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DEBEMUR MORTI: Interview – Am Anfang war die Leidenschaft

Wer Black und Death Metal liebt, ist in den vergangenen Jahren garantiert nicht an dem französischen Label DEBEMUR MORTI PRODUCTIONS vorbeigekommen. Neben ambitionierten Underground-Acts wie PESTIFER, ANARKHON, PESTILENT HEX und PURE WRATH veröffentlichen auch Phänomene wie AARA, PLEBEIAN GRANDSTAND und THE AMENTA ihre Alben über DEBEMUR MORTI. Nicht zu vergessen moderne Legenden wie BLUT AUS NORD, ULCERATE, AKHLYS und WHITE WARD. Stilistisch breit gefächert, stets mit einem scharfen Sinn für Ästhetik und ausgerichtet nach höchsten Qualitätsstandards, feierte das Label im Dezember 2023 sein zwanzigstes Jubiläum. Grund genug für uns, Labelgründer Phil zu gratulieren und nebenbei die Arbeitsweise des Labels beleuchten zu lassen.

20 Jahre DEBEMUR MORTI ist schon eine ganze Menge. Wenn du dir die ersten Veröffentlichungen ins Gedächtnis rufst, empfindest du eine Art Nostalgie?

Ich habe absolut keine Zeit, nostalgisch zu sein, haha. Aber im Ernst: Manchmal wird mir bewusst, was ich erreicht habe, und ich bin ziemlich stolz darauf. Es war eine Menge Arbeit (das wissen nur wenige!), aber das war es wert! Am Anfang war die Leidenschaft, und sie hat mir geholfen, über die Jahre hinweg erfolgreich zu sein!

Die Bands des Labels sind in den letzten 20 Jahren sehr gereift. Hörst du dir immer noch die frühen Sachen an, die du veröffentlicht hast? Gibt es einen Favoriten aus der Anfangszeit, den du im Regal stehen hast?

Wir veröffentlichen so viel Musik, dass es manchmal schwer ist, die Zeit zu finden, in die Vergangenheit zurückzugehen und die alten Klassiker wieder aufleben zu lassen. Aber ja, es passiert. Ich habe so viele Favoriten, dass es schwer wäre, einen auszuwählen, aber vielleicht würde ich mich für “Cocaine” von (V.E.G.A.) entscheiden, denn es war die Prämisse für all das Seltsame, was danach kam.

Gibt es eine Art Routine bei den Alben, die du veröffentlichst? Erst das endgültige Master, dann der Druck, die Gestaltung, der Siebdruck, usw. Bist du immer noch aufgeregt, wenn du eine neue Veröffentlichung in den Händen hältst, oder denkst du dir: “Puh, endlich fertig…”?

Ja, natürlich ist der Prozess im Grunde derselbe, aber wir arbeiten ständig daran, Dinge zu verbessern und zu verfeinern. Wir wollen in Bestform beiben, also stellen wir uns immer wieder selbst in Frage und fragen uns immer, ob wir unser hart verdientes Geld in das stecken würden, was wir verkaufen. Ich bin immer noch begeistert, weil ich liebe, was ich tue. Es ist immer ein Vergnügen und ich hoffe, dass das so bleibt. Wenn es mit “puh, endlich” endet, wäre es wohl an der Zeit, mit allem aufzuhören!

“Es ist eher ein nostalgisches Medium und erinnert mich an meine Jugend.” – Phil ist kein Freund von Tapes.

Die Alben erhalten in der Regel einen Siebdruckschuber für das Vinyl und manchmal auch für die CDs. Was ist der Grund dafür, dass die Special Editions nur über den eigenen Shop vertrieben werden und nicht über Distros?

Diese erfordern viel zusätzliche Handarbeit und sind teuer in der Herstellung, daher bin ich mir nicht sicher, ob es sich lohnen würde, sie an Großhändler weiterzuverkaufen. Außerdem ist es für Kunden, die uns bzw. unsere Bands direkt unterstützen, schön, wenn sie beim Kauf bei uns einige exklusive Produkte erhalten. Die meisten davon sind handgefertigte Teile, die in größeren Stückzahlen nur schwer zu produzieren sind. Nicht zuletzt ziehen wir es vor, diese selbst sorgfältig zu verpacken, damit sie bei den Bestellenden in tadellosem Zustand ankommen.

DMP ist eines der Labels, die großen Wert auf das physische Medium legen, es steckt viel Liebe und Handarbeit in der Musik. Was ist das Besondere für dich persönlich, wenn es um das physische Medium geht?

Das liegt wahrscheinlich an meinem Alter. Als ich aufgewachsen bin, gab es kein Spotify und ganz am Anfang auch kein Internet, so dass die einzige Möglichkeit, Musik zu genießen, Radio, Fernsehen oder der Kauf von physischen Tonträgern war. Ich war schon immer sehr davon angetan Musik zu kaufen, sowie vom Durchblättern des Booklets und des Artworks im Allgemeinen. Bei Vinyl ist es das ganze Ritual, es auf den Plattenteller zu legen, es anzuhören und dann aufstehen, um die andere Seite einzulegen. Da muss man sich selbst einbringen. Das ist es, was ich an der heutigen Art des Musikhörens mit vorgefertigten Playlists und dem einfachen Massenkonsum nicht mag.

DMP ist ein Label, das vor allem für Vinyl bekannt ist. Tapes liegen im Trend, aber ihr veröffentlicht nur selten Tape-Editionen. Ist das Tape kein attraktives Medium für euch?

Das ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Ich höre mir Kassetten nicht so gerne an wie Vinyl oder CDs. Außerdem sind die ganzen Artworks sehr klein. Also ja, das ist überhaupt nicht mein Lieblingsmedium. Es ist eher ein nostalgisches Medium und erinnert mich an meine Jugend.

CDs sind weniger wichtig als noch vor ein paar Jahren, aber ihr bringt immer noch CDs als Special Edition heraus. Verkauft ihr immer noch mehr CDs als Vinyl, oder hat sich das Blatt gewendet?

Tatsächlich haben wir (und nicht nur DMP) einen neuen Anstieg der CD-Verkäufe und einen Rückgang der Vinyl-Verkäufe im Jahr 2023 festgestellt. Ja, wir verkaufen immer noch mehr CDs. Ich glaube, einige Alben liegen verkaufsmäßig bei circa 50/50 zwischen CDs und Vinyl, aber ich glaube nicht, dass sich Alben mehr auf Vinyl als auf CD verkauft haben.

Eure LPs werden mit Bandcamp-Downloads geliefert, was ich persönlich sehr schätze. Allerdings verliert Bandcamp mehr und mehr den Indie-Spirit. Denkt ihr auch über Alternativen nach, z.B. einen Download-Bereich auf der DMP-Webseite?

In diesem Stadium nicht. Ich mag Bandcamp immer noch sehr, auch wenn es einige Verbesserungen geben könnte – insbesondere die mobile App. Mal sehen, ob es in Zukunft eine echte Alternative gibt.

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Phil / DEBEMUR MORTI (c) Debemur Morti

Wie plant DEBEMUR MORTI den Veröffentlichungsrhythmus? Es gibt einige Monate ohne Veröffentlichungen, dann, wie diesen Oktober, gibt es vier Alben pro Monat. Was ist der Grund für diesen Zeitplan? Ist der Oktober ein guter Monat für Veröffentlichungen, da er nach den Sommerfestivals, nach der Sommersaison, vor dem Weihnachtsgeschäft, etc. liegt? Ich dachte immer, dass dies für Independent-Labels keine Auswirkungen hat…

Haha, nein, es gibt weder eine “gute” noch eine “schlechte” Zeit, um Underground-Musik zu veröffentlichen, außer vielleicht zwischen Mitte Juli und Mitte August, wenn viele Leute (nicht ich!) im Urlaub sind. Das ist nun mal so. Wir planen einen Release, wenn die Band uns alle Songs übergibt, damit produziert werden kann. Die meisten unserer Bands arbeiten ohne Deadline. Wir wollen keinen Druck auf sie ausüben, etwas fertig zu stellen. Manchmal kommt es vor, dass wir mehrere Alben in kurzer Zeit geliefert bekommen und dann versuchen wir einfach, diese so schnell wie möglich zu veröffentlichen, und manchmal passiert eine Weile lang nicht viel. Ich ziehe es so vor, denn wenn etwas auftaucht, habe ich normalerweise immer Platz für einen unaufgeforderten ‘Crush’.

Derzeit nimmt DEBEMUR MORTI keine Demos an, da der Terminkalender voll ist, richtig? Neue Künstler werden also direkt von euch kontaktiert?

Nicht, weil unser Terminkalender voll ist, sondern weil unser Roster schon ziemlich groß ist und wir nicht zu viele Bands unter Vertrag nehmen wollen. Ich habe schon immer Qualität vor Quantität gestellt und möchte, dass das auch so bleibt. Und ja, in der Tat, ich nehme keine Bewerbungen an, aber ich könnte einer Band trotzdem einen Vertrag anbieten, wenn ich das möchte.

DEBEMUR MORTI ist ein Familienunternehmen, du machst alles selbst, mit Hilfe von engen Freunden und Deiner Partnerin. Warum diese bewusste Entscheidung?

Erstens, weil es praktisch ist. Zweitens, weil wir von zu Hause aus arbeiten und keine “fremden” Mitarbeiter in unser Haus aufnehmen wollen oder können. Ich bevorzuge ein kleines, engagiertes Team, das wahre Wunder vollbringt.

“Ich glaube, dass weniger mehr und Qualität wichtiger als Quantität ist! Es gibt sowieso viel zu viel von allem da draußen. Niemand kann das alles genießen.” – DEBEMUR MORTI hat eine klare Arbeitsethik.

Eine Person, die zur DEBEMUR MORTI-Familie gehört, ist einer der geheimnisvollsten Künstler im Black Metal: Vindsval (BLUT AUS NORD) veröffentlicht seine Werke exklusiv über dein Label. Kannst du uns ein wenig darüber erzählen, wie ihr in Kontakt gekommen seid und wie sich eure Partnerschaft entwickelt hat?

Es ist schon eine ziemlich alte Geschichte, aber einmal, vor vielen Jahren, bekam ich eine Bestellung von Vindsval und ich erkannte seine E-Mail-Adresse, also fing ich an, mit ihm zu schreiben, da ich bereits ein RIESIGER Fan seiner Arbeit war. Wir unterhielten uns eine ganze Weile und fanden heraus, dass wir die gleiche Vision von Kunst hatten und beschlossen, zusammenzuarbeiten. Das ist jetzt Jahre her, und ich glaube nicht, dass wir uns vorstellen können, dass es anders funktionieren könnte! Er sagte einmal, wenn DEBEMUR MORTI aufhören würde, könnte er genauso gut BLUT AUS NORD auflösen.

Partnerschaft ist ein guter Punkt: Es ist großartig mitzuverfolgen wie ein Label dazu beiträgt, eine Band wachsen zu lassen, siehe WHITE WARD. Sie haben einen Punkt erreicht, an dem sie sicherlich auch zu größeren Labels wechseln könnten. Hast du Angst, dass ihr Bands nicht halten könnt, wenn sie zu groß werden?

Natürlich ist das Teil des “Spiels”. WHITE WARD haben Angebote von einem großen Label bekommen, aber sie haben sich, zumindest im Moment, dafür entschieden, bei uns zu bleiben. Auch BLUT AUS NORD, ULCERATE oder ARCHGOAT könnten bei (fast) jedem Label unterschreiben, aber sie entscheiden sich für uns, weil unsere Bindung stark ist.

Einige eurer Künstler sind sehr talentiert, aber die Chancen, dass sich die Alben gut verkaufen, sind gering. Ihr veröffentlicht sie trotzdem. Habt ihr also weniger finanziellen Druck als größere Labels?

Ich veröffentliche grundsätzlich das, was ich mag. Natürlich würde es nicht funktionieren, wenn wir von jeder unserer Veröffentlichungen zehn Exemplare verkaufen würden, zumindest nicht als Unternehmen, aber mein erstes Ziel ist es, die Musik zu verbreiten, die ich liebe. Und wenn sie sich dann auch noch verkauft, ist das umso besser! Ich glaube nicht, dass wir weniger finanziellen Druck haben als größere Labels. Ich glaube eher, dass das Gegenteil der Fall ist, denn sie haben viel größere Verkaufszahlen und verdienen daher wahrscheinlich mehr Geld als wir, so dass sie es sich leisten können, etwas zu veröffentlichen, das sich nicht gut verkauft, weil es von einem starken Zugpferd abgedeckt wird? Ich weiß es nicht.

Bist du auf langfristige Beziehungen mit Ihren Künstlern aus und schließt Verträge für mehrere Alben ab, oder verhandelst du mit den Bands für jede Veröffentlichung neu?

Ich versuche normalerweise, langfristige Beziehungen aufzubauen. Du hast vielleicht bemerkt, dass ich “aufbauen” geschrieben habe, nicht “erzwingen” oder “sichern”. Ich glaube, dass es einen guten Bindungsaufbau zwischen Band und Label braucht, wenn eine Beziehung lange halten soll.

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DEBEMUR MORTI Logo (c) Debemur Morti

Abgesehen von der erstklassigen Verpackung und der großartigen Pressqualität habt ihr einige Alben auch als Wax Mage und Party Monster Pressungen veröffentlicht. Die sind nämlich super limitiert und sehr teuer. Ich nehme an, das ist eine reine Fan-Sache?

Ja, ich bin selbst ein Fan und ich liebe Vinyl, also mache ich sie in erster Linie für Leute wie mich. Aber wichtig ist: Die Limitierung für diese Editionen werden durch das Presswerk auferlegt!

Ich kann mir auch vorstellen, dass es manchmal frustrierend sein kann, ein Label zu betreiben. Entweder ist man ein Hipster-Label, weil man Vinyl nicht nur in klassischem Schwarz veröffentlicht, oder die Leute beschweren sich, weil man Bands unter Vertrag hat, die sie nicht mögen. Was ist deine Antwort an diese Leute und wie hältst du dein inneres Gleichgewicht?

Nun, meine Antwort lautet: Gründet euer eigenes Label und macht es auf eure eigene Art!

“Ich glaube, dass es einen guten Bindungsaufbau zwischen Band und Label braucht, wenn eine Beziehung lange halten soll.” – Phil strebt langfristige Partnerschaften mit seinen Bands an.

Es muss einen Punkt gegeben haben, an dem du dich entschieden hast, deinen Brotjob aufzugeben, um dich ganz auf das Label zu konzentrieren und es wachsen zu lassen. Warum hast du dich nicht für diesen Weg entschieden?

Ich möchte mir den “Luxus” gönnen, nicht auf DEBEMUR MORTI angewiesen zu sein, um meine Rechnungen zu bezahlen. Es ist eine schwierige Entscheidung, denn zwei Jobs zu haben ist hart und sehr anstrengend, aber es befriedigt mich, dass ich wählen kann, welche Alben ich veröffentlichen möchte. Nicht weil ich meine Rechnungen bezahlen muss, sondern weil ich die Musik einfach liebe!

Ist dieser Weg auch der Grund, warum DEBEMUR MORTI weniger als zwölf Alben pro Jahr veröffentlichen?

Ganz und gar nicht. Wie ich schon sagte, arbeite ich ohne Fristen mit Bands, das ergibt sich also ganz natürlich. Aber noch einmal: Ich glaube, dass weniger mehr und Qualität wichtiger als Quantität ist! Es gibt sowieso viel zu viel von allem da draußen. Niemand kann das alles genießen.

Untrve Musikalarm: Deine Künstler wurden alle von dir selbst ausgewählt, DMP spiegelt also viel von deinem persönlichen Geschmack wider. Gibt es Musik, die dir gefällt, die du aber nie veröffentlichen würdest?

Auf jeden Fall! Eigentlich eine ganze Menge, haha.

Gibt es irgendwelche Bands/Künstler, von denen du geträumt hast, ihre Musik zu veröffentlichen, vielleicht auch außerhalb der Metal-Szene?

Ja und nein. Sagen wir so, ich liebe eine Menge unterschiedlicher Musik und würde natürlich gerne dazu beitragen, die Musik von Künstlern, die ich liebe, zu verbreiten. Aber am Ende erinnere ich mich selbst immer daran, dass ich mich nicht teilen kann, und das würde in einer Katastrophe enden. Aber im Metal-Genre hätte ich gerne SUMMONING oder LIMBONIC ART veröffentlicht.

Das Jahr 2024 hat gerade begonnen und es wird sicherlich eine Menge neuer Alben geben. Kannst du uns ein paar Tipps geben, worauf wir uns 2024 freuen können?

Neues Material von AKHLYS, MODERN RITES, SELBST und ULCERATE steht an. Außerdem findet das allererste DEBEMUR MORTI-Festival im kommenden Oktober statt. Das ist eine Menge, auf das man sich freuen kann! Ich bin sehr gespannt darauf!

Das war’s für den Moment. Vielen Dank für deine Antworten! Wenn du noch was loswerden willst, los geht’s!

Kommen Sie im nächsten Oktober zum DMP-Festival nach Oberhausen, Deutschland. Wir wollen etwas Unvergessliches machen!

Bilder (c) Debemur Morti Productions

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