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RAMMSTEIN: Rammstein

RAMMSTEIN fahren mit ihrem neuen Album die ganz großen Geschütze auf: Breitwand-Sound, Brachial-Riffs, Bombast-Melodien – und Till Lindemann ist endgültig mehr Schauspieler als Sänger, verkörpert Charakter, statt nur von ihnen zu erzählen.

War‘s das nun wert? Wie gut ist das neue RAMMSTEIN-Album, das seit Januar 2019 mit einer durchinszenierten PR-Kampagne beworben wurde? Einer Kampagne, die übrigens ganz wunderbar funktioniert hat, da auch die x-te noch so kleine Ankündigung auf Interesse stieß. Eigentlich ist’s ganz einfach: Wer RAMMSTEIN bisher mochte, wird auch an „Rammstein“ Gefallen finden. Das Album ist zu 100 Prozent RAMMSTEIN – das kann man lieben oder hassen. Gleichgültig zu sein, war bei RAMMSTEIN schon immer schwer.

Die Berliner fahren mit ihrem neuen Album die ganz großen Geschütze auf: Breitwand-Sound, Brachial-Riffs, Bombast-Melodien – und Till Lindemann ist endgültig mehr Schauspieler als Sänger, verkörpert Charakter, statt nur von ihnen zu erzählen.

Die Ankündigungen seitens der Band, die neue Platte klinge „überhaupt nicht wütend“ oder gar dass „es Spaß mache, dieses Album zu hören“ werden spätestens mit dem Song „Puppe“ ins Gegenteil verkehrt. Was (gewohnt) unheilschwanger beginnt, steigert sich zum fiesesten, brutalsten und beängstigenden Moment, den man mit RAMMSTEIN je hatte. Und damit erfüllen RAMMSTEIN eigentlich alle Erwartungen, was das Spiel mit Erwartungen angeht – in doppelter Hinsicht.

RAMMSTEIN halten das Stöckchen und alle springen drüber

„Rammstein“ setzt auf die Standards, die RAMMSTEIN zweifelsohne beherrschen wie keine zweite Band und mit denen sie absolut unverkennbar geworden sind: Es geht um Abgründiges, Absurdes, Abnormales – und natürlich auch um Sex. Verpackt in martialische (Marsch)Musik mit stampfenden Beats und erstaunlich eingängigen Melodien. Texte, bei denen man ruhig auch zweimal hinhören kann. Ironie und gezielte Provokation. Und zwischendrin gibt eine finstere Ballade, auf dem neuen Album heißt sie „Diamant“, auf „Rosenrot“ hieß sie „Stirb nicht vor mir // Don’t die before I do“.

Es ist ein Best-of-RAMMSTEIN-Album!

„Tattoo“ mit seinen abgestoppten Gitarrenriffs klingt wie ein sehr, sehr alter RAMMSTEIN-Song. Mit „Weit weg“ zeigen RAMMSTEIN, wie weit sie sich seit Anfang/Mitte der Neunziger entwickelt haben und legen einen 70er-Jahre-Space-Rock-Keyboard-Melodie über ihre monotonen Signature-Riffs.

RAMMSTEIN jubeln uns in „Ausländer“ fiese Großraumdisco-Fanfaren unter (gab’s auch schon im Song „Pussy“ vom letzten Album „Liebe ist für alle da“). Doch wie auch „Mann gegen Mann“ (vom Album „Rosenrot“) ist der eigentliche Gag an diesem Song, dass ihn wieder alle mitsingen werden. Es werden Leute bei den Stadionshows Textzeilen mitgröhlen, die sie im echten Leben niemals auch nur denken würden. Beim RAMMSTEIN-Konzert zeigt sich jeder mit Homosexuellen oder Nicht-Deutschen solidarisch – wenn auch nur für einen kurzen Moment.

„Rammstein“ zitiert RAMMSTEIN

Wer es mag, wie Till Lindemann mit Sprache umgeht, wird auch Schüttelreime wie „lieber wiederlich als wieder nich’ “ (es geht um „Sex“) mögen. Überhaupt, schon bei den ersten Hördurchgängen fallen einige Referenzen auf: in „Weit weg“ heißt es „Mit einer Sonne in der Hand“. Die Sonne scheint ihm aus den Händen, wie auf dem Album „Mutter“ sozusagen. Oder „So halte ich mich schadlos“ in „Was ich liebe“ – kennt man von „Haifisch“ (von „Liebe ist für alle da“). Und was Ausdruckskraft angeht, zieht er alle Register von schmierigen Sex-Touristen bis zum vollkommen Irren und sorgt als „Hallomann“ für Grauen: „Ich kaufe dir Muscheln mit Pommes frites“  verspricht er da einem kleinen Mädchen. Wer weiß, dass Moules frites eines der belgischen Nationalgerichte sind, landet in der Assoziationskette schnell bei den Morden von Marc Dutroux. Und auch da gibt’s ein Wiedererkennen, „Mein Teil“ und „Stein auf Stein“ (beide vom Album „Reise, Reise“) bezogen sich ja auch auf realen Irrsinn.

An der Spitze ist wenig Platz nach rechts und links

Mit diesem Album haben RAMMSTEIN, das, was sie schon immer gemacht haben, auf die Spitze getrieben. Größer, lauter, fieser. Auf der Spitze ist aber auch wenig Platz nach rechts, links, vorne und hinten – und das könnte man an „Rammstein“ kritisieren: Die richtig große Überraschung fehlt.

Veröffentlichungstermin: 17.5.2019

Spielzeit: 46 Min.

Line-Up:
Christoph Schneider (Schlagzeug)
Richard Z. Kruspe (Gitarre)
Paul Landers (Gitarre)
Till Lindemann (Gesang)
Oliver Riedel (Bass)
Flake Lorenz (Keyboards)

Produziert von Rich Costey

Label: Rammstein (Universal Music)

Homepage: rammstein.de
Facebook: https://www.facebook.com/Rammstein/

RAMMSTEIN “Rammstein” Tracklist

1. DEUTSCHLAND (Video bei YouTube)
2. RADIO (Video bei YouTube)
3. ZEIG DICH
4. AUSLÄNDER
5. SEX
6. PUPPE
7. WAS ICH LIEBE
8. DIAMANT
9. WEIT WEG
10. TATTOO
11. HALLOMANN

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