TONY NAIMA & THE BITTERS: Ich habe genug von Coverversionen

Selten geschieht es, das Coverversionen derart überraschen und überzeugen wie diejenigen, die TONY NAIMA & THE BITTERS auf "Dismember" präsentieren. Doch wer verbirgt sich hinter diesem ungewöhnlichen Projekt?

Selten geschieht es, dass Coverversionen derart überraschen und überzeugen wie diejenigen, die TONY NAIMA & THE BITTERS auf Dismember präsentieren. Dass noch dazu eine Band geehrt wird, die noch immer quicklebendig ist, macht das Unterfangen zusätzlich risikoreich – noch dazu, wenn man auf Dismember keine verzerrten Gitarren zu hören bekommt und das Album so gar nicht in die Reihen der üblichen Metal-Coveralben passen will. Aber vermutlich ist es genau das, was dieses Werk so speziell macht und den Wunsch erweckt, bei TONY NAIMA selbst mehr darüber in Erfahrung zu bringen.

Kürzlich ist ja dein überraschendes Album Dismember erschienen, mit dem man als Metaller so gar nicht gerechnet hat. Wie wurde es von der Metalpresse eigentlich aufgenommen?

Wir haben fast nur positive Reaktionen bekommen auf unsere Platte! Natürlich wird es nie so sein, dass absolut alle das mögen, was du machst, vor allem nicht, wenn man sich in ein fremdes Genre wagt. Aber mehr oder weniger gab es nette Worte und lachende Gesichter. Allerdings muss es immer auch negative Reaktionen geben, sonst wäre etwas faul, denke ich.

Wenn du gerade die negativen Reaktionen ansprichst: Gab es welche von puristischen DISMEMBER-Fans? Und wenn ja, wie reagierten sie? Gibt es aus dem Death Metal-Fanlager auch positives Feedback zu verzeichnen?

Ich habe schon einige Reviews gelesen, aus denen hervorging, dass der Schreiberling nicht gerade glücklich über das war, was ich getan habe. Aber von den DISMEMBER-Fans, die ich getroffen habe, kam nur positives Feedback. DISMEMBER haben ja auch einige ihrer Freunde zu meiner Release-Party eingeladen und es schien, als hätten sie eine großartige Nacht! Somit überwiegen klar die positiven Reaktionen.

Du kommst als Singer und Songwriter ja aus einem ganz anderen Genre und so kommt man um das Warum? kaum herum. Warum hast du dich gerade für DISMEMBER-Songs entschieden bei diesem Coverprojekt? Warum nicht Songs von einer anderen Death Metal-Band?

Zuerst muss ich sagen, dass das Ganze als merkwürdige Idee von DISMEMBERs Plattenfirma (REGAIN RECORDS) begonnen hat. Es war also nicht etwas, das ich schon immer einmal tun wollte und ich bin selber kein großer Fan von Coveralben. Aber nachdem ich zwei Songs an der DISMEMBER Release-Party für The god that never was performt hatte und die Reaktionen im Publikum sah, konnte ich nicht nein sagen, als REGAIN RECORDS mir vorschlugen, davon ein ganzes Album zu machen. Und DISMEMBER ist die großartigste Death Metal-Band, die ich kenne. Wäre ich also selber auf die Idee gekommen, dann hätte ich mich ebenfalls für Coverversionen ihrer Songs entschieden.

Und du hast ja auch mit DISMEMBER zusammengearbeitet für dieses Projekt. Inwiefern haben sie auf deine Arbeit Einfluss genommen, mal abgesehen davon, dass die Originalversionen aus ihrer Feder stammen? Habt ihr auch im Studio zusammengearbeitet?

Tony
Ich wollte etwas, das man mit einem DISMEMBER-Cover in Verbindung bringen konnte, aber in einer sanfteren Art. Und so ist es auch ein Portrait von mir auf eine gewisse Weise.

Nun, ich hätte das ganze nicht gemacht, wenn sie nicht glücklich darüber gewesen wären. Also wusste ich von vornherein, dass ich ihren Support bei diesem Projekt hatte. Den ganzen kreativen Prozess haben sie allerdings nicht beeinflusst. Ich glaube, das hätte mich nur sehr nervös gemacht. Aber ich bin wirklich froh, dass sie das Endprodukt so mögen – obwohl ich natürlich weiß, dass sie noch immer denken, es sei verdammt merkwürdig. Und ich finde das auch.

Wie muss man sich denn den Aufnahmeprozess vorstellen? Und wie bist du beim Neuschreiben der Songs vorgegangen, zumal deine Versionen von den ursprünglichen ziemlich weit entfernt sind?

Als Erstes las ich all ihre Lyrics. Dann hörte ich mir alle ihre Songs an und las dann wieder alle Lyrics. Nachdem ich meine Favoriten ausgesucht hatte, fing ich einfach an, mit meiner Gitarre die Songs neu zu interpretieren. Ich nahm meine Ideen mit in unser Studio, beziehungsweise unseren Übungsraum, und zeigte sie meiner Band. Und etwa eine halbe Stunde später begannen wir mit den Aufnahmen. Ein Song nach dem anderen.

Angesichts der großen schwedischen Musikszene: Wie bist du in Kontakt mit DISMEMBER und ihrer Musik gekommen? Hörst du dir auch sonst extremen Metal an und falls ja, welche Bands sind deine Favoriten?

Als ich als Kind anfing Gitarre zu spielen, liebte ich fast alles mit reichlich Verzerrung. Zu dieser Zeit gab es nur zwei Musikgenres: Heavy Metal oder Synth-Musik. Und bei der Synth-Musik gab es nicht wirklich viel Verzerrung. So schaute ich mir im TV Metalshows an und darin kamen DISMEMBER sehr oft vor – und in ihrer Musik gibt es ja reichlich verzerrte Klänge.
Als ich älter wurde, wurde ich schon etwas softer, aber trotz allem bin ich ein Fan von allem mit MIKE PATTON gelieben – und ich liebe MESHUGGAH! Jetzt kenne ich natürlich auch DISMEMBER sehr gut und bin ein großer Fan der Band geworden.

Ich nehme an, es gibt auch Bands aus anderen Genren, die dich beeinflussen.

Ja, hier muss ich die schwedische Sängerin STINA NORDENSTAM nennen. Und wie zuvor gesagt, MIKE PATTON.

Deine Coverversionen sind ja vom musikalischen her nicht in den extremen Metal-Bereich einzuordnen. Wie kam es da zur Bekanntschaft mit REGAIN RECORDS?

Ein Freund von mir bekam dort einen Job. Und er war auch der, dem diese ganze verrückte Idee ursprünglich kam.

Und diese Idee endet in Dismember. Jetzt ist es ja nicht so, dass du alles ganz allein machst auf diesem Album. Wer steckt hinter THE BITTERS und sind diese Musiker auch in anderen Bands und Projekten aktiv?

THE BITTERS sind drei meiner besten Freunde, Torbörn Gjers (LA PUMA) Kalle Gustafson (LA PUMA) und Erik Mossnelid (RENSKALLA). Wir spielen schon seit Ewigkeiten zusammen und kommen einfach nicht voneinander los. Auch mit von der Partie sind meine Freunde Moa Holmsten (MELDRUM) and Helena Gutarra (LA PUMA). Last but not least, Matti Norlin (BADGE), er absolvierte den Gig mit mir an der DISMEMBER Release-Party.

Da ihr ja nicht voneinander los kommt: Planst du weitere Coverprojekte mit den gleichen Musikern? Etwa noch mehr DISMEMBER-Versionen oder eine Neubearbeitung von AT THE GATES-Material?

Haha, nein, ich glaube, ich habe genug von Coverversionen. Obwohl, es gibt noch eine Version von Skin her Alive, die wir nicht auf das Album packen konnten. Vielleicht müssen wir damit noch etwas machen. Auf jeden Fall werde ich auf meinem nächsten Album zu meinem eigenen Genre zurückkehren. Wenigstens denke ich das jetzt.

Auf dem Album befinden sich ja drei Versionen von I Saw them Die. Wieso gibt es gerade diesen Song drei Mal auf der Scheibe zu hören? Und wer ist die Sängerin in der Opener-Variante, die auf Schwedisch singt?

Sie singt den ersten Vers von I Saw them Die auf Schwedisch und ihr Name ist Kersti Stårbi. Sie ist eine sehr gute Freundin von mir und eine von Schwedens besten Folksängerinnen. I Saw them Die war der erste Song, den wir transformiert haben, darum hatte ich so viele Ideen, wie man ihn covern könnte. Es gab sogar noch mehr Varianten, aber die wurden nie aufgenommen. Aber es hat sich einfach richtig angefühlt, diesen Song als Kapitän für das Album auszuwählen.

Deine Version von Let the Napalm Rain erinnert ja eher an einen Lovesong, an eine Ballade mit dem merkwürdigen Dreh, dass die Zeile Let the Napalm Rain fast schon romantische Züge bekommt. Warum hast du diesen Song zu einer solchen Ballade gemacht?

Weil genau diese Balladen-Form den Songtext mehr betont. Ich mag es, wenn Dinge nicht wirklich zusammenpassen.

Tony
Auf jeden Fall werde ich auf meinem nächsten Album zu meinem eigenen Genre zurückkehren. – TONY NAIMA & THE BITTERS – nicht wirklich das Sinnbild von Metal-Heads… 😉

Um nochmals auf I Saw them Die zurückzukommen, welches Instrument bestreitet die instrumentale Version davon? Und wer spielt diese nicht ganz einfachen Passagen?

Es ist Matti Norlin (BADGE), der in dieser Version von I Saw them Die spielt. Das Instrument heißt Nyckelharpa, ein altes schwedischen Instrument, das vor allem bei Folk-Musik vorkommt. Es sieht aus wie eine Bratsche mit Knöpfen. Und ja – Matti weiß, wie man spielt!

Nach dem letzten Song folgt eine versteckte Version von Where the Ironcrosses Grow. Warum wurde diese Version zum Hidden Track?

Es ist wirklich nur eine Recordingsession, die außer Rand und Band geriet. Torbjörn Gjers, der Produzent, fand seine alte Groove Box und konnte es sich nicht verkneifen, sie an diesem Abend hervorzuholen. Also konnten wir sie nicht außen vor lassen – schon nur ihm zuliebe.

Ungewöhnlich ist auch das Cover-Artwork von Dismember. Irgendwie hat mich der zerstückelte Teddy an das 1992er Pieces-Cover erinnert. Gibt es eine Verbindung zwischen dem Teddybär und TONY NAIMA & THE BITTERS? Und wer hatte die Idee zu diesem Cover?

Es war meine Idee. Ich wollte etwas, das man mit einem DISMEMBER-Cover in Verbindung bringen konnte, aber in einer sanfteren Art. Und so ist es auch ein Portrait von mir auf eine gewisse Weise.

Wird Dismember auch mit einer Tour oder Festivalauftritten promotet? Und gibt es Pläne für Auftritte mit DISMEMBER zusammen?

Ich habe bereits damit begonnen, die Songs auch live zu spielen und ich hoffe, dass ich es so lange wie möglich machen kann. Wer mich also buchen will – nur zu, ich werde da sein!

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