Das Aufbegehren gegen die gängigen Popkonventionen hieß in den 70ern Progressive Rock, in den 90ern Alternative Rock und nächstes Jahr wird es sicherlich wieder eine neue Bezeichnung geben. Auf der Suche nach neuem Wein für seine alten Schläuche hat das Musikgeschäft inzwischen Innovation als Konstante in seine Verkaufsstrategie übernommen. Entsprechend ist es ein eher fragwürdiges Unterfangen, wenn eine Band wie FROST* den Prog neu erfinden will. Nach dem ersten Anhören bleibt die Frage offen, ob der Titel ironisch gemeint ist oder nicht. Die Gruppe um Keyboarder Jem Godfrey hat dem Musikstil sicherlich eine Frischzellenkur verpasst. Mit Declan Burke ist auch ein Sänger an Bord, der den Stücken eine Identität verleiht. Ansonsten verbindet die Stücke der massive Keyboard-Einsatz, der allerdings immer wieder von ruhigen Passagen unterbrochen wird. Die bisweilen eher spartanischen Songstrukturen werden dadurch erfolgreich unnachvollziehbar gemacht, so dass die CD der breiten Masse sicherlich zu sperrig klingt und die Experimente als gescheitert betrachtet werden müssen.
In den 80ern gab es bereits eine Phase, in der viele der alten Helden mit dem Mainstream liebäugelten. Musikalisch bewegen sich FROST* freilich nicht in diesen Gefilden, obwohl Bandkopf Jem Godfrey bereits Erfahrungen als Songwriter im Popbusiness gesammelt hat. Beim Umschiffen der altmodischen Klischees verliert das Quintett allerdings den Blick für die Dynamik. Plötzliche Wechsel von lauten Ausbrüchen zu ruhigen Zwischenspielen finden häufig um der Abwechslung Willen statt. Der schlüssige Gesamtaufbau geht dabei unweigerlich baden. Passend dazu bleiben die Melodien stets abstrakt genug, um Mitsummversuche schon im Ansatz zu unterbinden. Der Longtrack Wonderland wurde mit allerlei Pausen und elegischen Meditationsteilen gestreckt, enthält zwischendurch aber auch die schönsten Melodien der CD.
Nüchtern betrachtet erfüllt Experiments In Mass Appeal somit die Kriterien für ein ordentliches, modernes Prog-Album, das sich in erster Linie durch das definiert, was es nicht bietet: Eingängigkeit, Retro-Anleihen, Geschwindigkeitsrekorde, kommerzielles Potenzial – wobei: Mit einer durchgeplanten Großkampagne könnte man die Musik mittlerweile wohl auch dem Southside-Publikum unterjubeln.
Veröffentlichungstermin: 14.11.2008
Spielzeit: 56:49 Min.
Line-Up:
Declan Burke: Gesang, Gitarre
John Mitchell (ARENA): Gitarre
Jem Godfrey: Keyboard
John Jowitt (IQ, ARENA): Bass
Andy Edwards (IQ): Schlagzeug
Produziert von Jem Godfrey
Label: Inside Out
Homepage: http://www.frostmusic.net
MySpace: http://www.myspace.com/planetfrost
Tracklist:
1. Experiments In Mass Appeal
2. Welcome To Nowhere
3. Pocket Sun
4. Saline
5. Dear Dead Days
6. Falling Down
7. You/I
8. Toys
9. Wonderland