BOYSETSFIRE: The Misery Index: Notes from the Plague Years

Sieh an, sieh an. Sie haben sich selbst an den Haaren aus dem Dreck gezogen. Das muss weh getan haben. Aber das war´s wert.

Sieh an, sieh an. Sie haben sich selbst an den Haaren aus dem Dreck gezogen. Das muss weh getan haben. Ich jedenfalls habe nicht daran geglaubt, dass BOYSETSFIRE nach dem eher mauen Album Tomorrow Come Today und den Businessquerelen sich zusammenreißen und die Flucht nach vorne ergreifen würden. Und doch, The Misery Index: Notes from the Plague Years ist ein Album, mit dem das Quintett sich selbst weder kopiert noch verleugnet.

Erwachsen sind sie geworden, ernsthafter, gefestigter. Und das trotz einiger abgefahrener Momente, die das Gesamtbild erweitern. Aber dazu später mehr. Auf jeden Fall lässt das alles BOYSETSFIRE mit ihrem Mix aus Rock, Emo und Hardcore wachsen, mehr Melodie hat sich eingeschlichen, mehr Melancholie, mehr Sehnsucht. Das passt natürlich hervorragend zu den sehr politischen Texten von Sänger Nathan Gray, der sich auch stimmlich enorm verbessert hat. Ansonsten strotzen die Songs geradezu vor Aussagekraft, vor simplen, aber genialen und effektiven Riffs, vor unglaublichen Melodiebögen und vor Kraft und Intensität. Rein technisch gesehen ist The Misery Index sicherlich keine Offenbarung, aber BOYSETSFIRE wissen, wie sie ihre Fähigkeiten so einzusetzen vermögen, damit sie auch den letzten Zweifler restlos vom Hocker reißen.

Jeder der dreizehn Tracks ist ein absoluter Ohrwurm. Zwar zündet das Album nicht sofort, aber nach und nach erschließt sich jeder der Songs, ganz im Gegensatz zu Tomorrow Come Today, das sich seinerzeit enorm schnell abnutzte. Dass The Misery Index erst langsam wächst und gedeiht, liegt wohl daran, dass die Arrangements der Songs sehr ungewöhnlich sind und dass man es dem Hörer nicht immer wirklich leicht macht. So gehen Lieder wie das wunderschöne (10) and Counting, With Cold Eyes und Nostalgic for Guillotines mit seinem Klaviereinsatz durch Mark und Bein, begeistern von Anfang an, wollen aber erst nach mehrmaligem Hören das Ohr nicht mehr verlassen. Auf der anderen Seite stehen noch rockige und eingängige Nummern wie Requiem und Social Register Fanclub, die sofort bleibenden Eindruck hinterlassen und zum sofortigen Moshen animieren, aber durch ungewöhnliche Arrangements doch fordern. Meine persönlichen Highlights sind jedoch Deja Coup und So Long…and Thanks for the Crutches, die nicht nur schweinemäßig grooven, sondern auch durch Bläser auf ganz besondere Art und Weise bereichert wurden und dadurch einen kleinen Ska-Touch erhalten. Und das obwohl letztgenanntes mit seinem heftigen Geschrei doch eher zu den härteren Nummern der Scheibe zählt.

Nach gut 50 Minuten geht ein Album zu Ende, das spannender, mitreißender und abwechslungsreicher kaum sein könnte. BOYSETSFIRE sind 2006 anders als zuvor, aber mindestens genauso gut wie in ihrer Hochphase. Die kurzweilige Scheibe wird abgerundet durch die makellose Produktion, das ungewöhnliche Artwork und den nicht zu verachtenden Suchtfaktor – versucht das Teil mal aus dem CD-Schacht zu holen. Das könnt ihr gleich vergessen. The Misery Index ist eine wirklich tolle Scheibe, die BOYSETSFIRE dorthin zurückbringen, wo sie hingehören: Nach ganz oben.

Veröffentlichungstermin: 24. Februar 2006

Spielzeit: 50:47 Min.

Line-Up:
Nathan Gray – Vocals

Chad Istvan – Guitar

Josh Latshaw – Guitar

Robert Ehrenbrand – Bass

Matt Krupanski – Drums

Produziert von BOYSETSFIRE
Label: Burning Heart Records

Homepage: http://www.boysetsfire.org

Tracklist:
1. Walk Astray

2. Requiem

3. Final Communique

4. The Misery Index

5. (10) and Counting

6. Falling Out Theme

7. Empire

8. So Long…and Thanks for the Crutches

9. With Cold Eyes

10. Deja Coup

11. Social Register Fanclub

12. Nostalgic for Guillotines

13. A Far Cry

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