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FREDLÖS: Fredlös

Es muss ja nicht immer Black Metal sein: Wer sich heuer ganz traditionell metallisch in nordisch-folkloristische Gefilde begeben möchte, ist beim überwältigend starken Debütalbum von FREDLÖS an der richtigen Adresse.

Man könnte eine Menge küchenpsychologische Mutmaßungen darüber anstellen, was es bedeutet, dass (skandinavische) Folklore so schwer angesagt ist in unserer durchdigitalisierten, automatisierten Welt; Fakt ist, die Bands, die mit derlei Einflüssen um die Ecke kommen, machen gut Kasse und werden nicht weniger. Mit FREDLÖS schickt sich nun eine Band aus erfahrenen Metal-Musikern um Alex Hellid (ENTOMBED) an, dieser Welt eine weitere Facette dunklen Folk Metals zu präsentieren. Gelingt’s ihnen?

Der Blick auf das perfekt ausgewählte Cover verrät es schon: Ja, verdammt! FREDLÖS kommen weder kitschig noch aufgesetzt daher, sondern ungemein erdig, authentisch und einfach bis in die Haarspitzen erfahren. Bewaffnet mit gleich drei Gitarren, verstärkt durch Violine und männlichen Gesang von MANEGARM und angeführt von ihrer ungemein kraftvollen Lead-Sängerin Liv Hope entführen uns FREDLÖS mitten hinein ins finstere Mittelalter. Stilistisch dominiert vier Titel lang hymnischer Doom Metal voller berührender Melodien und herrlicher Gitarenharmonien das Geschehen (die Geige in “Otto” hat sogar tränentreibendes Potential), dann packen FREDLÖS ausgerechnet mit einem selbstbetitelten Track plötzlich das Schweinerock-Brett aus – und es ist nichts weniger als herrlich.

Keine Spur von Räucherstäbchen oder Kitsch – FREDLÖS lassen es einfach krachen

Ja, FREDLÖS schlagen auf Albumlänge gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Da kommen Gitarrenfreaks (wie gesagt, drei Gitarren!) und harte Rocker genau so auf ihre Kosten wie Liebhaber vollendeten Gesangs, bombastischer Chöre oder zarter folkloristischer Instrumente – und alles riecht dabei tatsächlich wahlweise nach neuzeitlichem Rock’n’Roll-Proberaum oder mittelalterlicher Latrine, denn glatt poliert oder von Räucherstäbchen vernebelt ist hier mal gar nichts; FREDLÖS donnern und ballern und hauen ein krachendes Highlight nach dem anderen raus.

Eine Stunde voller Spannung und großer Emotionen

Gut, die eben angesprochene Bandhymne fällt mit ihren Schweinegitarren und dem rein männlichen Gesang etwas aus der Reihe, aber direkt im Anschluss beweist auch Liv Hope auf “Uppror”, dass sie das flottere Tempo gut beherrscht, und was sie im abschließenden “Requiem” dann in Sachen Atmosphäre und Epik abzieht, muss man gehört haben. Das alles wird durch die hervorragende, erdig-druckvolle Produktion sinnvoll zusammen gehalten und kann durch seinen Abwechslungsreichtum und die zahlreichen großen Momente auch auf über die vollen sechzig Minuten überzeugen – nicht zuletzt, weil FREDLÖS nach vierzig Minuten mit dem finster-romantischen “Undergang” und schließlich eben mit dem überwältigenden “Requiem” ihre Sängerin noch einmal ganz neu glänzen lassen.

Das neue Jahr ist an Höhepunkten nicht gerade arm, und mit FREDLÖS kommt aus Norrtelje direkt der nächste. Dass die Texte dabei das beschissene Leben im Mittelalter aus der Perspektive der sog. einfachen Leute erzählen wollen, wie das Label verrät, ist dann für mich das Tüpfelchen auf dem i, um FREDLÖS direkt für den diesjährigen Jahresrückblick vorzumerken.

Veröffentlichung am 10.2.2023 auf Threeman Records

Spielzeit: 60:12 Min.

FREDLÖS “Fredlös” Tracklist

1. Vat varm Jord (Video bei YouTube)
2. Otto (Video bei YouTube)
3. Farsot (Video bei YouTube)
4. Missväxt
5. Fredlös
6. Uppror
7. Undergang
8. Deus
9. Requiem

Line-up:

Robert Lindgren – Bass
Tomas Karlson – Gitarre
Liv Hope –  Gesang
Fredrik Danielsson – Gitarre
Victor Dahlin – Keyboards
Alex Hellid – Gitarre
Iman Zolgharnian – Drums

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