APOCALYPTICA, Stuttgart, Theaterhaus, 12.2.2001

Tja, da wurden wir doch tatsächlich Zeugen einer Weltpremiere, die wir gar nicht sehen wollten..!

Tja, da wurden wir doch tatsächlich Zeugen einer Weltpremiere, die wir gar nicht sehen wollten: Beim Konzert in Stuttgart wurde die im März erscheinende Singe Path II zum ersten Mal vorgestellt. Bei dieser Neuauflage des Songs zeigt sich Sandra Nasic (GuanoApes) für den Gesang (!!) zuständig. Path Vol. II ist, für sich genommen, wirklich kein schlechter Song, allerdings ist das Original um Klassen besser. Die Version mit Gesang hat den Zauber des ursprünglichen Songs verloren und wirkt lange nicht so bombastisch und ergreifend wie der Opener des aktuellen Albums Cult. Beim Publikum kam der Song hingegen größtenteils sehr gut an, tosender Beifall belohnte die Sängerin – eigentlich seltsam, wurde der Song doch im Zugabenblock gespielt, so dass die vier Cellisten vorher schon eindrucksvoll beweisen konnten, dass sie durch und vielleicht auch gerade wegen ihrer ungewöhnlichen Besetzung faszinieren. Nun, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.

In einem Punkt waren sich wohl aber alle Besucher des Theaterhauses einig: Apocalyptica sind eine ungewöhnliche Band, die live eine ganz eigene Atmosphäre schafft. Da war zum einen der druckvolle und trotzdem klare Sound, der die Songs zu einem gewaltigen Hörerlebnis machte. Da war zum anderen die Erscheinung der vier Finnen, die auch nach mehrmonatigem Touren den Spaß und die Hingabe an die Musik nicht verloren haben, im Gegenteil. Im Vergleich zu der Show in Karlsruhe vor knapp drei Monaten schlichen sich zwar einige Fehler ein, besonders Reign In Blood war anfangs kaum zu erkennen, doch auf der anderen Seite gehen die Jungs mehr auf das Publikum zu und steigern sich noch mehr in die Musik hinein. Im Eifer des Gefechtes zerbricht da auch schon mal ein Bogen, Haare bleiben am Cello oder im Bogen hängen und irgendwann kommt der Moment, wo es kein Halten mehr gibt – besonders Perttu Kivilaasko, der ja noch nicht sehr lange bei Apocalyptica ist, hat sich mittlerweile zum bewegungsfreudigsten Mitglied des Streichquartetts gemausert.

Die Finnen wuchteten ihr Instrumente durch die Luft, sie bangten, sie brüllten die Songtexte mit, sie feuerten das Publikum an – kurz: sie lebten ihre Musik. Apocalyptica überzeugen nicht nur durch ihr musikalisches Können, sondern live vor allem durch ihre Art, mit ihren Instrumenten und mit ihrer Musik umzugehen.

Die Songauswahl glich der in Karlsruhe, und bot einen guten Kompromiss zwischen Coverversionen, wobei The Unforgiven am besten ankam, während die brutale Sepultura-Celli-Metzelorgie oder Master Of Puppets doch das ein oder andere Fragzeichen auf so manches Gesicht zauberte, und den Eigenkompositionen Eicca Toppinens. Apocalyptica schlugen einmal mehr den Bogen zwischen schmerzhaft-süßer Wehmut verkörpert durch Balladen wie The Unforgiven oder Beyond Time und der metallischen Härte von Songs wie Struggle oder Fight Fire with Fire, zum Abschluss und als Zugabe präsentierte die Band dann die eingangs erwähnte Weltpremiere mit Sandra Nasic, Enter Sandman und einer lärmigen, aber gleichzeitig beeindruckenden Version von Griegs Hall of The Mountain King.

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