Gute Frage, gute Antwort: ja. Kein Wunder, wenn man auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig angeblafft und alle paar Meter Zeuge absoluten Elends wird – so ist das halt in der besten aller Welten, nicht wahr, und das will künstlerisch verarbeitet werden, z.B. mit „German Depressive Black Punk“, wie VRDRBR ihren Stil beschreiben, und das passt wirklich hervorragend und hat mich schon vor einiger Zeit dazu verleitet, ihrem Album „Verderber“ (geht doch!) ein paar Durchläufe zu gönnen.
Allein, damals konnten sie mich trotz des mir auf dem Papier total taugenden Konzepts und keineswegs schlechter Lieder nicht vollends überzeugen – zu häufig wurde das Gimmick einer dumpf verzerrten Stimme verwendet, zu banal war das Riffing. Mit „Mono | Tod“ folgt nun etwas mehr als ein Jahr später schon das zweite Album, erneut kurz und knackig, mit nur fünf eigenen Liedern und einem Cover schon fast eher eine EP, aber die 35 Minuten überschreiten sie, und ich kann nur sagen: zum Glück!
Ein traurigschönes Kleinod und große Klagekunst
Denn VRDRBR schaffen es, auf diesem Kleinod ein gutes, ein sehr gutes und vier brilliante Lieder zu veröffentlichen und werden dabei über die Spielzeit auch noch immer besser: perfekt, so geht das, so freut es mich, so kann ich damit zur Arbeit fahren und mit klarem Kopf dort ankommen. Der Titeltrack startet den Reigen dabei trotz vollen Einsatzes am Mikro noch eher verhalten – wenngleich auch hier schon auffällt, wie stark produziert die Platte ist -, aber spätestens beim melancholischen Höhepunkt von „Dezembertraum“ bin ich der Band endlich verfallen: Das ist große Klagekunst, eine finstere Herbst- und Winterlitanei voller Sehnsucht und Verzweiflung, und genau so geht’s auch weiter.
Denn mit „Insomnie (Nachtangst)“, dem zum Niederknien hymnischen „Abgrund“ und dem extrem schleppenden und mit Piano veredelten „Abschied“ liefern VRDRBR die Höhepunkte ihres bisherigen Schaffens ab. Ersteres startet dabei mit einem herrlichen Depro-Punk-Riff und integriert als willkommene Abwechslung sogar Blast Beats wieder in den Sound, ehe die letzteren beiden dann aber endgültig in doomige Gefilde aufbrechen und die totale Melancholie ausbrechen lassen; erst recht, wenn mit dem wunderschönen Stück „30. Juli, bewölkt“ zum krönenden Abschluss das zweifellos beste Stück des großen Vorbilds FÄULNIS gecovert wird: Was für ein Riff, perfekt für das bierselige Trübsinnblasen am Hamburger Hafen oder wo man auch sonst ein paar trübe Blicke auf graues Wasser erheischen kann.
Fantastische Produktion, tröstlicher Klang
Ich habe es schon angesprochen: Die Produktion dieses Albums ist überwältigend gut. Man könnte ja denken, dass soviel Tristesse und Elend nach kratziger Kälte verlangt, aber VRDRBR gehen den gegenteiligen Weg und spendieren ihren Gitarren das Maximum ein Fülle und Wärme sowie einen gleichermaßen satten wie dreckigen Bass, so dass ein Klang zum Reinlegen entsteht, der für sich genommen gar keine geilen Riffs bräuchte, um zu wirken, und zwar – man glaubt es kaum – tröstlich. In Kombination mit diesen unwiderstehlichen Harmonien und dem versoffenen Verzweiflungsgeschrei des Sängers entsteht so eine Mischung, die wahnsinnig tief geht und kathartische Wirkung entfaltet – ein Höhepunkt dieses tristen Jahres.
Spielzeit: 35:13 Min.
Veröffentlichungsdatum: 20.10.2025
Label: Fucking Kill Records
https://vrdrbr.bandcamp.com/album/mono-tod
Tracklist – VRDRBR – „Mono | Tod“
1. Mono | Tod
2. Dezembertraum
3. Insomnie (Nachtangst)
4. Abgrund
5. Abschied
6. 30. Juli, bewölkt (FÄULNIS-Cover)