Nicht überall, wo live darauf steht, ist auch Leben drin. Das Nachbessern eines Konzertmitschnittes im Studio und per Overdub ist ja längst (seien wir ehrlich: mitunter auch durchaus sinnvolle) Gewohnheit geworden, doch die jüngere Generation von Live-Alben geht noch einen Schritt weiter. Und zwar SO weit, dass man sich fragen muss, ob derlei Veröffentlichungen noch sinnvoll sind. Meine persönliche Antwort: Wenn auf einem LIVE-Album über weite Strecken nicht ein einziger Ton des Sängers zu hören ist, der zum Zeitpunkt der Aufzeichnung auch tatsächlich auf der Bühne stand, sollte man den Unsinn lieber lassen.
Und wer auch immer das Vergnügen hatte, „Here They Go Again – Live“ im Studio aufzumöbeln: IHM ist das Kunststück jedenfalls nicht gelungen, Stefan Bergrens Gesang so nahtlos in die Instrumentalspuren einzufügen, dass der ahnungslose Hörer das Gefühl abschütteln könnte, hier würde etwas nicht stimmen. Stefan Bergren? Genau. So heißt der Herr am Mikrofon-Posten der COMPANY OF SNAKES. In Wacken allerdings trug er nicht nur einen anderen Namen, er sah auch anders aus. Und klang anders. Ganz genau genommen war er gar nicht da. Und aus irgendeinem unerfindlichen Grund waren die ex-WHITESNAKEs Micky Moody, Bernie Marsden und Neil Murray offensichtlich der Meinung, so tun zu müssen, als sei er’s doch gewesen. Daher gesellen sich zu echten Live-Songs (aufgenommen in Oslo) eben auch eine ganze Reihe Studio-Fakes, deren Instrumental-Tracks zwar in Wacken aufgenommen, die aber später noch einmal komplett durchs digitale Mischpult gejagt wurden.
Auf „Here They Go Again“ wurde gehörig nachgebessert
Ein solches Vorgehen lässt natürlich so manche Frage offen. Nicht zuletzt die, wie es um den TATSÄCHLICHEN Live-Gehalt des Rest-Materials bestellt ist. Um ehrlich zu sein: Ich habe keine Ahnung. Und ich kann auch kaum mit letzter Bestimmtheit sagen, welche Songs nun mehr und welche weniger nachgebessert wurden. Fakt ist indes, dass – um ein paar Beispiele aufzuzählen – „Trouble“, das RAINBOW-Cover „Since You Been Gone“ und „Rough And Ready“ weit lebendiger klingen als „Walking In The Shadow Of Blues“, „Lovehunter“ und „Is This Love?“ (das in meinen Ohren allerdings schon immer eine reichlich lahme Schnulznummer war). Und dass der ehemalige Chartstürmer „Here I Go Again“ mangels Schwung weder an die alte noch an die neuere, amerikanisierte Fassung des WHITESNAKE-Originals herankommt. Und dass trotz einiger Ausnahmen das Gros aller Stücke dieser beiden CDs derart antiseptisch und routiniert heruntergenudelt wirkt, dass vom (damals real existierenden) Spaßfaktor der tatsächlichen Auftritte herzlich wenig übriggeblieben ist.
Dies alles ändert natürlich nichts an der Klasse des Songmaterials, aber eben jenes gibt’s fast komplett und schon seit Jahren in weit gelungeneren Einspielungen. Meine Empfehlung: Wenn schon Konserve, dann richtig und lieber gleich die Originale. Ab ins Regal und die WHITESNAKE-Abteilung rausgekramt! Und an die Schuster in den Reihen der COMPANY OF SNAKES: Bleibt bei Euren Leisten und begnügt Euch bitte damit, die Leute mit Eurer Nostalgie-Show LIVE zu beglücken. LIVE!!! Haben wir uns verstanden?
Veröffentlichungstermin: 29.01.2001
Spielzeit: 109:24 Min.
Line-Up:
Micky Moody – Guitar
Bernie Marsden – Guitar
Neil Murray – Bass
Don Airey – Keyboards
Stefan Bergren – Vocals
John Lingwood – Drums
Label: SPV
THE COMPANY OF SNAKES „Here They Go Again – Live“ Tracklist
CD1:
- Come On
- Walking In The Shadow Of The Blues
- Trouble
- Kinda Wish You Would
- Rough And Ready
- Don’t Break My Heart Again
- Moody`s Blues
- Slow And Easy
- Sweet Talker
- Ready And Willing
CD2:
- Would I Lie To You?
- Ain’t Gonna Cry No More Today
- Silver On Her Person
- Lovehunter
- Is This Love?
- Since You Been Gone
- Here I Go Again
- Wine, Women And Song
- Fool For Your Lovin‘