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DARKANE: Listeningsession zu "Layers Of Lies"

Breit grinsend empfangen DARKANE-Schlagzeuger Peter Wildoer und Gitarrist Christofer Malmström die versammelte Journaille im Chefbüro von Nuclear Blast. Und zu Frohsinn haben die beiden allen Grund, wie sich alsbald herausstellt, denn ihr Vorhaben, den Sound von DARKANE noch extremer auszureizen, ist auf “Layers Of Lies” hörbar gelungen.

Nervös, aber breit grinsend beobachten DARKANE-Schlagzeuger Peter Wildoer und Gitarrist Christofer Malmström die versammelte Journaille im Chefbüro von Nuclear Blast, während die ersten Klänge von “Layers Of Lies” über die Anlage laufen. Und zu Frohsinn haben die beiden allen Grund, wie sich alsbald herausstellt, denn ihr Vorhaben, den Sound von DARKANE noch extremer auszureizen, ist auf “Layers Of Lies” hörbar gelungen. Die Thrashparts konnten ihren Anteil ausbauen, während die Refrains zumeist enorm eingängig und sphärisch gehalten sind und somit zu noch größeren Ohrwürmern als die Songs von “Expanding Senses” mutieren. Die Zufriedenheit im Bandlager ist also berechtigt. Entsprechend auskunftsfreudig zeigt sich Peter Wildoer, der für vampster jeden Song einzeln aus Sicht der Band kommentiert – in nahezu perfektem Deutsch, da sein Vater aus dem Ruhrpott stammt und er froh ist, in Interviews mit der deutschen Presse seine Zweitsprache zu trainieren. Doch wie klingt nun “Layers Of Lies” im Detail?

“Amnesia Of The Wildoerian Apocalypse”

“Wagner lebt, und zwar in Schweden!” Das ist der erste Gedanke, der beim Hören des klassischen Intros durch den Kopf schießt. Da merkt man, dass es doch einen Unterschied zwischen gesampelten Synthiestreichern und echten Instrumenten gibt. Hinzu kommen ähnlich wie beim Intro des Debütalbums bombastische Chöre, sodass das Terrain bereitet ist für den ersten Thrash-Paukenschlag. “Wir wollten wie bei “Rusted Angel” ein klassisches Intro haben. Anders als bei “Insanity” konnten wir diesmal wieder mit Leuten vom Fach arbeiten, die wussten, wie unser Intro klingen sollte, weshalb wir sehr zufrieden mit dem Ergebnis sind.”

“Secondary Effects”

Ein nervöser, bizarrer Gitarrenlauf klingt an, der in der Folge von rasenden Drums mit amtlicher Präzision verdroschen wird. DARKANE machen klar, dass es ihnen auf “Layers Of Lies” vor allem darum ging, das Tempo anzuziehen und zugleich die melodischere Seite der Band noch homogener in dieses Inferno zu integrieren. Umso bewundernswerter, dass dabei der hohe Grad an Komplexität nach wie vor nicht unter den Tisch fällt. Textlich wird ein Dean R. Koontz-Roman verwurstet: “Dort geht es um einen Menschen, der sich von einem normalen Typen zu einem bösartigen Reptil verwandelt. In unserem Text wird die Entwicklung hingegen eher mental vollzogen,” erklärt Peter.

“Organic Canvas”

Dass der Beginn von “Secondary Effects” noch zu toppen ist, beweist gleich im Anschluss “Organic Canvas”. Noch hektischer und psychotischer flirren die Gitarren, das Schlagzeug steigert sich gar in eine Blastbeat-Orgie hinein. Es folgt eine eingängige Bridge, die gekrönt wird von einem extrem harmonischen, epischen Refrain, der ein wenig an die Kollegen von SOILWORK erinnert, ohne abgekupfert zu wirken. Hinzu gesellen sich noch fiese Stakkatoklampfen und ein melodisches Solo im Mittelteil, und fertig ist der Thrashklassiker. Entsprechend derb ist auch Peters Text dazu ausgefallen: “Ich habe über einen Serienmörder geschrieben, der von sich glaubt, kein Verbrecher, sondern ein Künstler zu sein. Er ärgert sich, wenn die Presse von Mord spricht, da er von seinen Verbrechen glaubt, dass sie Kunst auf Menschenhaut seien.”

Darkane - Promobild aus dem Jahr 2005
Das Vorhaben, den Sound von DARKANE noch extremer auszureizen, ist auf “Layers Of Lies” hörbar gelungen.

“Fading Dimensions”

Von wegen Verschnaufpause! Der schleppende Anfang des nächsten Songs, den Peter mit dem darauffolgenden Titelstück als textliche, von “Matrix” beeinflusste Einheit betrachtet, stoppt zwar kurzfristig die Ballermanie, ist aber viel zu heavy, um die Luft rauszulassen. Und prompt drückt die Band das Gaspedal wieder durch. Der Refrain wiederum offenbart, dass DARKANE besonderes Augenmerk auf schlüssige Songstrukturen gelegt haben, die zu einem überwältigenden Höhepunkt führen – wiederum durch einen bombastischen Harmonieoverkill im Refrain, wobei jedoch Sänger Andreas Sydow auch hier mit geballter Wucht weiterkreischt, statt der Versuchung, im Metalcore-Lager zu punkten, nachzugeben. Amtlich! “Andreas war diesmal sehr viel selbstbewusster. Er musste nicht so viele verschiedene Vocals einbauen, sondern konnte einfach so singen, wie es am natürlichsten ist für ihn. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass seine Vocals nicht zu kommerziell klingen, sondern sehr aggressiv. Er hat seinen Stil endgültig gefunden.” Einzig der bislang stets ähnliche Aufbau aller soweit gehörten Songs nach der perfekten DARKANE-Songwritingformel lässt befürchten, dass in der Folge Abnutzungserscheinungen auftreten könnten.

“Layers Of Lies”

Dem wirken die Jungs mit dem abwechslungsreichen, reichlich vielschichtigen Titeltrack entgegen, der nach vielen Hördurchgängen schreit, aber schon beim ersten Hören manche Reize preisgibt. Da wären beispielsweise die unverzerrte Gitarren-Fingerübung zu Beginn oder das getunte Achziger-Jahre-Thrashriff im Mittelpart zu nennen. Hier entpuppt sich der klare, druckvolle Sound als unerlässlich. “Eigentlich war geplant, mit Daniel Bergstrand aufzunehmen. Das war noch, bevor er die aktuelle IN FLAMES-CD produziert hat. Aber ich bekam dann Probleme mit meinen Handgelenken, sodass ich von Januar bis Juli 2004 nicht mehr Schlagzeug spielen konnte. Danach dauerte es natürlich dann noch, bis die Muskulatur wieder aufgebaut war. Daniel hatte da jedoch keine Zeit mehr, weshalb wir selbst die Produktion in die Hand genommen haben. Wir sind bei den ersten drei Platten durch Daniels großartige Schule gegangen, weshalb wir wussten, was wir wollten. Klas arbeitet eh in einem Studio, Andreas ist beruflich Livemischer und ich habe inzwischen auch schon an die 15 Alben als Musiker aufgenommen. Wir wissen also mittlerweile selber ganz gut, wo man die Mikros hinstellen muss.” Probleme mit mangelnder Distanz zum eigenen Material kamen dabei kaum auf: “Die Marschrichtung war klar: Wir wollten von Anfang an mit “Layers Of Lies” eine dreckige Platte aufnehmen, die wie ein akustischer Hieb in die Magengrube klingt.”

“Godforsaken Universe”

Hier kennen DARKANE keine Gnade mehr und knüppeln alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Derbe Gitarren und heftiges Trommeln fönen die Frisur nach hinten, bevor – man ahnt es – der fünfte herausragende Chorus in Serie das Glück des DARKANE-Fans vollkommen macht. Bleibt eigentlich nur die Frage, was das komische Schwertkampf-Sample im Hintergrund zu bedeuten hat. Eine versteckte Reminiszenz an MANOWAR etwa? “Haha, nein! Die Samples hatte ich damals mit Daniel Bergstrand für “Insanity” aufgenommen, doch dann nicht verwendet. Wir waren dazu auf einen Schrottplatz gegangen und hatten uns dabei aufgenommen, wie wir wie die Verrückten mit zwei Metallstangen auf Autos einschlugen. Zu diesem Track passen diese Sounds prima, während wir auf dem neuen Album ansonsten weniger Samples verwendet haben.”

“Klastrophobic Hibernation”

Lachend verneint Peter die Frage nach einem Rechtschreibfehler im Titel dieses eher kurzen, unspektakulären Instrumentals. “Wie beim Intro, dessen Titel von meinem Nachnamen hergeleitet ist, stammt dieser Titel vom Namen unseres Gitarristen Klas Ideberg ab. “Hibernation” bedeutet ‘Winterschlaf’, auf Schwedisch ‘Ide’.”

“Vision Of Degradation”

Midtempo und triolischer Rhythmus sind zunächst angesagt, was zwar für Auflockerung sorgt, jedoch den bis dahin aufgebauten enormen Druck etwas entweichen lässt. Erst in der zweiten Hälfte gewinnt der Track an Gesicht und besticht mit einem geilen Gitarrensolo. “Klas war in Indien, um dort für seine Abschlussarbeit über Obdachlose zu recherchieren. Diese Hölle auf Erden, ohne Essen und ohne jeden Besitz leben zu müssen, hat ihn zu diesem Text inspiriert. Man merkt schon, dass es in seinen Lyrics etwas ernsthafter zugeht als in meinen Gruselstories.”

“Contaminated”

Was für eine coole Bridge! Stakkatorhythmik und derbes Drumming lassen den Speichelfluss außer Kontrolle geraten…und was machen DARKANE? Bringen diesen Götterpart nur einmal im ganzen Song! Entweder ist das grob fahrlässig oder die Schweden sind schlicht coole Säue. Wahrscheinlicher ist letzteres, da der wiederum superbe Refrain folgt und für diese Frechheit entschädigt. Der Höhepunkt des Albums!

“Maelstrom Crisis”

Wie schon “Klastrophobic Hibernation” ist “Maelstrom Crisis” ein Instrumental, das zwar nette Spielereien auf den Drums beinhaltet, ansonsten jedoch eher unnötig erscheint, da es den gerade wieder unter Volldampf rasenden Bandzug ausbremst. Da entschädigt das erneute Wortspiel im Titel, diesmal auf Saitenquäler Christofer Malmström gemünzt, nur unzureichend. “Der Track erinnert mich ein bisschen an den Sound von Christofers neuem Nebenprojekt NON HUMAN LEVEL, bei dem ich den Gesang übernehmen werde,” verrät Peter. “Der ehemalige MESHUGGAH-Basser Gustaf Hjelm hat dort den Bass-Posten übernommen. Er ist ein alter Freund von uns.”

“Decadent Messiah”

Der Nu-Metal-Groove zu Beginn des vorletzten Songs wird schnellstens DARKANEifiziert und das Tempo angezogen. Wiederum prägen hibbelige Gitarrenläufe und Riffs der derberen Sorte das Gesamtbild, und diesmal wird auch im Refrain das Aggressionslevel nicht reduziert. In den Lyrics von Andreas geht es “um Selbstmordattentäter im weitesten Sinne, also auch um Kamikazeflieger im Zweiten Weltkrieg, aber eben genauso um die aktuellen Geschehnisse. Für uns ist es einfach unvorstellbar, wie Menschen für politische Dinge das eigene Leben opfern können,” berichtet Peter.

“The Creation Insane”

“Etwas Besonderes, Anderes” soll laut Peter der jeweils letzte Track auf jedem DARKANE-Album darstellen, was bedingt auch für “The Creation Insane” gilt, allerdings fährt der Einstieg all jene typischen Elemente auf, die man an DARKANE so lieben kann: wilde Rhythmik, derbes und doch kontrolliertes Geballer, dazu die unwiderstehlichen Melodiefetzen. Ein Death Metal-Refrain und zielsicher eingesetzte Pizzicato-Streicher im Hintergrund sorgen dennoch für ungewöhnlichere Momente. “Das ist einer der Songs mit MESHUGGAH-Einflüssen – wie so ziemlich jeder Song, an dem ich beteiligt war,” lacht Peter spitzbübisch.

Darkane - Das Cover zu LayersofLies
Ohne von der Idee hinter “The Creation” zu wissen, kreierte Fredrik Ödman das perfekte Cover zum Album

Das Coverartwork

Als echter Augenfänger entpuppt sich auf den ersten Blick das Frontcover der CD, da es einerseits zwar bestens zum musikalischen “Godforsaken Universe” von DARKANE passt, andererseits stellt es sich schnell als unkonventionell heraus, wenn man sich den Details widmet. “Fredrik Ödman heißt der Künstler. Ein Freund von mir war auf einer Ausstellung von Fredrik in Malmö und rief mich begeistert an, um mir klarzumachen, dass dieser Künstler unbedingt unser neues Cover machen muss. Auf der Homepage von Fredrik Ödman fand ich das später dann verwendete Bild und war völlig baff, als ich sah, dass er das Bild, ohne natürlich von unserem fast gleichnamigen Song zu wissen, “The Creation” genannt hat. Somit war klar, dass es das Bild sein muss. Uns gefällt daran, dass man so viele Einzelheiten entdecken kann, fast schon wie bei einem alten IRON MAIDEN-Coverartwork. Außerdem passt das gut zu unserer Musik. Fredrik hat auch unsere Bandfotos geschossen, da waren auch einige verrückte Ideen dabei. Der Typ ist einfach krass.”

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