleines Booklet mit Science Fiction-Kurzgeschichten. Diese Geschichten füllen die Welt aus. Das Buch entstand während des Mixings. Ich fing an zu schreiben und Steven und André ermutigten mich, weiter zu machen. Wir saßen tagelang da und hörten das Album wieder und wieder, und schließlich hatte ich eine Story fertig, dann noch eine und noch eine, und schließlich hat es echt Spaß gemacht zu schreiben. Am Ende gab es für jeden Song eine Geschichte.

Ich dachte, es wäre andersherum gewesen und du hättest einen Pool mit Storys. Hast du einen Tipp für Schreibende, die extrem langsam sind und einen furchtbaren Perfektionismus an den Tag legen?

Terence: Weißt du, ich hatte eine Deadline, und die hat Druck ausgeübt. Und ich habe viel experimentiert. Eine Kurzgeschichte ist nur eine Liste mit Dingen. Ich mag Listen und mache sehr gerne welche. Eine Andere ist eine semi-echte, aber gefakte Bibliographie aus der Zukunft mit akademischen Artikeln über das Aussterben der Menschheit, aber mit echten Referenzen, also echten Büchern und Filmen aus unserer Zeit. Das machte Spaß und ich nutzte KI um Autoren, die Namen von Zeitschriften und Artikeln in meine Lyrics einzubauen und einen akademischen Artikel daraus zu machen. Diese Mischung aus traditionellen Geschichten und Experimenten ließ es für mich sehr interessant werden. Ich konnte dabei auch nicht kleinlich sein, sondern ich tat es einfach. Das Album war für mich ein guter Weg, um als Person hinter der Geschichte zurückzutreten. Ich konnte sagen, was ich wollte, aber auf eine andere Art und Weise. Das gab mir auch Schutz. Ich fühle mich aber gut mit den Stories und es war eine schöne Übung, eine Art Flashfiction. André und Steven gefiel es auch, und das beflügelte mich. Ansonsten war da eine Deadline und ein gewisser Druck, also musste ich fertig werden.

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Das Ganze ist als Buch bei der LP dabei, richtig?

Terence: Ja, aber mit der CD kommt ein pdf. Das alles passt auch zu unserem maximalistischen Ansatz, dass das Album überladen mit Inhalt ist. Dadurch wird diese Welt größer, ganz im Sinne unserer Wurzeln im Progrock. Wir dehnen den Rahmen aus, statt ihn einzuengen.

Steven: Jetzt musst du nur noch neun Regisseure für neun Minimovies finden. Und ein Netflix-Special.

Terence: (lacht) Bitte gib mir dieses Projekt nicht.

Es gibt zumindest ein Minimovie, den Videoclip von John Bradburn zu „Chronoscapes“. Es passiert darin echt viel, gibt viele verschiedene Schichten, es ist schnell und sonderbar – und hat eine altmodische Ästhetik.

Terence: Wir arbeiten schon sehr lange mit ihm zusammen.

André: Das erste Mal zu „Visitation From The Wrath Of Heaven“ von „Return To Annihilation“ 2013.

Terence: Das ist ganz schön lange. Er hat immer coole Ideen und hohe Produktionsstandards. „Ich engagiere Schauspieler“, sagte er. „Warum, was hast du vor?“, fragte ich ihn dann. (lacht) Er hat eine professionelle Crew und dadurch sind wir immer sehr gespannt, mit was er auf uns zukommt. Dadurch, dass er einen Dialog an den Anfang des Films gestellt hat, wirkt es noch filmischer. Ich bin großer Fan seiner Arbeit.

Der Clip erzeugt auch das richtige Feeling über das, was thematisch passiert. Die Protagonistin hat diese Kugeln auf den Augen.

Terence: Ja, sie blockiert ihre Sinne und besucht die Vergangenheit. Es erinnert mich an den französischen Kurzfilm „La Jetée“, auf dem „12 Monkeys“ basiert. Das ist auch einer meiner Lieblingsfilme.

Ich habe „Chronoscapes“ so interpretiert: Die Protagonistin sieht in die Vergangenheit und die Zukunft und sieht einerseits Wunder, aber auch Zerstörung. So als würde es sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft Gutes und Schlechtes geben und dass es auch in der Zukunft etwas gibt, auf das man hoffen darf, um nicht vollständig zu verzweifeln.

Terence: Da ist es ein wenig wie bei den Remixes. Wir haben das große Glück, dass wir Menschen wie John und seinen Ideen vertrauen können. Was er daraus gemacht hat, lag ganz bei ihm. Wir schickten ihm die Lyrics, ich habe ihm das ein oder andere dazu erklärt, und das wars. Jeder Künstler ist da ein wenig anders. Der eine will nähere Hintergründe, während der andere sagt: „Cooler Song, ich mach was draus“, und das war es dann. Und dann kommt sowas großartiges wie „Chronoscapes“ raus, das uns überwältigt. John hat auch ein Video zu „Incomplete Map Of Voids“ von „New Catastrophism“ gedreht, das völlig anders war mit 3D-Scanning-Technology und mich auch echt überwältigt hat. Das war wieder ganz anders als der sehr narrative Film von Sean Dack und Lucy Swope („Mortichnia“ aus „New Catastrophism“ – Anm. d. Verf.). Ich liebe diese Videos, in denen die Künstler viel Zeit darauf verwenden, basierend auf unserer musikalischen Vorlage solche großartige Welten zu erschaffen.

“Ich hoffe, dass wir eine der Bands sind, die sich bewähren und die noch in zwanzig Jahren gehört und entdeckt werden.” – Steven Hess sieht LOCRIAN als Band für Musikliebhaber.

„End Terrain“ hat immer wieder kleine hoffnungsvolle musikalische Motive, wie in „After Extinction“. Textlich kann ich das leider nicht beurteilen, aber der Titel scheint nicht besonders hoffnungsvoll zu sein. Dennoch: Hilft euch LOCRIAN, um mit der Klimakatastrophe umzugehen und eure Ängste in Kunst umzuwandeln?

André: Ja, es ist ein Teil davon. Die Musik ist eine emotionale und kreative Antwort darauf. Jeder von uns hat unterschiedliche Wege, um sich mit dieser Situation auseinanderzusetzen. Ich arbeite im Bereich der Hochschulbildung, und ich bin sicher, dass Bildung hilft, mit diesen riesigen Problemen zurechtzukommen. Das ist ein Hebel in meinem Leben. Die Musik ist für mich ein künstlerischer und kreativer Weg, um damit umzugehen.

Terence: Wir haben das Glück, dass wir dieses Thema gefunden haben, auch wenn es Angst manchen kann. Aber ich finde schon, dass es hoffnungsvolle Momente in der Musik gibt. Aus künstlerischer Sicht, ist die Klimakrise eines der großen Themen unserer Zeit und wir haben diese Ausrichtung, sodass wir uns darauf fokussieren können. So können wir darüber sprechen, können Artikel und Bilder teilen. Für mich ist es so, als würde ich Jeff Vandermeer oder J.G. Ballard lesen. Das richtet den Fokus auf die Umwelt und Seltsames und Unheimliches. Für mich ist es nicht notwendigerweise so, dass die Band Aktivismus betreibt, aber wir können dadurch in einen Diskurs gehen.

Steven: Ja, es ist wichtig durch unseren kreativen Output darüber zu sprechen, auch wenn es düster ist, und sich viel nach Doom and Gloom anhört. Aber ich schaue optimistisch in die Zukunft, auch wenn es derzeit wirklich schwierig ist, wo es so viele schlimme Themen auf der Welt gibt. Aber das geht nicht nur uns so, ich denke, viele Menschen nutzen die Kreativität um mit dem Thema Klima umzugehen.

Terence: Das ist ja auch nichts Neues. Bands wie BLACK SABBATH bis zu NAPALM DEATH thematisierten schon all das. Es gibt diese Tradition in Metal, die das möglich macht. Ich denke nur an VOIVOD und SODOM. Und wir als Menschen beziehen uns auf diese Alben – und vielleicht beziehen sich andere Menschen auf unsere Alben.

Steven: Das gilt aber für alle Genres, auch in der klassischen Musik.

Terence: Ich setzte Metal in Relation zum Pop, wo es oft darum geht, dass alles gut wird. Diesen dunklen Anstrich und passt gut zur inneren Aufruhr in uns allen. Da muss am Ende des Albums nichts aufgelöst werden, und man darf solche Themen ansprechen.

Ihr drei, vielen Dank für eure Zeit!

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