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GEVURAH: Gehinnom

Ein neues „Hallelujah“ oder ein Abstieg ins Totenreich? GEVURAHs zweites Album kämpft mit dem übergroßen Vorgänger, hat aber davon abgesehen exzellenten Black Metal zu bieten.

„Hallelujah!“, riefen nicht nur GEVURAH, als sie ihr Debüt so betitelten, auch Freunde von okkult angehauchtem Black Metal konnten sich kaum zügeln, als dieses gewaltige Album 2016 aufschlug. Das Duo aus Montreal machte damit alles richtig – vielleicht sogar ein wenig zu sehr, denn schon die nachfolgende EP „Sulphur Soul“ konnte das Niveau nicht halten. GEVRUAH bündeln ihre luziferianische Kraft mit „Gehinnom“ aber aufs Neue und liefern brutal-organischen Black Metal, der so gar nicht nach dem Quebecer Signature-Sound klingt.

GEVURAH machen ihrem Namen alle Ehre: Feuer und Furor strahlt auch „Gehinnom“ aus. Das Album überrollt nach einem Intro mit „Blood-Soaked Katabasis“ die Hörer. Ungebremst, chaotisch, wild, brutal, und das, obwohl die Riffs und Songaufbauten recht klar sind. Bald fängt sich das Duo und streut im Midtempo kurze, beschwörende Verschnaufpausen ein. Der Aufschlag des Albums ist somit maximal effektiv, und GEVURAH pendeln sich schon früh zwischen AOSOTH und GRAVE MIASMA ein, ohne jedoch von ihrem stilistischen Fundament zu weichen.

Feuer und Furor: GEVURAH ist eine leidenschaftliche Band, „Gehinnom“ ist der Beweis.

Nicht nur die französische Szene hat ihre Spuren hinterlassen, zwischendurch klingt mal Island durch – nicht zuletzt durch das ausgezeichnete Mastering von Stephen Lockhart – und mal auch Polen;  generell ist „Gehinnom“ ein ziemlich europäisch klingendes Album. Und immer ist da diese instinktive Kraft. Vermutlich muss es so sein, dass eine Band, die diesen Namen trägt, enorme Energie in sich bündelt. „Blood-Soaked Katabasis“ und „Towards The Shifting Sands“ verlieren sich so immer wieder in ihrer ungebremsten Finsternis, bevor sie sich sammeln und zur Größe finden. Hier verlieren GEVURAH ihre Kompositionen manchmal kurz aus den Augen, doch dazwischen blitzen immer wieder Momente der Brillanz auf.

In der zweiten Hälfte des Albums zeigt sich dann keinerlei Schwäche mehr: „Memento Homo“ verbindet Brutalität und Epik ganz homogen. Knappe acht atemberaubende Minuten mit Riffs, die ausnahmslos ins Schwarze treffen, dominieren das Stück und es ist bei ihnen egal, dass es originellere gibt. Wie schon bei den ersten Stücken geht das beschwörende Brüllen von X.T. unter die Haut, das punktgenau polternde, recht ursprüngliche aber keineswegs primitive Drumming sowieso. Wenn GEVURAH hier Geschwindigkeit herausnehmen, geben sie sich ihrer eigenen, unprätentiösen Epik hin. Das Stück ist wie ein Vorspiel zum dreizehnminütigen Finale „Gloria In Excelsis Deo, Et Ira Ad Homines In Terra“, bei dem GEVURAH eine hypnotische Qualität entwickeln, ihre Arrangements zusätzlich noch weiter variieren und mittels Einsatz von Chören eine gewaltige Klangbreite auffahren.

Chaotisch und strukturiert, okkult und brutal – GEVURAH verbinden auf „Gehinnom“ vermeintliche Gegensätze ganz unprätentiös.

„Gehinnom“ ist ein Black Metal-Album von einschüchternder Intensität, gespielt von Musikern, deren luziferianisches Image sicherlich etwas drüber ist, aber deren Musik letztlich genau das verlangt. Dennoch ist da der große Schatten des Vorgängers – „Hallelujah!“ ist „Gehinnom“ etwas mehr als eine Nasenlänge voraus, auch trotz dessen extrem starker, zweiten Hälfte. Der Teil des Black Metal-Publikums, der es sowohl chaotisch als auch gut strukturiert, der es okkult, aber auch brutal mag, sollte sich diesen Blick in den Schrecken des „Gehinnom“ nicht entgehen lassen, nicht zuletzt wegen der hervorragenden optischen Aufmachung der physischen Version. Kraftvoll, leidenschaftlich, feurig – und absolut süchtig machend.

Wertung: 5,5 von 7 Höllenpforten

VÖ: 14. Oktober 2022

Spielzeit: 46:28

Line-Up:
A.L. – Guitars, Bass
X.T. – Vocals, Drums, Guitars

Label: Profound Lore (CD) / End All Life Productions (LP)

GEVURAH „Gehinnom“ Tracklist:

1. Gehinnom
2. At The Orient Of Eden (Official Audio bei Youtube)
3. Blood-Soaked Katabasis (Official Video bei Youtube)
4. Towards The Shifting Sands
5. LV 16:22
6. Memento, Homo…
7. Gloria In Excelsis Deo, Et Ira Ad Homines in Terra

Mehr im Netz:

https://gevurah.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/thepathofgevurah/
https://www.instagram.com/gevurah_official/

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