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SLAEGT: Goddess

Was für fantastische Songs! Was für eine misslungene Produktion!

Irgendwie fühle ich mich in letzter Zeit wie der Redaktions-Sound-Meckerer vom Dienst. Schon wieder ein Review, in dem ich nur über den Sound herziehe!

Dabei wäre doch eigentlich alles gut. Der Loudness-War scheint zunächst mal (im Metal, oder vielmehr dem Metal, den ich so höre) mehr oder weniger vorbei zu sein  und die Kompressor-Pumpen-Fetischisten haben nicht gewonnen. Die Produktionen werden zu meiner Freude wieder natürlicher und dynamischer, teilweise sogar dreckiger ohne direkt in Lo-Fi abzugleiten. Herrlich!

Aber was mache ich „gumpy old man” jetzt? Ich meckere rum, weil es mir dann sogar schon „zu gut“ klingt….Mir ist halt nicht zu helfen.

Was mich auf direktem Wege zur neuen Platte “Goddess“ von SLAEGT führt. Da weiß ich mir nämlich auch nicht zu helfen, denn wieder einmal ist es die Produktion, die den Hör-Genuss hier für mich zunächst mal vergällt.

Denn leider, ja verdammt, leider setzt die Band den bereits auf den letzen Veröffentlichungen begonnenen Trend fort, das Soundbild immer merkwürdiger, dünner und diffuser zu gestalten. Auf „“Goddess“ wird hier ein Höhepunkt erreicht, dessen Sinn sich mir aber nicht mehr erschließt.

Reduce to the vollkommene Übertreibung

Ich kann ja mitgehen, wenn man un-metallischer klingen will, seinen Sound gleichzeitig kälter und reduzierter darstellen möchte, dafür Distortion aus den Gitarren nimmt, ja fast cleane Rhythmus-Gitarren spielt, den Drums und dem Bass eine prominentere Stellung einräumt, um post-punkige Elemente im Songwriting auch im Sound zu betonen.

Alles gut, ein Ansatz, den ich nachvollziehen kann. Das haben ja nicht zuletzt CHAPEL OF DISEASE in hervorragender Weise vorgemacht und natürlich TRIBULATION in für mich nicht ganz so hervorragender Weise, auch wenn das manche anders sehen.

Aber muss man es direkt so radikal machen wie auf “Goddess”? Ist das Stilmittel der Reduktion es wert, den Gitarrensound der Platte so zu verhunzen wie in diesem Fall? Wir reden hier ja immer noch von Rock-Musik, in der die Gitarre nun mal ein elementares Instrument darstellt. Und wir reden hier von einer Band, die verdammt gute Riffs und Melodien schreiben kann.

SLAEGT machen die Reduktion nämlich leider nicht mal halb so gut wie die oben erwänten Kölner auf ihrem letzten Album. Der Gitarren-Sound auf „Goddess“ erinnert mich stark an mein erstes Gitarren-Equipment, das Mitte der 80er aus einer Press-Span-Gitarre von Marathon und einem No-Name 20W-Transistor-Combo bestand, der vermutlich eher für Tanzmucker gedacht war, aber immerhin einen Distortion-Knopf besaß, auch wenn dieser nur marginal in den Sound eingriff. Das Set Up war in der Lage einen ähnlich drucklosen Eier-Schneider-Sound zu produzieren, wie ihn die Dänen hier als Sound der Rhythmus-Gitarren präsentieren. Was soll das? Wie gesagt, ich verstehe den Ansatz und den Wunsch sich konsequent auszudrücken und abzusetzen. Aber es klingt einfach nur dünn. Und es ist nicht das einzige Problem an der Produktion.

Denn zusätzlich zur Drucklosigkeit sind die Rhythmus-Gitarren sehr weit in den Hintergrund gemischt. Im Endeffekt hört sich die Platte an, als wäre der für das Rhythmus-Riffing zuständige Kollege nicht zur Probe erschienen und seine Parts kommen vom Ghetto-Blaster in der Ecke, während der Rest der Band in normaler Lautstärke probt. Das ist nicht reduziert und aufs Wesentliche eingedampft, das ist unharmonisch und einfach schlaff. Und es wird den Songs in keiner Weise gerecht.

Verdammt gute Songs voller Feuer

Also warum schreibe ich jetzt eigentlich so lang und breit darüber?  Ich hätte ja sagen können, klingt doof, schade, nächstes Mal vielleicht. Aber der missratene Sound ärgert mich umso mehr, weil die Songs so VERDAMMT GUT sind. SLAEGT schaffen es dieses Mal mehr als zuvor ihre Düsternis in packende Songs zu gießen, weniger zugänglich als zuletzt, aber gerade deswegen umso intensiver.

Gleich mit dem noch ehesten Gothic-lastigen Opener „Deceived by an Amethyst“ ist zu spüren, dass sich die Band viel vorgenommen hat für dieses Album, das sie vor Energie und Intensität sprüht. Vor allem Drum-Rückkehrer Adam „CC“ Nielsen liefert eine fantastische Performance ab. Sein klassisches, aber treibendes Spiel mit Ghost-Notes, kurzen Snarefills und Bassdrum-Figuren lässt in den Songs die brennende Getriebenheit lebendig werden, die in den Riffs und vor allem den Melodien bereits vibriert, und die SLAEGT wie kaum eine andere Band in wirklich mitreißende und packende Musik zu bannen verstehen. (Ok, er ist ja auch aufgrund der oben beschriebenen Umstände wirklich sehr gut zu hören.)

„Hunt again“ mit fast schon doomigem Intro und nachfolgend sehr schönem NWOBHM-Riffing mit Black Metal Atmosphäre nimmt die Textzeile „We´re out to hunt again“ absolut ernst. „Kiss from a Knife“ mit chaotischen Blast Beats und Geschwindigkeit wirkt fast brutal in diesem Zusammenhang, nur um im weiteren Verlauf in fragilem Chaos fast zu zerbrechen.

Ein Song wie „Fealty, Thunder Whip“ gespickt mit Ohrwurm-Melodien und trotzdem schroff und abweisend ist ein kleines Meisterwerk. Der Titelsong, mit Twin-Gitarren und einer wilden Jagd durch Atmosphäre und Riff-Feuerwerk in seinen 11 Minuten steht dem in Nichts nach und hebt die Band auf ein neues Level. Das ist schlicht Heavy Metal wie er sein soll: Düster, bedrohlich, strotzend vor Energie, obskur und undurchschaubar, nur das man hier anstatt des Klappmessers eben den Opferdolch zwischen den Zähnen hat und dabei immer musikalisch ausgefeilt und feingeistig bleibt.

Am Ende kommt mit „Stabat Bloddy Stabat“ ein eher verzichtbares Instrumental mit Kirchen-Orgel und dann? Was? Die Platte ist schon rum? Ernsthaft? Ja, tatsächlich sind hier 41 Minuten vergangen wie ein Wimpernschlag. Wahnsinn, was für fantastische Songs! Was für eine misslungene Produktion!

Ich werde lange brauchen, um mir den Gitarren-Sound schön zu hören, aber aufgrund der wirklich meisterhaften Songs, wird es sich lohnen. Ganz bestimmt.

Label: Century Media Records
Release Date: 18.03.2022

Line-Up:
Oskar J. Frederiksen – Vocals, Guitar
Olle Bergholz – Bass, Vocals
Anders M. Jergensen – Guitar
Adam „CC“ Nielsen – Drum

SLAEGT: Goddess Tracklist

1. Deceived by an Amethyst (Lyric-Video bei YouTube) 
2. Kiss from a Knife (Video bei YouTube)
3. Hunt Again
4. Fealty, Thunder Whip (Edit bei YouTube)
5. Stabat Bloody Stabat
6. Goddess

https://www.facebook.com/Slaegt/

https://slaegt.bandcamp.com/music

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