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ST. HELENA DOOM FEST 2012 mit LIGHT BEARER, BLACK SHAPE OF NEXUS und anderen am 26. Mai 2012 in der Kranhalle, München

Langsam: ja. Doom: selten. Und trotzdem, ein schönes, kleines Ein-Tages-Festival mit BLACK SHAPE OF NEXUS, die überragend in Form sind.

Der Begriff Doom ist in etwa so dehnbar wie die Zeit zwischen zwei Anschlägen bei Riffs von BUNKUR. Aber selbst wenn wir recht großzügig sind, heute Abend gibt es nur eine von fünf Bands, die in diese Kategorie passen wollen, und die heißen BLACK SHAPE OF NEXUS. Sogar der Headliner LIGHT BEARER, die Nachfolgeband der famosen FALL OF EFRAFA wird nur mit Phantasie in diese Sparte gezählt, denn sie stehen nach wie vor knöcheltief im Hard- und Crustcore, alles was darüber hinausgeht ist eher im NEUROSIS-Eck anzusiedeln, als im Doom. Dennoch, das Line-Up ist vielversprechend und sehr abwechslungsreich, so dass ich gerne, zusammen mit gut 150 anderen 14 € bezahle und mich Mollklängen in zahlreichen Varianten hingeben.

 GOTTESMORDER
DIY, fleißig, musikalisch noch arg ausbaufähig: GOTTESMÖRDER aus Pisa.

Das Festival beginnt bereits recht früh, so dass wir WASSERMANNS FIEBERTRAUM leider verpassen. Wenn man dem glauben darf, was die Anwesenden erzählen, gibt es eher durchschnittlichen Post Rock zu hören. GOTTESMORDER hingegen sind trotz, oder gerade wegen ihres Plakativen Namens momentan in aller Munde. Das Trio aus Pisa schwimmt auf der Welle von ALTAR OF PLAGUES, DEAFHEAVEN und DER WEG EINER FREIHEIT genüsslich mit, nicht ohne jedoch eine Menge Eigeninitiative zu zeigen. So sind GOTTESMORDER pausenlos auf Tour, ganz ohne Label und Bookingagentur. Ihre jetztjährige Debüt-EP ging in Ordnung, live ist das allerdings viel zu breiig. Statt für Hooks zu sorgen, oder in einen Strudel der Hypnose zu reißen, sind GOTTESMORDER mit ihren Riffs und Rhythmen eher stumpf und uninteressant, der Gesang will außerdem nicht wirklich passen. Schade, aber von den drei Italienern hatte ich mir viel mehr erwartet. Vielleicht liegt es auch an dem mäßigen Sound in der Kranhalle, dennoch bin ich sicher, dass GOTTESMORDER noch einiges zu lernen haben, um wirklich überzeugen zu können und ihrem Ruf gerecht zu werden.

 ZIPPO
ZIPPO bieten: Netten Stoner Rock ohne nennenswerte Highlights aber einen schön bärtigen Frontmann.

Mit ZIPPO folgt eine weitere italienische Band, die sich allerdings stilistisch markant von GOTTESMORDER unterscheidet. Groovender Stoner Rock mit ein wenig Psychedelic Rock dominiert das Bild. Statt der eher zurückhaltenden Performance der Vorgänger, lassen ZIPPO die Sau raus, coole Rockposen gibt es vor allem von dem bärtigen Sänger zu bestaunen, der eine überaus kraftvolle Stimme hat. So riffen die fünf Musiker fröhlich und heavy dahin, allerdings ohne wirkliche Highlights parat zu haben. Das ist für ein paar Songs ganz nett, aber dann beginnt es doch ein wenig zu langweilen. Immerhin gibt sich die Band mit ihrer Performance Mühe, der Sound ist erheblich besser wie bei der vorherigen Band und irgendwie ist es doch recht kurzweilig. Unterm Strich war das maximal nett, Freunde von KYUSS und SLEEP könnten das aber vielleicht anders empfunden und ein heißes Höschen bekommen haben.

 BLACK
Live wie auf Platte unschlagbar. BLACK SHAPE OF NEXUS sind die mit Abstand beste Band des Abends.

Endlich geht es ans Eingemachte. BLACK SHAPE OF NEXUS, die mit Negative Black heuer schon diverse Trommelfelle vernichtet haben, zerlegen zum ersten Mal München. Das erstklassige Material ihres neuen Albums funktioniert auch live perfekt. Der Opener Illinois ist noch ein wenig leise, danach geht es mit den Hits des Albums in die Vollen. Der sogenannte Boogie-Doom von 400H und 14d groovt so bestialisch heavy, dass am nächsten Tag neben einem miserablen Magen auch heftige Nackenschmerzen anstehen. Dann wird es misanthropisch und bizarr, die derbe Sludge-Nummer 10000 µF spaltet den Schädel und lässt auf der Bühne Bierflaschen platzen, die Sänger Maltes manischer Performance wegen auf den Boden gedroschen werden. Gitarrist Geb ist zwar gut gelaunt, hängt sich aber ebenso in die Show rein, wie der Sänger mit seinem abartigen Organ. Das Rückgrad der Band wird durch Gitarrist Ralf, der mit seinen zahlreichen Effekten experimentiert und Schlagzeuger Marco gebildet, daneben sorgt Jan an seinem Terror-Synthesizer dafür, dass die Lücken zwischen den massiven Riffs mit der richtigen Menge Lärm gefüllt sind. Zusammen ergeben BLACK SHAPE OF NEXUS eine brutale, erbarmungslose, kompromisslose Wand, die nicht viel konsequenter hätte sein können. Der fünfzigminütige Auftritt der Band zeigt, dass trotzdem eine ordentliche Menge Abwechslung enthalten ist. Nein, viel besser kann man solche Musik nicht spielen. Dass BLACK SHAPE OF NEXUS zum Ende hin noch ein altes Stück zum Besten geben, schließt den Auftritt perfekt ab. Ein wenig lauter hätte es noch sein dürfen. Mehr aber auch nicht. Mit Abstand die beste Band des Abends.

 LIGHT
Ein Headliner, der das Erbe von FALL OF EFRAFA würdig antritt: LIGHT BEARER aus London. 


LIGHT BEARER
tragen schließlich das Licht in die Dunkelheit hinaus, und die ganze Kranhalle folgt ihnen. Nach dem Ende von FALL OF EFRAFA suchte sich Sänger Alex schnell ein neues Betätigungsfeld, und so erschien bereits letztes Jahr das fantastische Debütalbum Lapsus, das Freunde von Post Hardcore schnell in die Herzen schließen konnten. Und genau das wird nun auch live präsentiert. LIGHT BEARER verbinden einerseits die Hardcore-Basis mancher, mit der Doomaffinität der restlichen Musiker andererseits. Dass hieraus ein homogenes Gesamtbild entsteht, ist der Akribie zu verdanken, mit der diese epischen Songs geschrieben wurden. Auch wenn sich manche Stücke, wie der Titelsong von Lapsus hier und da ein wenig in ihren Riffs und Soundscapes verlieren, auch wenn das neue, über zwanzigminütige Celestum Apocrypha, Book Of Watchers gelegentlich zerfahren wirkt, immer wieder packen LIGHT BEARER zu und sorgen für Gänsehaut. Die emotionale Darbietung von Sänger Alex lässt den Auftritt außerdem nicht langweilig werden, während sich der Rest der Band angenehm zurück hält und peinliche Posen vermeidet. Das Sextett spielt in der guten Stunde nur eine Handvoll Songs, diese haben aber durchaus epische Qualitäten – so sehr, dass die durchaus motivierten Fans zum ersten Mal an diesem Abend so richtig mitbrüllen. Somit wird dieser Auftritt ganz klar zum Siegeszug für LIGHT BEARER. Wenn das erst der Anfang von dem war, was diese Band zu bieten hat, freue ich mich umso mehr auf das, was noch kommen mag.

Die gut 150 Zuschauer verlassen nach ein paar schwachen, aber ein paar umso besseren Auftritten sehr zufrieden um kurz nach Mitternacht die Kranhalle. Die zweite Auflage des ST. HELENA DOOM-FEST ist also durchaus gelungen, die Veranstalter Alex und Jakob beweisen ein gutes Händchen für ein ausgewogenes, interessantes Billing und hat mit BLACK SHAPE OF NEXUS die beste Band seit langem nach München geholt. Selbst wenn nicht überall Doom drin ist, wo es drauf steht, es passt zusammen, was hier kredenzt wird. Daher freuen wir uns schon jetzt auf die nächste Auflage dieses kleinen, feinen Festes.

Festival Flyer (c) Learn To Swim / Livebilder (c) Florian Schneider / scatterlens.net

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