TERRA TENEBROSA: Ich bin der Herrscher

Mit ihrem sensationellen Debütalbum "The Tunnels" haben sich TERRA TENEBROSA in die finsteren Herzen derjenigen gespielt, die das vage lieben, die Post Hardcore, Sludge und Industrial auf völlig einmalige und unkonventionelle Art und Weise verbunden haben wollen. Initiator der schwedischen Band ist The Cuckoo, ein geheimnisvoller Musiker, der vor einigen Jahren mit BREACH die nordeuropäische Hardcore-Szene aufmischte, und nun mit einem wundervollem Sinn für unheimliche Ästhetik für totale Gänsehaut sorgt. Zusammen mit The Cuckoo bringen wir zumindest ein wenig Licht ins dunkle Universum von TERRA TENEBROSA.

Mit ihrem sensationellen Debütalbum The Tunnels haben sich TERRA TENEBROSA in die finsteren Herzen derjenigen gespielt, die das Vage lieben, die Post Hardcore, Sludge und Industrial auf völlig einmalige und unkonventionelle Art und Weise verbunden haben wollen. Initiator der schwedischen Band ist The Cuckoo, ein geheimnisvoller Musiker, der vor einigen Jahren mit BREACH die nordeuropäische Hardcore-Szene aufmischte, und nun mit einem wundervollem Sinn für unheimliche Ästhetik für totale Gänsehaut sorgt. Zusammen mit The Cuckoo bringen wir nun zumindest ein wenig Licht ins dunkle Universum von TERRA TENEBROSA.

 

BREACH haben sich vor mittlerweile zehn Jahren aufgelöst, einige Musiker dieser Band finden sich heute aber in TERRA TENEBROSA wieder. Was passierte in der Zwischenzeit?

Nicht viel. Ich dachte, ich würde nie wieder Musik spielen. Jeder lebte nach dem Split von BREACH sein Leben weiter und ich geriet von einer Depression in die Nächste, war mal auf und mal frei von Medikation. Ich betrieb viel Selbstanalyse, um herauszufinden, wer ich war und wer ich sein wollte. Das war eine sehr schwierige Zeit, und ein großer Teil der Finsternis auf The Tunnels rührt daher. Ich glaube, es war im Jahr 2008, als ich in meinem eigenen Studio etwas herumgeblödelt habe, in dem ich ein paar von BREACH übrig gebliebene Ideen verarbeitete. Das tat ich nur zum Spaß, ganz ohne den Hintergedanken, eine neue Band zu gründen. Schließlich spielte ich das Material einigen Freunden vor, die das Material auch sehr mochten. Ich begann einige Ideen auszuarbeiten, und von da an gab jeder Song dem nächste eine Art Geburtshilfe. Bevor wir es selbst mitbekamen, hatte das Projekt ein Eigenleben entwickelt und wir waren eine Band.

Ihr verbergt die Personen hinter TERRA TENEBROSA. Kommt das daher, dass ihr euch als kreative Einheit versteht, bei der Individuen nur dem Gesamteindruck schaden würden?

Wir verwenden diese Masken, da wir etwas suchten, das visuell zur Atmosphäre der Musik passt. Und deshalb verwenden wir auch nicht unsere echten Namen.

Alle drei Mitglieder repräsentieren unterschiedliche Teile des Kosmos. Die Outfits sind ziemlich bizarr, es scheint, als würden sie die Rollen der Musiker repräsentieren.

Ich glaube, das überanalysierst du ein wenig. Wir wollten einfach nicht unser Line-Up mit Jeans und T-Shirt darstellen, aber viel mehr wie die Musik aussehen. Natürlich hat The Cuckoo ein verrücktes Grinsen auf dem Gesicht, während die anderen, die die Medikation repräsentieren recht matt aussehen.

Deshalb ist Risperdal eines der Pseudonyme der Musiker – das ist ein Psychopharmaka.

Ja, aber auch Hibernal (Musiker Nummer drei – Anm. d. Verf.) ist der Name eines starken Medikaments, das verwendet wird, um Psychosen und Schizophrenie zu behandeln.

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Pflastern einen Weg, der die Hörer in ihre eigenen Seelen treibt. TERRA TENEBROSA, hier: Bandmitglied Hibernal.

The Cuckoo ist der Herrscher von TERRA TENEBROSA – was ist seine Rolle in der Band? Erschafft er alles, ist er ein Tyrann, regiert er voller Grausamkeit?

Nun, ich BIN der Herrscher. Ich schreibe das meiste Material, ich habe die Masken und die Pseudonyme erschaffen, und welche Ideen die anderen auch immer einbringen mögen, alles wird durch mich gefiltert. TERRA TENEBROSA ist keine Demokratie.

Ein Kuckuck ist ein Parasit im Vogelreich, er legt die Eier in das Nest anderer Vögel, das Kuckucksküken schlüpft vor den anderen Jungen im Nest und wirft die Eier heraus, tötet also seine Stiefgeschwister, bevor sie am Leben sind. Das ist eine sehr boshafte Natur. Trifft das auch auf The Cuckoo von TERRA TENEBROSA zu?

Nein, das hat nichts mit dem Vogel zu tun. The Cuckoo ist viel mehr ein Verrückter, ein Exzentriker. Wenn man sich nicht anderen entsprechend verhält oder wie andere denkt, wird man als seltsam betrachtet. Das ist eher eine Referenz zu Ken Kesyes Einer flog übers Kuckucksnest.

Die Optik, das grenzenlose musikalische Leid, das intelligente Nichts, das ihr unter einem unbekannten Namen zeigt, schenkt euch das alles künstlerische Freiheit?

Ich denke schon. Vielleicht. Ich war sehr darauf bedacht, dies nicht als Fortführung von BREACH wirken zu lassen, und habe mich selbst heraus gefordert, Dinge zu tun, die ich vorher noch nicht getan hatte. Vielleicht bin ich als The Cuckoo auf eine Art und Weise frei, die Musik zu repräsentieren, die ich als normaler Mensch nicht bin. Frei von Erwartungen, die ich selbst und andere von mir haben.

Mit TERRA TENEBROSA hast du ein komplett neues musikalisches Level erreicht, alles klingt vage und geheimnisvoll. Zwischen Post Hardcore, Industrial und Sludge, gefangen in einer chaotischen Hülle. Was bedeutet das Chaos für TERRA TENEBROSA?

Ich versuche nicht, chaotische Musik zu schreiben. Ich will viel mehr ein bestimmtes Gefühl und eine besondere Atmosphäre erschaffen, die eben hier und da dazu tendiert, chaotisch zu sein.

The Tunnels klingt wie eine Mischung aus NEUROSIS, HAVOC UNIT und ein wenig natürlich auch BREACH, sowie die dunkle Seite der Natur und ihren Mechanismen. Das ist wirklich etwas Neues.

Ein paar der Songs habe ich ursprünglich für BREACH geschrieben, und als ich mit diesen Ideen herum spielte, entsprangen daraus wieder neue Ideen. Vieles der Dunkelheit in der Musik kämpft gegen einen langen, harten Blick auf mich selbst. Das war für mich eine Art innerer Reise, auf der ich Dinge versteckt im Dunklen fand, die ich einfach raus ans Licht zerrte. Außerdem wurde ich vor den Aufnahmen Vater, was mich dazu veranlasste, die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu sehen. So als würde ich meine Scheuklappen ablegen, um festzustellen, in welch dunkler Welt wir leben.

Du folgst nicht den normalen Wegen des Songwritings, so als wärest du von normalen Songs gelangweilt. Wie bringst du dich dazu, eine derartige Ebene des Songwritings zu erreichen – oder kam all das ganz natürlich?

Es kam schon auf recht natürlichem Wege. Wichtig war es, ein gewisses Gefühl zu liefern. Wir wollten, dass The Tunnels auf gewisse Art meditativ wirkt, einen Weg pflastern, der die Hörer in ihre eigenen Seelen treibt. Es sollte das Gefühl einer inneren Reise entstehen, und das abrupte Ende des Albums ist das Schnippsen unserer Finger, das den Hörer aus der Hypnose erwachen lässt.

Wie lange habt ihr an The Tunnels gearbeitet? Es hat so voller Details und so viele Schichten, dass es klingt, als hättet ihr eine Ewigkeit daran gearbeitet.

Wir begannen 2008 mit den Aufnahmen und arbeiteten bis wenige Monate vor der Veröffentlichung am Album. Aber die Arbeiten liefen eher sporadisch ab, wir saßen nicht Tag und Nacht im Studio.

Es gibt wirklich sehr atmosphärische, dunkle Passagen auf dem Album, wie Probing The Abyss und Guiding The Mist / Terraforming, die sehr eingängig sein, aber auch chaotisches Material, wie bei Arc Of Descent – wie die beiden Schalen einer Waage.

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TERRA TENEBROSA ist keine Demokratie. Auch Risperdal (Bild) braucht für seine Ideen die Zustimmung des Monarchen.

Als ich The Tunnels zusammen stellte, wollte ich ein Album, und nicht nur eine Zusammenstellung von Songs erhalten. Wie bereits erwähnt, wir wollten das Gefühl einer Reise erschaffen. Ich dachte auf eine Art, wie ein Drehbuchautor beim Schreiben denkt. Wir haben auch eine Menge Material aufgenommen, dass es nicht auf The Tunnels schaffte, da es einfach nicht dazu gepasst hätte.

Euer Debüt klingt teilweise sehr mechanisch und außerweltlich, wohl wegen den elektronischen Elementen und dem Einsatz des Drum-Computers. Ist das überhaupt ein Drumcomputer, oder ist der Mix absichtlich so mechanisch gehalten?

Wir verwendeten sowohl analoges, als auch digitales Schagzeug, daneben noch Samples und Synthesizern. Zum Mix: Ich wollte so wenig Leute wie möglich im Prozess der Entstehung des Album einbinden, also mischte ich The Tunnels selbst. Ich bin kein Profi, aber ich bin recht zufrieden mit dem Resultat.

Der Gesang spielt eine recht große Rolle, dass die Musik so seltsam klingt. Es gibt Geschrei, das an Steve Austin von TODAY IS THE DAY erinnert, außerdem finden sich herunter gepitchte, dunkle Erzählstimmen. Du hast es absichtlich vermieden, den Gesang auf typische Art und Weise einzusetzen?

Ich habe die Schnauze voll von Sängern, die sich die Lunge heraus schreien und Melodien singen, die nicht zur Musik passen. Ich wollte ein bestimmtes Gefühl und eine Atmosphäre erschaffen, darum habe ich diesen Weg gewählt.

Statt Texten finden sich ein paar Zitate im Booklet, die abermals einen sehr schizophrenen Eindruck hinterlasen. Krishnamurti, Wilde, die Bibel und The Cuckoo kommen zu Wort. Wie hängt all das zusammmen? Bitte hilf uns ein wenig.

Ich bin kein großer Fan der modernen Gesellschaft, und das Zitat von Oscar Wilde (Most people are other people. Their thoughts are someone elses opinions, their lives a mimicy, their passions a quotation. – Anm. d. Verf.) handelt von Leuten, die blind durch das Leben laufen und nicht für sich selbst denken. Das ist natürlich verbunden mit unserer Gesellschaft und dem Zitat aus der Bibel, der Gabe des Wissens (For God knows that when you eat of it, your eyes will be opened, and you will be like God, knowing good and evil. – Anm. d. Verf). Das Zitat des Cuckoo (When I am king, heads of the old regime will tumble into the baskets at the foot of my guillotine. – Anm. d. Verf.) ist, wie ich denke selbsterklärend.

Ich kann mir nicht vorstellen, TERRA TENEBROSA wo anders, als in meinem Kopf zu entdecken. Ich denke nicht, dass ihr live auftreten werdet, sondern ein Studioprojekt bleibt. Liege ich richtig, oder arbeitet ihr doch an Auftritten?

Wir werden durchaus live spielen, aber ich weiß noch nicht wann oder wo. Wir haben allerdings Schwierigkeiten zusammen zu kommen, da wir ungefähr 1000 km voneinander entfernt leben. Außerdem müssen es mehr Leute sein, als nur wir drei.

Hilft es wenigstens beim Songwriting, keine Gedanken an eine eventuelle Liveperformance zu verschwenden?

Nein, daran denke ich wirklich nicht. Ich will einfach gute Musik schreiben. Wenn sie live funktioniert, spielen wir sie live. Wenn nicht, dann eben nicht.

Ihr habt bei TRUST NO ONE unterschrieben. Ihr kennt das Label und SWITCHBLADE bestimmt noch aus BREACH-Zeiten, nehme ich an?

Wir kennen uns schon seit vielen Jahren. TRUST NO ONE haben BREACH auf Vinyl veröffentlicht und BREACH haben mit SWITCHBLADE schon den Proberaum geteilt.

Zum Abschluss noch einen Zukunftsausblick – wird es mehr von TERRA TENEBROSA geben, oder war The Tunnels eine einmalige Sache?

Wir haben schon ein paar Songs des kommenden Albums aufgenommen und werden live auftreten. Das ist erst der Anfang.

 
Fotos: (c) Johann Dahlroth

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