Sommer ist’s, und im Feenland tanzen die Feen. TRHÄ klingt wie Tinker Bells Black-Metal-Projekt, hab ich mal irgendwo gelesen, und so witzig das klingt, so langsam muss man sich von dieser Vorstellung verabschieden: Denn das hier vorliegende Werk, sein bisher buntestes und am fettesten klingendstes, ist zwar immer noch feengleich, aber extrem verspielt und wild und überhaupt nicht böse: „lact’eben“ ist der perfekte Soundtrack für einen sommerlichen Gang auf ein möglichst ausgelassenes Fest und wird unter Garantie alle Black-Metal-Puristen da draußen ziemlich dolle verschrecken – zumindest jene, die vor Feen und Farben Angst haben.
Und vor Pop-Musik. Ja, TRHÄs Musik, obschon nach wie vor extrem, wild und kratzbürstig, strotzt inzwischen nur so vor Groove, Hooks und jugendlichem Sturm und Drang, so dass man von „Black Metal“ im eigentlichen Sinne hier im Grunde gar nicht mehr sprechen kann: Das ist vertrackter Grind-/Emocore mit Melodien, die irgendwo zwischen Wehmut und Überschwang im Sonnenlicht schillern, und die Ausführung dessen ist ganz wunderbar: Da hören wir diesen rohen, aber unglaublich warmen Gitarrensound, den er immer mehr perfektioniert und der mittlerweile weit mehr ist als nur Schrammeln im Hintergrund; wir hören nach wie vor ausgesprochen entzückendes hohes Kreischen und Schreien; und wir hören ein Schlagzeug, das einfach zu organisch bollert und hackt, um programmiert zu sein. Was wir aber vor allem hören: ein Gespür für Arrangements, die aus vielen Ideen ganze Songs machen – angesichts der unglaublichen Veröffentlichungsflut TRHÄs nun wahrlich keine Selbstverständlichkeit.
Heraus aus dem Schneckenhaus
Und so interessant und toll ich die alten Sachen (na ja, so ab Ende 2023) auch mittlerweile finde: TRHÄ in seiner aktuellen Inkarnation gefällt mir am besten, mit knackigem Schlagzeug, fetten Gitarren, abwechslungsreicher Rhythmik und unwiderstehlichem Pop-Appeal. Seine Musik sei eine Ode an die Kindheit, heißt es; wie treffend. Und ja, dieser Mensch lebt meinen Traum: All die kindlichen Melodien, die in ihm leben und immer wieder raus wollen, die nimmt er halt einfach auf und veröffentlicht sie – und Tausende lieben es. Es klingt wie im Märchen, ist aber außerordentlich real und einfach nur großartig, denn man kann ja seiner Persönlichkeitsentwicklung regelrecht zuhören: Der verschlossene, leicht depressive Eremit mit einer Schwäche für PAYSAGE D’HIVER kommt nach und nach heraus aus seinem Schneckenhaus, und spätestens dieses Jahr steht er ganz offensichtlich bald in voller Blüte und lebensfroh in der Welt.
Deshalb hier allen aufgeschlossenen Melancholikern meine volle Empfehlung für „lact‘ eben“. Und aber auch für „di nido jad – ◊untwan law¶ur dëhajt◊ejn – a∫ëtana lín bë“, die Zwei-Stücke-EP, die kurz zuvor in sommerlicher Farbgebung erschienen ist. Lediglich einen Faux-Pas erlaubt der Künstler sich hier, denn die zentrale Synthie-Melodie des ersten Stücks ist – vermutlich unbewusst – doch glatt dem ganz und gar nicht sommerlichen Superhit „Oh du Fröhliche“ entliehen. Wenigstens passt der Titel zur Musik, und spätestens wenn im zweiten Stück der EP elektronische Rhythmen in die Musik eingewoben werden – ein wiederkehrendes Motiv in TRHÄs Schaffen -, hält es vermutlich niemanden mehr auf dem Stuhl. Ab auf die Blumenwiese!
https://trha.bandcamp.com
Spielzeit: 31:43
Veröffentlichungsdatum: 30.06.2025
TRHÄ „lact’eben“ Tracklist
1. pi¶ipi¶ipi¶i alëca
2. zuj
3. den si∫cato£ nene
4. nadija
TRHÄ „di nido jad – ◊untwan law¶ur dëhajt◊ejn – a∫ëtana lín bë“ Tracklist
1. helëna
2. nu’ëma bën ëf ja nu’ëma ma£ se¶ac