STEVE HOWE: Spectrum

Die ersten zwei Durchgänge denkt man durchaus schon mal an eine Scheibe für "Hemd- und Cordhosen-Träger" und Möchtegern-Intellektuelle. Aber damit tut man "Spectrum" Unrecht. Es ist eine klasse Sommerscheibe zum Nebenherhören beim gemütlichen Grillabend oder beim Email-Schreiben, man kann aber auch wunderbar in den Songs versinken und einfach zuhören.

Ha, ich kann mich noch gut erinnern: als ich ein kleiner Furz war hatte der große Nachbarjunge die 3-LP-Live-Platte Yessongs gekauft und mich wochenlang damit zugedudelt. Aber solche Schicksalsschläge dürften den heute 58-jährigen STEVE HOWE kaum interessieren. Der aus dem Norden Londons stammende Mann hat es immerhin geschafft, mit Bands wie ASIA, GTR und vor allem natürlich den Prog-Pionieren YES Rockgeschichte zu schreiben. Dazu kommen noch reichlich Soloplatten, Spectrum dürfte jetzt Nummer 11 sein. Gerade diese Soloscheiben zeichneten sich immer durch ein hohes Maß an Abwechslung aus, keine glich der anderen. Auch Spectrum hebt sich wieder von den letzten Platten ab. Wo der Vorgänger Elements sehr orientalisch anmutete und Skyline wunderbar locker leichte Klänge bot, wird auf dem aktuellen Soloalbum … ja, ein breites Spektrum geboten an verschiedensten Songs, immer geprägt von Howes Vorlieben für jazzige, klassische, bluesige und auch mal country-mäßige Töne.

Als Anspieltipps bieten sich gleich die ersten drei Songs an. Der Opener Tigers den rockt flott voran, schwebt zwischen treibenden Beats, zarten jazzigen Momenten und Melodien aus dem Country-Rock. Labyrinth beginnt mit klassischen Akkustik-Klängen, jazzt dann locker flockig drauflos, nicht ohne dann doch ein paar rockende Momente einzubauen und wieder zum klassischen Thema zurückzufinden. Einfach klasse ist Band of light. Mit Steelguitar, lateinamerikanischen Rhythmen und extrem leichtem Feeling erinnert der Song an 80er SANTANA. Man sieht sich geradezu auf der Veranda im Abendrot entspannt den braungebrannten Schönheiten am Strand zuschauen, in der Hand natürlich einen kühlen Tequilla Sunrise. So geht es auf der ganzen Scheibe weiter. Jeder Song kreiert sein eigenes Feeling, egal ob jazzig, mit leichtem Country-Touch, asiatisch angehaucht, auch mal bluesrockig oder Richtung Weltmusik tendierend. Alle Elemente fließen passend und homogen in die Songs ein und es macht einfach Spaß, die Lieder anzuhören. Hier und da wird`s auch mal etwas lauter und rockiger, aber tragend ist immer das virtuose Gitarrenspiel von Howe, welches sich ausdrucksstark und locker durch die Songs zieht, und die auffallend lockere Ausstrahlung der meisten Songs. Nur selten kommen ein paar melancholische Töne durch, die aber ihren Teil zum Gesamtwerk beitragen. Howes geliebte Sitar kommt natürlich auch hier und da zu Wort auf dieser rein instrumentalen Scheibe.

Einen Teil zu diesem entspannten Feeling trägt sicher auch die Band bei, wieder mit den eigenen Söhnen Dylan an den Drums und Virgil am Moog dürften viele der Songs in familiärer Stimmung entstanden sein. Unterstützt von Oliver Wakeman an den Keyboards, dem Sohn von Howes langjährigen YES-Kollegen/Keyboardkünstler RICK WAKEMAN, und Groovemonster Tony Levin (KING CRIMSON, PETER GABRIEL, ASIA) am Bass bietet Spectrum eine bunte Sammlung anspruchsvoller Musik. Hier findet kein Prog-Rock im heutigen Sinne statt, nur selten tauchen verschachtelte Momente auf. Auf dieser Platte ist es die Ausstrahlung der Songs was zählt, und diese kommen mit einer unprogigen Spiellänge von meist 4-5 Minuten schnell auf den Punkt.

Die ersten zwei Durchgänge denkt man durchaus schon mal an eine Scheibe für Hemd- und Cordhosen-Träger und Möchtegern-Intellektuelle. Aber damit tut man Spectrum Unrecht. Es ist eine klasse Sommerscheibe zum Nebenherhören beim gemütlichen Grillabend oder beim Email-Schreiben, man kann aber auch wunderbar in den Songs versinken und einfach zuhören. Aber Ihr könnt ja mal auf der Howes Homepage reinhören. An den ganz harten Metallern dürfte sie aber wohl vorbeileiern wie meine uralte Kassette mit Yessongs drauf (eine Pflichtscheibe für Proggies!!!).

Veröffentlichungstermin: 27.06.2005

Spielzeit: 60:45 Min.

Line-Up:
Steve Howe – Gitarre

Tony Levin – Bass

Virgl Howe – Keyboards, Moog

Oliver Wakeman – Keyboards

Dylan Howe – Schlagzeug

Produziert von Steve Howe
Label: Inside Out Music

Homepage: http://www.stevehowe.com

Tracklist:
01. Tigers Den

02. Labyrinth

03. Band Of Light

04. Ultra Definition

05. Ragga Of Our Time

06. Ebb And Flow

07. Realm Thirteen

08. Without Doubt

09. Highly Strung

10. Hour Of Need

11. Fools Gold

12. Where Words Fail

13. In The Skyway

14. Livelihood

15. Free Rein

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