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BARREN PATH: Grieving

Willkommen in der postmodernen Version der Offenbarung des Johannes: BARREN PATHs Debütalbum „Grieving“ speit Gift und Galle mittels kompromisslosem Death-Grind, der ganz am Puls der Zeit liegt.

Das war’s also schon wieder mit GRIDLINK, der besten Grindcore-Band der vergangenen 15 Jahre. „Coronet Juniper“ war Auferstehung und Ende zugleich, praktisch das, was im Neuen Testament nach der Auferstehung Jesu passierte. GRIDLINK, der Messias der zeitgenössischen Grindcore, fuhr in den Himmel, die Fieberträume der folgenden Johannesoffenbarung muss nun durch jemand anders erzählen. Dass die Death-Grinder BARREN PATH aus fast den gleichen Leuten bestehen, ist somit konsequent und tröstlich zugleich. „Grieving“, das zwölf Songs umfassende, dreizehneinhalbminütige Debütalbum der US-amerikanisch-japanischen Band, geht dennoch stilistisch einen vollkommen anderen Weg.

Das zeigt sich schon am Design: Statt der futuristischen Optik GRIDLINKs fahren BARREN PATH ein genrekonformes Logo nebst Cover auf, das japanische Dämonen in einem Hieronymus Bosch-artigem Weltgericht zeigt. Ungebremst, brutal, aber auf technisch überragend hohem Niveau agiert die Formation. Gitarrist Takafumi Matsubara hat auf „Grieving“ eindeutig nicht vor, GRIDLINKs Story fortzusetzen, weder konzeptuell noch musikalisch. Es ist also nicht nur die klassischere Death-Grind-Stimme von Mitchell Luna, die das Screamo-Organ von Jon Chang ablöst, sondern auch die weit weniger melodiöse Herangehensweise an das Songwriting. Hits, die tief unter die Haut gehen, wie „Ocean Vertigo“ oder „Revenant Orchard“ sind auf „Grieving“ nicht zu hören.

Obwohl BARREN PATH aus GRIDLINK hervorgehen, sind sie stilistisch anders ausgerichtet: „Grieving“ ist ein bitterböses, hochaggressives Death-Grind-Album.

Das mag schade sein, aber auch nur, weil GRIDLINKs Schatten so groß über BARREN PATH ragt. Bei „Grieving“ stimmt nämlich das Gesamtbild durchaus: Schwer sowohl in Bezug auf das apokalyptisch anmutende Thema, als natürlich auch auf die Brachialität der Musik. Und so ganz stimmt es nicht, dass BARREN PATH vollständig auf Harmonien verzichten, sie sind nur unter Brutalität und Geschwindigkeit versteckt. Das Soundbild ist weniger transparent als bei GRIDLINK, und somit muten die zwölf Songs wie eine einzige Lektion in Gewalt an. Rasante Riffs und das fast schon übertrieben komplexe und tighte Drumming von Brian Fajardo rückt BARREN PATH in Richtung der Tech-Grinder COGNIZANT, bei denen er nicht zufällig auch spielt. Klarer Fall: Wer diese Band mag, darf „Grieving“ nicht verpassen.

Dass die kurzen Songs, die allesamt eine Minute, plusminus ein paar Sekunden dauern, mit nachhallenden Riffs ausgestattet sind, wäre übertrieben, aber je öfter BARREN PATH sich auskotzen dürfen, umso mehr bleibt hängen, sei es beim Opener „Whimpering Echo“, bei „Primordial Black“, „No Geneva“ oder „Horizonless“, die zwischendurch immer wieder Parts mit Wiedererkennungswert haben. Besonders gelungen ist „Isolation Wound“, bei dem BARREN PATH die Dynamik etwas zurückfahren und agieren, als würden sie sich aufbäumen vor dem nächsten Urschrei, oder „Relinquish“, in das sich einige Leadgitarren verirren. „Celestial Bleeding“ ist als Spoken Word-Interlude mit düsteren Ambient-Synthesizern dann das postmoderne Element auf „Grieving“. Dieses Stück dient als Auftakt vor den letzten drei Songs, die das Album so abrupt enden lassen, dass es fast schon irritiert; so als würde man die Kugel nicht kommen sehen, als würde das Lebenslicht unvermittelt ausgelöscht.

13 Minuten höchste Intensität: BARREN PATHs Debütalbum „Grieving“ ist technisch brillant und emotional randvoll mit Angst, Wut und Frust.

Dreizehn Minuten Chaos und Gewalt in Musik gegossen, mit Emotionen am Siedepunkt: Bei BARREN PATH kommt Stimmung auf; keine Gute freilich. Viel mehr ist „Grieving“ ein zeitgeistiges, brachial produziertes Album, das in diese von Angst und Gewalt geprägte Welt wie die Faust aufs Auge passt. Für einige mag „Grieving“ zu kompakt sein, wer Takafumi Matsubaras Welt kennt, kann ahnen, ohne es vorher gehört zu haben, dass es für dieses kompakte Werk keiner weiteren Songs bedarf, um auch nur einen Deut vollständiger zu werden. Wer modernen, technisch anspruchsvollen Deathgrind à la COGNIZANT, MARUTA, frühe FULL OF HELL oder auch CLOUD RAT liebt, darf sich dieser apokalyptischen Vision vorbehaltlos hingeben. Von Könnern für Kenner sozusagen.

Wertung: 9 von 12 fahle Pferde

VÖ: 31. Oktober 2025

Spielzeit: 13:31

Takafumi Matsubara – Guitar
Brian Fajardo – Drums
Mitchell Luna – Vocals
Rory Kobzina – Guitar
Mauro Cordoba – Bass

Label: Willowtip Records

BARREN PATH „Grieving“ Tracklist:

1. Whimpering Echo
2. Subversion Record
3. Primordial Black
4. No Geneva
5. Isolation Wound
6. The Unsufferable Weight (Official Video bei Youtube) 
7. Relinquish
8. The Unreliable Narrator
9. Celestial Bleeding
10. Lunar Tear
11. Horizonless (Official Video bei Youtube) 
12. In The End… The Gift Is Death (Official Audio bei Youtube)

BARREN PATH „Grieving“ Full Album Stream bei Youtube

Mehr im Netz:

https://barrenpath.bandcamp.com/
https://www.instagram.com/barren_path