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GRAVE DIGGER: Rheingold

Die Totengräber schaufeln mit "Rheingold" wider Erwarten der Kritiker nicht an ihrer eigenen Ruhestätte weiter, sondern beerdigen vielmehr die Vorurteile, die Band habe ihr letztes Lebenszeichen bereits verlauten lassen…

Ob Richard Wagner vom neuen GRAVE DIGGER-Release Rheingold, bei dem es sich um eine Adaption seines bereits seit knapp 130 Jahren existierenden Monumentalwerks Der Ring des Nibelungen handelt, besonders angetan wäre, sei mal so dahingestellt. Es dürfte jedoch außer Frage stehen, dass sich die große Stärke der Totengräber in der Vergangenheit vor allem beim Vertonen von mittelalterlichen Konzepten äußerte, weshalb die Erwartungen an diese schwermetallische Variante der wohl bekanntesten deutschen Sage im Vorfeld immens waren.

So viel sei vorweggenommen, die Totengräber werden diesen Voreinschätzungen mit ihrem mittlerweile zehnten Studioalbum mehr als gerecht und erreichen somit eine deutliche Steigerung gegenüber dem nicht nur auf Gegenliebe gestoßenen Vorgänger The Grave Digger. Das Intro The Ring schafft einen gelungenen Spannungsbogen und mit dem Titeltrack folgt bereits der erste neue Hit der Band, bei dem besonders das präzise Riffing und die knackigen Leads von Ex-RAGE Klampfer Manni Schmidt, der seit dem letzten Output den Posten von Uwe Lulis vertritt, auffallen. Der Gesang von Chris Boltendahl, der übrigens im Vergleich zu den letzten Werken nicht mehr ganz so rauh und gequält ausgefallen ist und sich somit gehörig verbessert hat, wird hier übrigens von keinem Geringerem als IN EXTREMO-Frontmann Das letzte Einhorn assistiert. Da sich dessen Stimme aber hauptsächlich in den Backingvocals wiederfindet und dort nur minimal von Boltendahls Röhre abweicht, geht dieses Gastspiel wohl an Leuten, die nicht zu den Die-Hard Fans der Mittelalter Rocker zählen und für die das letzte Einhorn neben den auf dem Album besungenen Drachen, Riesen und Zwergenschmieden nichts als ein weiteres Fabelwesen ist, spurlos vorüber.

Im Folgenden wird auf dem hohen Niveau von Rheingold fortgefahren, doch eines fällt bei den ersten drei Tracks doch recht deutlich auf: Die in der Vergangenheit meist qualitativ hochwertigen Refrains – man denke nur man an Battle Of Bannockburn oder Rebellion (The Clans Are Marching) – bestehen hier nur aus einem einzigen Wort, welches dann auch noch bis ins Unermessliche wiederholt wird. Glücklicherweise ändert sich dies bereits beim folgenden Maidens Of War. Wer mit der Nibelungensage vertraut ist, findet hier eine hochwertige Vertonung der Walküre wieder, aber auch für alle anderen ist dieser Track mit einem dynamischen Wechselspiel, wie wir es von der ein oder anderen ICED EARTH-Halbballade her kennen, epischer Tiefe und einem bombastischen Refrain, der sich mit den oben erwähnten Klassikern der Band durchaus messen kann, als absolutes Albumhighlight zu handeln. Auch die anschließenden Songs können allesamt überzeugen, und plötzlich scheinen auch die Hooklines mit mehreren Wörtern und ausgefeilten Gesangsmelodien zu funktionieren, weshalb Sword und Dragon – diese beziehen sich übrigens auf Wagners Siegfried – endlich auch wieder die gewohnten Ohrwurmqualitäten besitzen. Des weiteren ist es sehr erfreulich, dass das Albumfinale mit Murderer und Twilight Of The Gods zwei weitere Hochkaräter zu bieten hat und somit nicht abflacht, wie es beim The Grave Digger-Release noch der Fall war.

Auch wenn sich die komplexe Nibelungensage nur schwer in eine dreiviertelstunde Teutonen-Metal transformieren lässt, schaffen GRAVE DIGGER also eine adäquate Umsetzung und wissen zudem musikalisch zu überzeugen. Die insgesamt zehn Tracks sind zwar nicht ausschließlich, aber zumindest überwiegend erstklassig geraten und knüpfen da an, wo das bärenstarke Excalibur-Album aufhörte. Manni Schmidts Gitarrenspiel konnte den Sound der Band übrigens weiter prägen und es scheint so, als würde er mit dieser Combo seinen zweiten Frühling erleben. Auch eine gute Portion Bombast ist wieder vorhanden, da Hans Peter Katzenburg sein Keyboard – dieses ist übrigens im Booklet in aller Bescheidenheit als Virtual Symphonic Orchestra aufgeführt – wieder häufiger zum Einsatz bringt. Die Totengräber schaufeln mit Rheingold also wider Erwarten der Kritiker nicht an ihrer eigenen Ruhestätte weiter, sondern beerdigen vielmehr die Vorurteile, die Band habe ihr letztes Lebenszeichen bereits verlauten lassen… Man munkelt übrigens, dass das Album der Startschuss einer weiteren Trilogie sein soll, man darf also gespannt sein!

Veröffentlichungstermin: 26.05.2003

Spielzeit: 45:00 Min.

Line-Up:
Chris Boltendahl – vocals

Manni Schmidt – guitar

Jens Becker – bass

Stefan Arnold – drums

Hans Peter Katzenburg – keyboards

Produziert von Chris Boltendahl & Resetti Brothers
Label: Nuclear Blast

Homepage: http://www.grave-digger.de

Tracklist:
01. The Ring (intro)

02. Rheingold

03. Valhalla

04. Giants

05. Maidens Of War

06. Sword

07. Dragon

08. Liar

09. Murderer

10. Twilight Of The Gods

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