Der Musikmarkt wächst und wächst – wenn auch (so man den Global Players der Branche glauben darf) nicht in puncto Brutto-Umsatz, so doch immerhin, was die Zahl der allmonatlichen Veröffentlichungen angeht. Und selbst kommerziell mäßig erfolgreiche bis dahinsiechende Genres können sich nicht über einen Mangel an willigen Release-Plattformen (sprich: Labels) beschweren, die ihren Protagonisten die Chance geben, einen Tonträger nach dem anderen auf den Markt zu werfen. Schlechte Karten für Sparten-Bands, die zwar mit allem gesegnet sind, was man für den Musiker-Alltag so braucht, aber weder über das nötige Songwriting-Talent noch die Extravaganz und Inszenierungssicherheit verfügen, um aus der Masse weit genug herauszuragen.
CAIRO sind einer dieser bedauernswerten Fälle: hervorragende Musiker, die schon ihr drittes Album aufgenommen haben. Wie seine Vorgänger ein angenehmes Werk, mit angenehm klarer Produktion, angenehmen, meist überlangen Songs zwischen ELP- und YESscher Instrumental-Wirbelei, STYXscher, teils gar BOSTONartiger Vocal-Harmonielehre, dem ein oder anderen BEARDigem Schuss Pop-Appeal, dezentem Orchester-Pomp und einer meist sonnig-gelaunten Stimmung, die auch die FLOWER KINGS ganz gerne verbreiten. Alles sehr angenehm eben. Ein Album, dem man nicht wirklich böse sein kann. Das aber mit seiner geballten Sammlung neo-prog-typischer Versatzstücke trotz perfekter Umsetzung nicht wirklich begeistern will. Zu beliebig, zu glatt sind sie über weite Strecken, die Gitarren- und Orgelläufe, die zahlreichen Breaks, die netten Satzgesänge und all die anderen Zutaten, die CAIRO auf „Time Of Legends“ in den Prog-Topf werfen.
Der Wiedererkennungswert bleibt auf „Time Of Legends“ auf der Strecke
Das Problem der Band: Sie traut sich nicht, Stimmungen reifen zu lassen. Oder wirklich schönen Melodieansätzen Zeit und Raum zu geben, um sich ausreichend zu entfalten. Sie besitzt nicht einmal den Mut, sich völlig hemmungslos in aberwitzigen Instrumentalorgien zu verlieren. ALLES muss immer. In JEDEM einzelnen Song. Keine vier Minuten ohne Soli, keine zweieinhalb Minuten ohne Stimmungsumschwung, keine 45 Sekunden ohne Rhythmus-Break. Das Potential solcher Stücke wie dem verhinderten Hit „You Are The One“ oder „Underground“ mit seinen wirklich schönen, atmosphärischen Zwischenspielen bleibt als Silhouette erahnbar, schwindet aber allzu rasch wieder im nebligen Dunst bekannt klingender Standards, die viel zu rasch aneinandergereiht werden.
Wiedererkennungswert und charakteristische Klangkonturen bleiben auf der Strecke, und die Tatsache, dass man dieses Album stundenlang hören kann, ohne dass es zu stören beginnt, ist nur trauriger Beleg dafür, wie sehr es an unverbindlicher Harmlosigkeit krankt. Nett. Angenehm. Leider auch überflüssig, gibt es doch im selben Genre unzählige andere Veröffentlichungen, die nicht nur als verkappte Hintergrundmusik durchgehen. Aus dem Hause Magna Carta selbst empfehle ich die artverwandten, aber zwei Klassen höher musizierenden UNDER THE SUN…
Veröffentlichungstermin: 18.06.2001
Spielzeit: 47:31 Min.
Line-Up:
Mark Robertson – Keyboards
Jeff Brockmann – Drums
Bret Douglas – Vocals
Guests:
Luis Maldonado – Guitar
Brian Hutchinson – Guitar
John Evans – Bass
Produziert von Mark Robertson & Jeff Brockmann
Label: Magna Carta
CAIRO „Time Of Legends“ Tracklist
Underground
The Prophecy
Scottish Highland
You Are The One
Cosmic
Approach
Coming Home
The Fuse