EDENBRIDGE: Studio Report vom 29.November 2002, House Of Audio, Karlsdorf

Von `Aphelion` erhoffen sich EDENBRIDGE nach zwei überdurchschnittlichen Alben einen weiteren Schritt nach vorne. Die erste Feuerprobe mußte das neue Material am 29. November über sich ergehen lassen: An jenem Freitag Abend hatten EDENBRIDGE und ihr Produzent Dennis Ward eine kleine Zahl an Pressevertretern ins Karlsdorfer Hause Of Audio-Studio geladen, um ihnen eine Auswahl ihrer neuen Songs vorzustellen.

Anfangs – und vorschnell – noch hier und da als NIGHTWISH-Clone abgetan, konnten sich EDENBRIDGE dank zweier überdurchschnittlicher Alben (von denen `Arcana` indes auf wenig Gegenliebe unseres gestrengen Rezensenten Andi stieß) und diverser gelungener Live-Auftritte als eigenständiger und qualitativ hochwertiger Act inmitten der hart umkämpften und dicht besetzten Melodic Metal-Szene im Erfolgsmittelfeld etablieren.

Von `Aphelion`, so der Name des neuen Studioalbums der Österreicher, erhoffen sich Gitarrist Lanvall (alias Arne Stockhammer) und seine Mitmusiker folgerichtig einen weiteren Schritt nach vorne. Die erste Feuerprobe mußte das neue Material am 29. November über sich ergehen lassen: An jenem Freitag Abend hatten EDENBRIDGE und ihr Produzent Dennis Ward eine kleine Zahl an Pressevertretern ins Karlsdorfer Hause Of Audio-Studio geladen, um ihnen eine Auswahl ihrer neuen Songs vorzustellen.

Als Einstieg dient `Skyward`, eine durch und durch typische EDENBRIDGE-Komposition, die sich nach orchestralem Beginn und neoklassischen Gitarren- und Keyboardläufen als relativ geradliniger Uptempo-Song mit eingängigem Refrain entpuppt, der die Handschrift seines Schöpfers Lanvall ebensowenig leugnen kann wie die ebenso einfühlsamen wie melodischen Leadpassagen, die das letzte Drittel des Tracks einläuten.

Die zweite Hörprobe `Perennial Dreams` fällt merklich experimenteller aus. Asiatische Saiteninstrumente prägen den ruhigen, atmosphärischen Beginn, der darauf in eine melodische Midtempopassage übergeht. Während die Lead-Gitarre vor Einsatz des Gesanges verstummt, zieht sich das CRIMSON GLORY-artige Riff weiter durch die Strophe bis hin zur Bridge, in der eine einschmeichelnde Klaviertonfolge die Atmosphäre verdichtet, die sich kurz darauf einmal mehr in einem typischen EDENBRIDGE-Refrain entlädt. Das dynamische Wechselspiel wiederholt sich noch mehrmals und wird um ein merklich klassisch inspiriertes Instrumentalinterludium ergänzt. Besonders bemerkenswert übrigens: Die Vocals Sabine Edelsbachers, die sich stimmlich einmal mehr gesteigert hat und insbesondere im Vergleich zum Debüt `Sunrise In Eden` wesentlich selbstbewußter und sicherer agiert. Sie hat merklich gut daran getan, ihre eigene Stimmcharakteristik weiter auszuarbeiten und sich nicht an gängigen weiblichen `role models` der Szene zu orientieren.

Es folgt `The Undiscovered Land`, das eingangs dank seines atmosphärischen Beginns und des Einsatzes exotischer Tonskalen und Instrumente orientalisches Flair schafft und auch im weiteren Songverlauf mit dichter Atmosphäre und berückenden Melodien und Harmonien überzeugt. Prognose: Ungeachtet der Tatsache, daß nicht alle Songs des kommenden Albums vorgestellt werden konnten, wird die eher ruhige Komposition sicherlich zu den Highlights auf `Aphelion` zählen. Mehr noch: `The Undiscovered Land` belegt eindrucksvoll eine der großen Stärken des Songwriters und Arrangeurs Lanvall: Trotz zahlreicher Details und an sich komplexen instrumentalen Fundaments bleiben seine Songs stets äußerst zugänglich und nachvollziehbar.`Daher sind mir die eingängigen Gesangslinien so wichtig`, erläutert der Gitarrist seinen Kompositionsansatz. `Während die instrumentale Seite EDENBRIDGEs sehr anspruchsvoll ist, schaffen die stets sehr melodischen Vocals den Zugang zu den Songs.`

Ausgezeichnet nachzuhören auch auf `Fly At A Higher Game`, dem nächsten Stück der Listening Session, einem flotten und für EDENBRIDGE-Verhältnisse recht harten Song mit virtuosem, fast schon progressiven Riffing und zuckersüßem mehrstimmigen Refrainpassagen. Die an sich kontraststarken Elemente fügen sich wie von Zauberhand zu einem homogenen Stil zusammen und sind doch – nicht zuletzt dank der in puncto Transparenz einmal mehr verbesserten (wenn auch immer noch ausbaufähigen) Produktion – jederzeit im Detail wahrnehmbar.

Die beiden Folgetracks `Farpoint Anywhere` und `Red Ball In Blue Sky` markieren noch einmal die Eckpfeiler des breiten Stil-Spektrums, dessen sich die Band inzwischen sichererer denn je zuvor bedient. Während `Farpoint Anywhere` die geradlinige Uptempo-Seite der Band repräsentiert, verkörpert das neunminütige `Red Ball In Blue Sky` in jeder Hinsicht die symphonischen, komplexen und weit ausholenden Aspekte des EDENBRIDGE-Sounds. Nach dem orchestralen Einstieg, der das musikalische Thema des Refrains vorweg nimmt, folgt ein balladeske, von Sabine Edelsbacher ausgezeichnet intonierte Passage, die von schweren Riffs und dramatischen Keyboards abgelöst wird. Der gelungene Spannungsaufbau der Strophe profitiert weiterhin von einem prominenten Gastsänger: D.C. Cooper liefert sich einen vokalen Dialog mit der EDENBRIDGE-Sängerin und bringt seine charakteristische Stimme auch in den Backgroundchor, der den fast schon sehnsüchtigen Refrain im Hintergrund trägt. `D.C. Cooper war schon immer einer meiner absolute Lieblingssänger. Kennen gelernt habe ich ihn allerdings erst bei der Arbeit am MISSA MERCURIA-Projekt.`, berichtet Sabine Edelsbacher. Der freundschaftlichen Kontakt, der daraufhin entstand, machte die Kooperation möglich: Nach einer entsprechenden Anfrage, so die junge Sängerin, erklärte sich der SILENT FORCE und ex-ROYAL HUNT-Frontmann umgehend zu einem Studiobesuch bereit und übernahm den männlichen Gesangspart der Komposition.

Nach einer kurzen Pause erklingt die letzte Hörprobe des Abends: Ein Rough-Mix der bewegenden Ballade `The Final Curtain`.

Fazit: Zumindest musikalisch markiert `Aphelion` einen weiteren Schritt nach vorne in der Bandgeschichte. Lanvall und seinen Mitmusikern ist es gelungen, sich in kleinen, aber entscheidenden Details weiterzuentwickeln und die Konturen der schon seit jeher prägnanten eigenen Identität weiter zu schärfen. Fortschritt bei konstanter Treue zum eigenen Stil: Mehr können Fans von einer Band kaum erwarten. Das neue EDENBRIDGE-Album wird ergo niemanden, der die ersten beiden Alben zu schätzen weiß, enttäuschen.

Total
0
Shares
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner