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UNGFELL: Demo(lition) [Re-Release]

UNGFELLs Demo erfährt eine Renaissance. Ein lohnender Ausflug in finstere Zeiten?

Es braucht nicht unbedingt einen gehörigen Schluck Appenzeller Alpenbitter, um sich an UNGFELLs Frühwerk heranzutrauen, doch ein starker Magen schadet nicht. Das Schweizer Duo – damals noch als Soloprojekt von Menetekel mit Gastdrummer Infermità – ist nicht gerade für polierten Black Metal bekannt. Dem Kopfkino der Rezipienten droht gewaltiges LoFi-Geschepper, doch so arg wird es dann doch nicht. UNGFELL, die mit ihrem letzten Album „Es grauet“ ein nichts als brillantes, wildes und kreatives Konzeptalbum geschaffen haben, waren auch schon in ihrer Frühphase herrlich chaotisch und doch ausreichend transparent, sodass „Demo(lition)“ das ein oder andere zu bieten hat.

„Demo(lition)“ dokumentiert UNGFELLs Frühphase authentisch: 40 Minuten roher, punkiger LoFi-Black Metal, der clever und gewitzt performt wird.

Der charakteristische Klang von UNGFELL, der in den rohen Black Metal eine punkige Note ebenso wie folkloristische Elemente verwebt, war schon mit diesem, ursprünglich 2015 veröffentlichten Demo gegeben. UNGFELL agieren hier weniger unbeholfen, als man vermuten dürfte und lassen schon den spielerischen Witz und den grantigen Wahnsinn spüren, der die folgenden drei Alben dominiert. Die Songs des Demos lassen starke Ideen erkennen, die sich aber erst aus dem Chaos schälen müssen, und hieran ist nicht einmal das wie üblich hysterische Geschrei schuld. Konkret: Die Stücke auf „Demo(lition)“ sind nicht so straff arrangiert und durchgehend so treffsicher wie das, was UNGFELL schon zwei Jahre später boten, haben aber immer wieder das Überraschungsmoment auf ihrer Seite.

Und selbst Songs wie „Vom Menschen und anderen Krankheiten“ und „Condamné à mort“, deren Riffs nicht immer zünden wollen, entwickeln sich und lassen durch besonere Momente aufhorchen. Hier wird immerhin das angedeutet, was „Hagazussa“, den Hit des Demos, in voller Pracht auszeichnet: Für UNGFELLs Verhältnisse ist das Stück recht ruhig und langsam, gleichzeitig ist da aber erkennbar, welches Songwriting-Potenzial schon dem frühen Bandstadium innewohnte. Somit ist es nicht verwunderlich, dass schon zwei Jahre später das Debütalbum „Tôtbringære“ ein deutlich höheres Gesamtniveau zeigte.

Ungestüm und ein wenig inkonsistent: „Demo(lition)“ ist vor allem für UNGFELLs fanatische Anhängerschaft empfehlenswert.

Eine inkonsistente Angelegenheit ist „Demo(lition)“ trotzdem irgendwie, denn neben einem Intro und vier regulären Songs ist mit „Nachtflirren“ eine Proberaumaufnahme zu hören, bei der vielleicht doch ein kräftiger Schluck nötig wäre. Klanglich wurde der Track nicht vom remasternden Greg Chandler gerettet, immerhin zeigen UNGFELL aber spielerisches Können – hier wäre eine Neuaufnahme echt sinnvoll gewesen, denn „Nachtflirren“ ist im Prinzip ein starker Song. Andererseits meine ich, den ein oder anderen Teil von diesem Stück in anderen UNGFELL-Tracks gehört zu haben. Abschließend ist noch mit „De Wolf vo Ringgebärg“ ein unveröffentlichtes Lied aus 2017 an Bord, über dessen Veröffentlichung man sich auch wirklich freuen darf, Wahnsinn, Epik, Folkloristische Elemente, schräge Ideen – hier ist alles dabei.

Insgesamt ist „Demo(lition)“ vor allem für diejenigen eine schöne Sache, die UNGFELL schon länger folgen und noch ihr Frühwerk entdecken wollen. Anstrengend und stressig sind diese vierzig Minuten aber auch, . Schade nur, dass das Artwork überarbeitet wurde, immerhin sah das originale Artwork liebevoller gestaltet aus. Freude von UNGFELL, die schon länger auf diese Wiederveröffentlichung warten, sollte dies aber nicht aufhalten. Wer hingegen neu im kauzigen Kosmos der Schweizer ist, findet mit „Es grauet“ den einen besseren Einstieg.

VÖ: 28. Februar 2022

Spielzeit: 39:03

Line-Up:
Menetekel – Vocals, Guitars, Bass, additional Instruments, Songwriting, Lyrics
Infermità – Drums

Label: Eisenwald

UNGFELL „Demo(lition)“ Tracklist

1. Auftakt (…es lebe der Pöbel)
2. Hagazussa
3. Ex Claude Salus
4. Vom Menschen und anderen Krankheiten
5. Condamné à mort
6. Nachtflirren (rehearsal)
7. De Wolf vo Ringgebärg (Bonus Track) (Official Audio bei Youtube)

Mehr im Netz:

https://ungfell.bandcamp.com/
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