Dass bei Deutschland sucht den Superstar auch so manch echtes Talent den Weg ins Fernsehen gefunden hat, beweisen SCENES indirekt mit ihrem Album Call Us At The Number You Provide. SCENES kommen aus dem Raum Stuttgart und ein gewisser Nektarios Biamatzis war Sänger der Band, bis er sie für ein freudiges Zusammensein mit Michelle Hunziker verließ. Damit hat er weder sich, noch SCENES einen Gefallen getan. Zum einen musste der gute Nektarios die schöne Michelle mit Dieter Bohlen und Thomas Stein teilen und zum anderen fehlt seine Stimme der Band unüberhörbar.
Das Album lässt diesen Schluss zu, weil neben den Tracks mit dem neuen Sänger Alex Koch (Ex-SPIRAL TOWER, POWERGOD) eben auch zwei Tracks mit Nekarios am Mikrofon auf Call Us At The Number You Provide enthalten sind. Ohne Alex wirklich kritisieren zu wollen, kann man sagen, dass Save The Light und My Own Life gesanglich absolut herausragend sind. Eben diese Tracks singt Nektarios. Man muss es gehört haben, wie er seine Stimme mit viel Soul über die ausdrucksstarken Klangbilder legt. Die Musik ist wie ein monumentaler, gläserner Bau, mit allerlei komplizierten Verstrebungen. Moderne Architektur, moderne Kunst – faszinierend und perfekt gearbeitet. Nektarios passt mit seiner klaren, schwingenden Stimme perfekt in diese Welt. Er erzeugt – in Einheit mit der Musik – ein anderes Gefühl als Alex Koch, der eher einen Power-Metallischen Einschlag besitzt. Aber wer nun auch singt, was SCENES musikalisch veranstalten ist, um es auf einen einfachen Nenner zu bringen, genial. Ich bin geradezu entzückt, wie die Jungs aus Stuttgart beweisen, dass auch aus Deutschland erstklassiger Progressive Metal kommen kann. Man muss es noch nicht einmal auf den Begriff Progressive Metal beschränken. SCENES bedienen sich vieler klanglicher Fragmente, die nicht unbedingt ins Genre gehören, jedoch artverwandt sind und damit exzellent in die Musik passen. Die Funk Gitarren in Nothing Left To Say sind ein Beispiel dafür, wie es SCENES gelingt, diese Elemente zu integrieren, ohne die Musik ins Unkenntliche zu fragmentieren. Keine Idee wird überspannt. Im Gegenteil; manchmal würde man sich sogar eine umfangreichere Ausarbeitung wünschen, wie im Jazz-Fusion artigen Beginn von You Walk Away. Aber auch die grundlegenden Arrangements sind sehr gelungen. Die heftigen, aber stets harmonischen Gitarren bilden mit dem detailreichen Drumming eine starke rhythmische Einheit. Wie in Start Again wird diese Rhythmus-Komponente dann auch mal nahezu ausgeschaltet und Piano-Klänge bestimmen das Bild. I Will Stay ist hingegen ein straighter Song, in dem die Keyboards eine atmosphärische Background-Funktion haben. Wie es SCENES auch anstellen, es klingt überzeugend. Mal klettern die Gitarren unisono Tonleitern oder produzieren singende Soli mit satten Obertönen. Call Us At The Number You Provide handelt von leblosen Verbindungen, darum den ersten Schritt zu machen und eine Verbindung aufzubauen. Die Verbindung zum Hörer ist dabei absolut lebendig. Und wohl auch die Verbindung untereinander. Dieses Album ist ein Werk mit Inspiration. Große Melodien in starken Arrangements wechseln sich mit interessanten Instrumentalpassagen ab. Alte VANDEN PLAS und neue DREAM THEATER kommen einem in den Sinn – und verschwinden recht schnell wieder. Der klare, wuchtige wie transparente Sound bläst einem alles, was nicht mit SCENES zu tun hat, schnell aus dem Kopf.
Was übrig bleibt, ist der Wunsch, dass die Band Nektarios zurück bringt. Nicht weil Alex Koch ein schlechter Sänger sei, sondern weil Nektarios einfach besser mit der Musik harmoniert. Insbesondere auf Piano-Arrangments hat seine Stimme absolute Gänsehautfaktor. Außerdem hat Alex ja schon einen guten Job. Andererseits erfüllen SCENES mit Call Us At The Number You Provide schon so viele Wünsche, da wird die Kritik zur Makulatur.
Veröffentlichungstermin: 21.03.2005
Spielzeit: 55:22 Min.
Line-Up:
Alex Koch – Vocals
Chris Lorey – Guitars
Florian Wenzel – Keyboards
Jan Ebert – Bass
Hendrik Edelthal-Hammer – Drums
Label: Escapi Music
Homepage: http://www.scenesmusic.de
Email: Chris.Lorey@gmx.de
Tracklist:
1. So (Father)
2. You Walk Away
3. My Own Life
4. Start Again
5. Deep Inside My Heart
6. I Will Stay
7. Safe The Light
8. Such A Shame
9. Nothing Left To Say (Unforgiven)