So ganz wollte der Verfasser nicht mehr mit TEITANBLOOD rechnen. Schließlich war es ein herber Schlag für die Death Metal-Band aus Madrid, als Coverzeichner und mehr oder weniger fünftes Bandmitglied Timo Ketola im Herbst 2020 starb. Und dann verstrichen auch noch mehr als fünf Jahre seit „The Baneful Choir“. Immerhin, auch wenn der Fünfjahresrhythmus von TEITANBLOOD nun dahin ist, mit „From The Visceral Abyss“ kehrt die Band zurück und treibt ihre Entwicklung fort – mit jenseitiger Hilfe von Ketola, dessen Texte das Grundgerüst des vierten Albums darstellen.
Und ja, TEITANBLOOD haben eine Entwicklung hinter sich. „Seven Chalices“ und „Death“ werden zu Recht als der Höhepunkt des Chaos im Death Metal, an der Schwelle zum Black Metal gewertet. Dass ebenjenes, höchst impulsive Chaos kontrolliert werden kann, zeigen TEITANBLOOD selbstbewusst. Dass der Sound gleichzeitig voluminöser, aber keinen Deut ungefährlicher werden kann, ebenfalls. Ihre Ästhetik und ihre Energie ist auf ihrem vierten Album „From The Visceral Abyss“ die bisher Definierteste und der Fokus wird noch mehr weg vom Black Metal und hin zum Death Metal gelenkt. Vielleicht gibt es diese neue Definiertheit auch des Gitarrensounds wegen, der nur oberflächlich verwaschen klingt – seine Prägnanz hält das Album zusammen.
„From The Visceral Abyss“ zeigt TEITANBLOOD definierter und mit Fokus auf Death Metal, ohne an Biss zu verlieren oder das Chaos abzumildern
TEITANBLOOD fahren in sechs Songs und fünfzig Minuten dabei mehr auf, als es auf den ersten Eindruck scheint. „Enter The Hypogeum“ ist ein chaotischer Dammbruch, ganz so als hätte sich in der Band in den fünfeinhalb Jahren seit „The Baneful Choir“ sehr viel aufgestaut. „And Darkness Was All“, das ebenso im Chaos gipfelt, davor aber eine durch die Leadgitarren beinahe harmonische und irgendwie auch – ja, es klingt sonderbar – meditative Stimmung in sich trägt, zeigt eine neue Seite der Spanier. Das ist allerdings hauchzart eingearbeitet, auch hier dominiert die Brutalität eindeutig. „Sepulchral Carrion God“, „From The Visceral Abyss“ und „Strangling Visions“ setzen diese ultrabrachialen Riffs in Verbindung mit wildestem Death Metal-Drumming, seien es Blast Beats oder gar D-Beats. Hier erlauben es sich TEITANBLOOD, auch mal catchy zu sein – in homöopathischen Dosen, versteht sich.
Mit „Tomb Corpse Haruspex“ zeigen TEITANBLOOD dann am Ende erneut, wie gut ihnen Songs in Überlänge stehen. Nach einem äußerst atmosphärischen und ausladenden Intro explodiert das Stück. Orgiastische Euphorie und Ekstase gepaart mit physisch fühlbarer Energie setzt ein Statement. In diesem Song zeigt sich auch, wie gut diese Band an sich funktionier. Das Drumming liefert mehr als nur Blast Beats, es setzt auch Akzente beim Spiel auf den Toms. Die Leadgitarren sorgen für Details, die hysterischen und boshaften Vocals für den Wahnsinn und das Chaos. Und verdammt nochmal: Was ist das für ein unfassbarer Gitarrensound? Wie TEITANBLOOD gemeinsam diesen Song in Richtung Epik entwickeln, ist beispiellos. Und ja, BLACK CURSE mögen sensationell gut sein, ARCHGOAT und zahlreiche andere Genrevertreter mögen Spaß machen, aber TEITANBLOOD sind in dieser Musik der Goldstandard, weil unter der rohen Fassade die Kunst und das Können überdeutlich heraussticht.
Auch das vierte TEITANBLOOD-Album „From The Visceral Abyss“ ist der Goldstandard im Death-Black Metal
Für den Verfasser soll Death Metal genau so klingen. Entfesselt und gefährlich, statt gezügelt und domestiziert, wie ein braves Hündchen, das in der Stube liegt und sich die Genitalien leckt. TEITANBLOOD erzeugen eine Energie, eine Wildheit und lassen etwas Ursprüngliches wieder aufleben. Das ist amoralische, obszöne Musik, und kitzelt dabei die inneren Stellen im Publikum, die das Bewusstsein ansonsten eher beiseite schiebt. Endlich darf das Bestialische herausgelassen werden, und es tut so gut! Die Hingabe an Chaos und Tod, an diese urwüchsige und destruktive Kraft, die in allen Menschen schlummert und im Zaum gehalten wird, darf und sollte betrachtet werden und an die Oberfläche geholt werden. TEITANBLOOD eignen sich mit „From The Visceral Abyss“ hierfür als die besten Sparringspartner.
Wertung: 6,5 von 7 Schwefelvergiftungen
VÖ: 28. März 2025
Spielzeit: 51:58
Label: Norma Evangelium Diaboli
TEITANBLOOD „From The Visceral Abyss“ Tracklist:
1. Enter The Hypogeum
2. Sepulchral Carrion God
3. From The Visceral Abyss
4. Sevenhundreddogsfromhell
5. Strangling Visions
6. And Darkness was All
7. Tomb Corpse Haruspex
TEITANBLOOD „From The Visceral Abyss“ Full Album Stream bei Youtube
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