Morgens, mittags, abends – man hätte unserem Hund zu Lebzeiten immer und ohne Ausnahme den gleichen Fraß auftischen können; für ihn war es stets ein Festmahl. Es sind andere Ansprüche, als wir Menschen sie haben, möchte man meinen. Und doch übertragen POWERWOLF dieses Prinzip ihrer Verwandten im Geiste ziemlich erfolgreich auf unsereiner. Mit steter Regelmäßigkeit setzen uns die Saarländer ihre bombastischen und hocheingängigen Power-Metal-Hymnen vor, deren Innovationswillen zumeist mit dem Songtitel oder einem anzüglichen Witzchen darin endet.
Die Massen begeistert das Quintett mittels seines todsicheren Erfolgsrezepts dennoch, indem man ähnliche Kniffe des Pop- und Schlager-Instrumentariums kurzerhand in ein metallisches und ungleich lauteres Vokabular überträgt. Schwungvoll und energiegeladen zeigt sich in der Folge auch „Wake Up The Wicked“, das ansonsten jedoch elf Songs lang zuvorderst das große Problem an POWERWOLFs derzeitiger Marschrichtung aufzeigt.
POWERWOLF waren noch nie so berechenbar wie auf „Wake Up The Wicked“
Große Standout-Tracks fehlen trotz catchy Grundausrichtung und offensichtlicher Singalongs fast vollständig, da die Formation vornehmlich damit beschäftigt ist, sich und ihren eigenen Backkatalog wiederzukäuen, ohne auch nur irgendeinen frischen Akzent zu setzen. So finden wir in „Heretic Hunters“ die obligatorischen Folk-Anleihen, deren tanzbarer Grundcharakter in „1589“ bald von opulentem Kitsch abgelöst wird. Dass wir schon beim ersten Lesen des Titels eine exakte Vorstellung des Refrains im SABATON-Stil im Kopf haben, unterstreicht die Berechenbarkeit, mit der POWERWOLF mittlerweile zu Werke gehen.
Dicker aufgetragen wird nur in „Joan Of Arc“, das als beschwingter Aufguss von „Sainted By The Storm“ jedoch ein weiteres Indiz dafür ist, dass die größte Power-Metal-Band der Nation in einer kreativen Krise steckt. Der Versuch, in „Kyrie Klitorem“ und „Viva Vulgata“ eben das mit überdrehtem Bombast zu kaschieren, bleibt so farblos wie das Songwriting, das sich in seiner kompakten Natur auf das absolute Minimum beschränkt. Weder Ballade noch der Versuch, eine schaurige Mär jenseits der Vier-Minuten-Marke zu spinnen; dafür allerdings eine geradezu erschreckende Erkenntnis: Sogar SABATON sind mittlerweile die mutigeren Songschreiber.
Routiniert und risikoscheu – POWERWOLF steuern in eine Sackgasse
Es spricht Bände, dass mit „Thunderpriest“ und dem Titeltrack ausgerechnet die beiden temporeichen Stücke hervorstechen, die das sakral-orchestrale Wettrüsten eben nicht uneingeschränkt mitmachen. Enttäuschend ist das mit Blick auf das Album, aber auch die komplette Diskografie, dennoch: zu risikoscheu, um gut zu sein, und zu routiniert, um als kompletter Fehltritt abgetan zu werden. Zumindest wissen wir, für wen „Wake Up The Wicked“ mit seinen immergleichen Zutaten ein Festmahl gewesen wäre – morgens, mittags und auch abends.
Veröffentlichungstermin: 26.07.2024
Spielzeit: 37:11
Line-Up
Attila Dorn – vocals
Falk Maria Schlegel – organ
Charles Greywolf – guitar
Matthew Greywolf – guitar
Roel van Helden – drums
Produziert von Joost van den Broek
Label: Napalm Records
Homepage: https://www.powerwolf.net/
Facebook: https://www.facebook.com/powerwolfmetal
Instagram: https://www.instagram.com/officialpowerwolf/
Bandcamp: https://powerwolf.bandcamp.com
POWERWOLF “Wake Up The Wicked” Tracklist
- Bless ’em With the Blade
- Sinners of the Seven Seas (Video bei YouTube)
- Kyrie Klitorem
- Heretic Hunters
- 1589 (Video bei YouTube)
- Viva Vulgata
- Wake Up the Wicked
- Joan of Arc
- Thunderpriest
- We Don’t Wanna Be No Saints
- Vargamor