Es ist schon ein Sprung, von der maschinellen Heaviness, die AUTHOR & PUNISHER auszeichnet, hin zum Klang der Natur, den „Nocturnal Birding“ imitieren will. Wobei, sind sämtliche Lebewesen nicht auch Maschinen, die allesamt dem Zweck der Arterhaltung dienen? Und sind nicht auch Vögel Teil dieser ökologischen Maschinerie? Dieser Gedanke hat etwas Tröstliches und Kraftvolles. Mögen die vielen Fehlfunktionen der Menschen dafür sorgen, dass das natürliche Gleichgewicht aus den Fugen gerät, arretieren sich die restlichen Spezies so, dass irgendwer immer weiter kommt. Fun Fact dabei: Die Profiteure von den Fehlleistungen des Menschen sind auf lange Sicht nicht Black Rock, Charles Koch und Co., sondern Kleinstlebewesen mit dem Potenzial dem Homo sapiens das Genick zu brechen. Stichwort Antibiotikaresistenzen.
Auch im Bild der Klimakatastrophe steht der Mensch einem übermächtigen Gegner gegenüber: Das gesamte Ökosystem Erde, das weiterexistieren will. Arten werden vergehen, der Mensch trägt die Verantwortung dafür, schafft es aber vielleicht auch selbst, sich vom Planeten zu kicken. Somit ist die naturnahe Ausrichtung von AUTHOR & PUNISHER kein Widerspruch zum bisherigen, stets apokalyptischen Œuvre von Tristan Shone. Der besondere Trick von „Nocturnal Birding“ ist dabei, als Inspiration die Rhythmik und die Melodien der Vögel zu nehmen, um daraus den brachialstmöglichen Industrial zu kreieren, sodass die Grenze zu Sludge und Drone bereits in Sichtweite liegt.
Vogelstimmen mal anders: AUTHOR & PUNISHER nehmen auf „Nocturnal Birding“ den Gesang der Vögel als Inspiration als Basis für ihren brachialen Industrial.
Nach dem äußerst abwechslungsreichen Album „Krüller“ zeigen sich AUTHOR & PUNISHER metallischer denn je, mit einer pechschwarzen, dichten Soundwand, die sich über 35 Minuten hindurchzieht. „Meadowlark“ ist die Schnittmenge aus Industrial und Sludge, kriecht bedrohlich und angriffslustig, fühlt sich dennoch so an, als müsste der große Ausbruch noch kommen. Die ganz große Explosion lassen AUTHOR & PUNISHER noch nicht zu, weshalb „Meadowlark“ als Auftakt gut platziert ist. Für den ersten Aha-Effekt sorgt stattdessen „Titanis“, das mit Percussions und Samples der Indonesier KUNTARI startet und mittels einer sehr extremen Dynamiksteigerung enorm heavy und brutal wirkt.
Dieses Rezept variiert Tristan Shone mit seinen typisch selbstgemachten und arretierten Instrumenten einige Male, wie auch in „Mute Swan“, das durch einen Spoken Word Part von Megan Oztrosits (COUCH SLUT) aufgelockert und das überraschend melodische Finale sogar emotional wird. Besser wird es auf „Nocturnal Birding“ fast nicht mehr. Die relative Gleichförmigkeit des Albums lähmt AUTHOR & PUNISHER überraschenderweise nicht. Da die acht Songs ein sehr kompaktes Album ergeben, ist die überbordende Brachialität von Songs wie „Black Storm Petrel“ (mit Gastbeitrag der Franzosen FANGE) und „Titmice“ und „Rook“ mit ihren simplen, wie kranken Riffs, die von hypnotischen Rhythmen in den präfrontalen Cortex gehämmert werden.
Mehr Sludge, mehr Drone, mehr Gitarren: „Nocturnal Birding“ klingt homogen, doch AUTHOR & PUNISHER vermeiden jegliche Langeweile.
Gitarrist Doug Sabolick, laut Plattenfirma das erste feste Bandmitglied neben Tristan Shone seit 20 Jahren, hat hier natürlich großen Anteil. Die Stücke sind songorientierter, gradliniger, stoischer, aber auch finsterer und brutaler als das, was AUTHOR & PUNISHER auf „Krüller“ lieferten. Dass Tristan Shone wieder minimal versucht Vokalharmonien in einigen Refrains einzubauen, ist wieder genial wie simpel – mit maximalem Ertrag: „Nocturnal Birding“ ist finster und undurchdringlich, dass diese Elemente, so dezent sie auch sein mögen, perfekt zur Geltung kommen. Am Ende liefert „Thrush“ dann mit seinen verstörenden, aber leisen Synthesizern den Boden für eine dissonante Steigerung – ein würdiges Finale, mit dem Shone zeigt, dass AUTHOR & PUNISHER in diesem ornithologischen Kontext auch in der klassischen Ausrichtung funktionieren.
„Nocturnal Birding“ hebt sich vom restlichen Schaffen AUTHOR & PUNISHERs einigermaßen deutlich ab, passt aber dennoch sehr gut zur restlichen Diskografie des US-Projekts. Besonders auf der Metaebene beeindruckt „Nocturnal Birding“, das von Will Putney gnadenlos brutal und laut produziert wurde, ohne steril zu klingen. Es bedarf schon eines sattelfesten Musikers wie Tristan Shone, der monotone Heaviness so ausgewogen ausbalancieren kann, ohne in totale Gleichförmigkeit zu verfallen. Es mag wie der Slogan eines Start-ups klingen, aber im Falle von AUTHOR & PUNISHER ist es wahr: Wenn sich Technik die Natur zum Vorbild nimmt, muss es einfach funktionieren.
Wertung: 7 von 8 frühe Vögel
VÖ: 3. Oktober 2025
Spielzeit: 34:18
Line-Up:
Tristan Shone
Gastmusiker:
Doug Sabolick – Guitar
Megan Oztrosits (COUCH SLUT)
KUNTARI
FANGE
Label: Relapse Records
AUTHOR & PUNISHER „Nocturnal Birding“ Tracklist:
1. Meadowlark
2. Titanis (feat. KUNTARI) (Official Video bei Youtube)
3. Mute Swan (feat. Megan Oztrosits)
4. Black Storm Petrel (feat. FANGE)
5. Titmouse (Official Audio bei Youtube)
6. Titmice
7. Rook
8. Thrush (Official Video bei Youtube)
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