Es war durchaus ein Heilsweg, den MĀNBRYNE mit ihrem Debütalbum beschritten. Denn Polen, ein Land mit einer sehr florierenden Black Metal-Szene, schafft es seit Jahren nicht, den nächsten Entwicklungsschritt zu machen. MĀNBRYNE sind nun die, die das Zeug dazu haben, diese Musik auf das nächste Level zu heben. In Sachen Ästhetik haben sie es bereits auf dem Debütalbum geschafft, nun folgt mit „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ noch die Musik. Dabei war „Heilsweg: O udręce ciała i tułaczce duszy“ schon ein sehr starkes Stück Black Metal und hatte höheres Potenzial als die letzten Alben von BLAZE OF PERDITION, die Hauptband einiger Akteure hinter MĀNBRYNE.
MĀNBRYNE als Chronisten der Disruption: „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ frischt den europäischen Black Metal auf.
Nun besingen MĀNBRYNE den verwaisten Thron, betrachten ein verfallenes Königreich und wirken dabei, passend zum Hieronymus Bosch-Intro, wie die Chronisten der Disruption. Bereits der Titel – zu deutsch: „Von der Prüfung des Glaubens und der Last des Zweifels“ – spricht Bände. Das Konzept wird über das ins Auge stechende Artwork visualisiert, die Musik ist es aber, die all das auf den Punkt bringt. Rasend und kompakt einerseits, ausladend und groß andererseits ist „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ geworden. MĀNBRYNE brauchen keine symphonische Seite, um episch zu wirken, keine ungewöhnlichen Instrumente, um subtil avantgardistisch zu klingen.
MĀNBRYNEs Songs sind rauschhafte, schwer zu greifende, überbordende Stücke, die zwischen sechs und acht Minuten gelagert, weder kompakt, noch zu ausufernd sind – das lässt „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ etwas anstrengend werden. Gerade deshalb gibt es viel zu bestaunen: Der rasende Start „Piach i niepamięć“, das nicht minder furiose „Grzechy ojców“, „Suma wszystkich Strat“ mit einem getragenen Mittelteil samt dunkler Frauengesangseinlage, die komplexen Songs „Po trupach ku niebu“ und „Pierwszy kamień“ – MĀNBRYNE fordern ihr Publikum heraus. Gelegenheit zum Durchschnaufen gibt es kaum, höchstens beim kurzen Instrumental „Bezkrólewie“.
Ein rauschhaftes Album, das sich an Verfall und Tod labt: MANBRYNE beherrschen auf „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ ihr songschreiberisches Handwerk.
Auch wenn MĀNBRYNE keine eingespielte Liveband sein mögen, die Instrumentalisten liefern eine blitzsaubere Performance ab. Drummer VZN spielt souverän das gesamte zeitgenössische Black Metal-Repertoire und Gitarrist Renz trumpft mit packenden, komplexen Riffs auf. Besonders mitreißend ist Sänger S., der mit seiner Stimme Gift und Galle spuckt und das Energielevel von „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ maßgeblich prägt. Mehr Dynamik wäre dennoch wünschenswert gewesen, länger als 40 Minuten dürfte diese Musik nämlich nicht dauern.
MĀNBRYNE ist ein rauschhaftes Werk gelungen, das sich musikalisch wie visuell an Verfall und Tod labt, das die Vergänglichkeit feiert und die starre Struktur verachtet. Dabei liegt „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ fern von Stereotypen und ausgetretenen Pfaden, ohne aufgesetzt avantgardistisch zu klingen. MĀNBRYNE schaffen es so, ihre Form des Black Metal frisch und anders klingen zu lassen, ohne ihre Wurzeln zu negieren. Und durch die herausfordernden Songs ist „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ ein Album, an dem man sich so schnell nicht satthören – und dank dem sagenhaften Artwork auch nicht sattsehen – kann. Kurzum: Wer die Zukunft des europäischen Black Metals sucht, wird hier fündig.
Wertung: 5 von 6 Krönungen
VÖ: 13. Oktober 2023
Spielzeit: 39:32
Line-Up:
S. – Vocals
Renz – Guitar & Synth
Wyrd – Bass & Acoustic Guitar
VZN – Drums
Gäste:
Tuja Szmaragd – Vocals
Wojciech Sochacki – Trombone
G. E. Trigo – Double bass
Label: Terratur Possessions
MĀNBRYNE „Interregnum: O próbie wiary i jarzmie zwątpienia“ Tracklist:
1. Piach i niepamięć (Official Audio bei Youtube)
2. Suma wszystkich strat
3. Po trupach ku niebu
4. Grzechy ojców
5. Bezkrólewie
6. Pierwszy kamień (Official Audio bei Youtube)
Mehr im Netz:
https://manbryne.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/manbryne/
https://www.instagram.com/manbryne/