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PËRL: Les maîtres du silence

Aus Paris in die Wälder dieser Welt:  Die Post Metal-Band PËRL zeigt auf ihrem dritten, reichlich unkonventionellen Album „Les maîtres du silence“ eine Verschmelzung aus Progression und Mythos, aus Mensch und Tier.

Es ist Sommer, geht raus ins Grüne! Das propagieren auch PËRL, die Lieder für das Tier im Menschen schreiben. Auch davon abgesehen transzendiert das Trio aus Paris mit seiner Kunst – sie wollen sich schlicht nicht festlegen. Post Black Metal, Post Metal, moderner Metal, Post Punk oder gar Indie? Für die „Meister der Stille“ scheint alles möglich. Dadurch wird es für Menschen, die in Schubladen denken und hören (wer nimmt sich davon schon aus?) anstrengend, in die Welt von Frontfrau Aline Boussaroque und ihrer Band einzutauchen. Und zugleich wirkt ihr drittes Album „Les maîtres du silence“ sehr vertraut.

Erinnerungen werden an die norwegische Szene um MANTRIC und EXTOL wach, die eine ähnliche Form des Komponierens wählen. PËRL weigern sich somit, ihre Songs nach bekannten Schemata zu schreiben. Jeder der Tracks überrascht, keiner will sich so richtig im Gehirn verankern, zumindest in Hinsicht „Strophe-Refrain“. Das Trio aus Paris besitzt aber mehr Energie, mehr Verve, sie sind rauer und eben mehr Kinder dieser Zeit. Ihre Einflüsse sind anders, ebenso die Art, wie sie diese verarbeiten. ALCEST und GOJIRA dürften von PËRL wohl gern konsumiert werden, aber das ist eher zu spüren und weniger zu hören. Apropos spüren, die acht Songs auf „Les maîtres du silence“ fokussieren sich mehr auf Gefühl statt technischer Brillanz oder die Vorgaben einer Szenen, zu der PËRL ohnehin nicht gehört. So entsteht eine animalische Verbundenheit, die mehr Poesie als Klischee ist.

Mit komplexen Songs und schöner Eigenwilligkeit zelebrieren PËRL auf „Les maîtres du silence“ eine Verbundenheit mit dem Tier im Inneren.

Schon „Varulv“, das zwischen Melancholie und Wut pendelt, lässt keine Spuren von Urbanität erkennen. Das gilt auch für die weiteren Songs, die sich im weiteren Sinne immer wieder gern einem stilistischen Bereich widmen. „Je parle au sauvage“ legt den Fokus auf modernen, groovigen Metal, „Monarques“ ist näher am Post Rock, bis es gegen Ende in Richtung Post Black Metal geht und „Sur le seuil“ hat ein richtig starkes Post Punk-Finale. Auch die restlichen Stücke überzeugen und überraschen immer wieder. Und genau an dieser Stelle sind PËRL richtig gut: Das Album folgt einem Fluss, alles hat die Handschrift der Formation und trotzdem gleicht kein Song dem anderen. Diese Frische und Wildheit würde ich mir von mancher Genre-Koryphäe sehr wünschen. Etwas griffiger dürften die Songs dann aber doch sein, der ein oder andere Ohrwurm stände dem Trio sicherlich gut.

Dafür ist stets die Energie eines richtig gut eingespielten Trios zu hören. Die starke Performance des Bassisten Bastien mit Groove, Varianz und Freude am experimentieren mit Effekten fällt dabei ebenso auf, wie die Gitarrenarbeit, die eher Raum lässt, als die Musik zu ersticken. Die beiden Musiker ergänzen sich hier ausnehmend gut. Das Drumming hält sich hier vergleichsweise zurück, unterstützt eher, spielt keine richtig komplexen Figuren und lässt Raum für die Entwicklung ihrer Songs. Dennoch überzeugt auch diese Performance. PËRL profitieren am meisten von ihrer Frontfrau Aline, die beherzt schreit, aber noch besser in den ruhigen Momenten ihre Texte ja, fast haucht und auch immer wieder leidenschaftlich singt, so dass auch der schöne Klang der französischen Sprache passend zur Geltung kommt.

PËRL überzeugen als Power Trio und erweisen sich als hervorragend eingespielte Einheit.

Schön ist auch, dass die Musik sehr dynamisch und organisch gehalten wurde, auch wenn dem Album ein voluminöserer Mix gerade im Bereich der Drums gut getan hätte. So wirkt das Soundbild auch trotz des Masters von Magnus Lindberg etwas dünn – und gerade das darf einem Power Trio nicht passieren. Davon abgesehen haben PËRL mit ihrem dritten Album ein wirklich unkonventionelles Werk geschaffen, dessen Eigenwilligkeit wohl nicht zulässt, dass ein großes Publikum auf sie aufmerksam wird, allein schon, weil sie (noch) ohne Label im Business bestehen müssen. Darum sei „Les maîtres du silence“ umso mehr ans Herz gelegt. Wer im Post Metal und den angrenzenden stilistischen Bereichen Musik mit Frische und Eleganz sucht und auf der Suche nach der wilden Seite in sich ist, wird hier definitiv fündig.

Wertung: 6,5 von 8 Krafttiere

VÖ: 14. Mai 2021

Spielzeit: 53:17

Line-Up:
Aline Boussaroque (chant/guitare/machines/textes)
Bastien Venzac (basse)
Thibault Delafosse (batterie, percussions)

Label: Eigenproduktion

PËRL „Les maîtres du silence“ Tracklist

1. Varulv
2. Je parle au sauvage (Official Video bei Youtube)
3. Monarques
4. L‘(h)être balafré
5. Le Veilleur
6. Sur le seuil
7. Le jour de Corneilles
8. Et dans l’aube la nuit emplit leurs yeux

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