MATTHIAS PENZEL: TraumHaft [Buch]

Wer 18 Euro übrig hat, sollte sich überlegen, ob er sie wirklich der nächste Retortenband oder dem nächsten All-Star-Projekt und allen, die dahinter stehen, in den Rachen werfen will. "Ein guter Bandname wäre Redundant" ist nur einer der faszinierenden Sätze in diesem Buch. Davon gibt es für eben jene 18 Euro noch unzählige mehr. Kaufen. Lesen. Immer wieder.

Wer MÖTELY CRÜEs ´Autobiographie´ The Dirt gelesen hat, hat eine Vorstellung, wie das Leben echter Rock n´ Roller auszusehen hat. Vielleicht. Unter der treffenden Subline Sie wollten Sex, Drugs und Rock n Roll gibt es dort unterhaltsame Kapitelchen, über deren Wahrheitsgehalt ich gar nichts Näheres wissen will. Ganz anders ist die fiktive Autobiographie TraumHaft – denn dieser Roman erzählt eine Musikergeschichte, die nichts mit dem glamourösen und skandalumwitterten Klischee des Rockstar-Daseins zu tun hat. Protagonist Niet führt sich nicht auf wie ein Kind, das über Nacht in einem Süßwarenladen eingeschlossen wurde. Im Gegenteil – die Schattenseiten des lang ersehnten Erfolgs verdunkeln mehr und mehr seine Tage.

Seine Band ShamPain stehen kurz vor dem Durchbruch – im Weg stehen Managerin, Promoter, Labelbosse, Business-Entscheidungen. Die Musiker werden mehr und mehr ans Gängelband genommen. Nicht jedes der vier Bandmitglieder kommt damit klar. Niet ist weder mit sich selbst noch mit seinen Kollegen im Reinen.

TraumHaft beschreibt, wie ein wahr gewordener Traum mitnichten für Freiheit steht. Auf internationaler Bühne wird der Druck auf die Musiker größer. Eingeschnürt in ein Korsett der Erwartungen bleibt Niet kaum mehr Luft zum Atmen. Musik verkommt zum Marketinggegenstand, Leidenschaft wird degradiert als hoffnungslose Liebhaberei, Liebe wird zur Lebenslüge. Zwischen Band, Songwriter-Ego und Beziehung zerreibt sich Niet an seinen Zielen und denen anderer.

Der einsame Künstler, der mit dem eigenen Anspruch und den Erwartungen Dritter nicht klarkommt, ist in der Literatur nicht neu. Doch Matthias Penzel beschreibt nicht nur ein Einzelschicksal. TraumHaft ist wie eine gute Platte – wie das, was Niet gerne machen würde. Kein normiertes Gehirn-Fastfood, den man schnell runterschlingt und der sich dadurch auszeichnet, dass er immer gleich schmeckt. Stattdessen schreibt und beschreibt Penzel virtuos, dass Musik für einige wenige viel mehr sein kann, als ein Produkt, das möglichst oft verkauft werden soll. Natürlich wissen wir alle, dass der gemeine Rockerhase anders läuft. Und genau deshalb ist Niet in seiner Zerrissenheit so vertraut.

Grandios und furios geschrieben, mit viel Fachwissen hat Matthias Penzel einen Roman komponiert, den man immer wieder aufschlagen kann – egal an welcher Stelle.

Wer 18 Euro übrig hat, sollte sich überlegen, ob er sie wirklich der nächste Retortenband oder dem nächsten All Star Projekt und allen, die dahinter stehen, in den Rachen werfen will. Ein guter Bandname wäre Redundant ist nur einer der faszinierenden Sätze in diesem Buch. Davon gibt es für eben jene 18 Euro noch unzählige mehr. Kaufen. Lesen. Immer wieder.

Matthias Penzel: TraumHaft. Verlag Schwartzkopff Buchwerke, Berlin 2004, 488 Seiten,18 Euro

ISBN-Nr: 3-937738-04-5