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BATUSHKA, ARKONA: Konzertbericht – ORWOhaus, Berlin – 06.10.2023

Willkommen zur schwarzen Messe. Batushka luden zu einem etwas anderen “Gottesdienst” im ORWOhaus zu Berlin.

Unangenehm frisch ist’s am Abend des 6. Oktobers, als wir, bequem wie wir als Anfangs-/Mittdreißiger geworden sind, aus unserem Auto aussteigen. Heute zieht’s uns wieder zu unserem mittlerweile recht lieb gewonnenen Kulturtreff im Osten Berlins. Die vielleicht lauteste Versuchung, seit es Ostdeutsche Plattenbauten gibt (vom voranschreitenden Abriss vieler solcher Fertigbaukästen mal abgesehen…). Ein munterer Abend voll schwarzer Musik winkt.

Die Russen von ARKONA wollen geneigtes Publikum mit Düsternis und ein wenig Folklore unterhalten. Später dann sollen BATUSHKA mit purer Blasphemie für gute Laune sorgen.

Wir sind gespannt. Nach den drei Vorbands VARANG NORDAETERNAM und OCTOBER TIDE geht’s dann auch schon los.

ARKONA betreten die Bühne. Ruslan (Bass), Sergey (Gitarre) und Vladimir (Drums), gefolgt von Mascha. Mascha a.k.a. “Scream” macht ihrem Pseudonym sofort alle Ehre und legt sich gleich richtig ins Zeug. Wütend und brutal zeigt sie, dass harte Screams und Growls nicht nur den Hälsen groß gewachsener behaarter Kerle entsteigen können. Das Konzept des gesamten Konzertes ist sehr gut, so zeigt man erst die “neueren” ARKONA: Als echte und finstere Black-Metal-Band. Kein Schnickschnack. Atmosphärisch, gewaltig, tiefgründig, kalt und hart.

Das 2018 erschienene Album “Khram” und das erst kürzlich veröffentlichte “Kob'” werden hier geehrt und zelebriert. Im letzten Drittel des Auftritts kehrt das Quartett zu seiner Vergangenheit zurück und spielt, sehr zur Freude vieler Konzertbesucher, alte Stücke wie “Zakaliatie” und “Zimushka”. Die eben noch so düstere Band beginnt das Publikum anzufeuern. Im Takt zur mit Stromgitarren untermalten russischen Folklore wird geklatscht und gesprungen. Echt toll, dass es eine Band schafft, zwei verschiedene Genres während eines Konzertes so zu verbinden.

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Einziger Kritikpunkt ist, wie mittlerweile schon häufiger, die Lightshow – sofern man überhaupt von Show reden kann. Von Anfang bis Ende verströmen die direkt auf die Bandmitglieder gerichteten warmweißen Strahler ein fast schon muckeliges Klima. Fast so wie im heimischen Wohnzimmer, wenn mir meine Frau mal wieder aufträgt, Staub zu wischen. Also gut ausgeleuchtet, weniger konzerttauglich. Da helfen bunte Scheinwerfer im Hintergrund auch nicht, wenn von vorne “die Sonne” scheint. Schade. Aber sonst ein echt gelungener Auftritt.

Fotogalerie: ARKONA 

Nachdem ARKONA mit Applaus der Meute vor der Bühne gebührend gelobt werden, tritt während des Umbaus sofort eine andere Atmosphäre auf. Es wird dunkel, rot diffus beleuchtet, Klänge wie in der Kirche erklingen leise im Hintergrund. Ein Bühnenbild wird aufgebaut, welches BATUSHKA mittlerweile weltweit bekannt gemacht hat: eine Art Altar, verzierte, stoffbehangene Sprechpulte, Kerzenhalter, Weihrauchschalen, gestürzte orthodoxe Kreuze, menschliche Schädel. Aufsteigender Weihrauch lässt die Stimmung fast schon bedrückend werden.

Fünf, in schwarze, reich mit weißer Symbolik verzierte Roben gehüllte Gestalten erscheinen barfuß auf dem Podium. Gefolgt von einer sechsten. Bartłomiej Krysiuk betritt, mit Kruzifix und Talisman an den Händen, die Bühne. Kein Applaus, keine anfeuernden Pfiffe erklingen aus dem Gefolge. Wir, als Pilger, warten gespannt. Schweigend. Und dann durchbricht, als Opener, das leichte Saitenzupfen und leises Glockenspiel die bedrückende Stille. Der erste Song vom Album (und m.M.n. Meilenstein) Litourgiya “Yekteniya I: Ochishcheniye” wird angespielt.

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Sofort fühlt man sich wie in einer Kirche. Nur eben anders. Dunkler und ungeheuerlich. Begleitet von diffusem, sehr gut passendem, größtenteils rotem Licht, dem Geruch nach Weihrauch und dem sakralen Aufbau des Bühnenbildes versinkt man schier in Dunkelheit.

Jeder Titel untermalt und verstärkt dieses Gefühl. Keines der beiden Alben “Litourgiya” und (dessen Nachfolger unter Bartłomiej) “Hospodi” kommt zu kurz. Leider werden weder Kerzen noch Feuerschälchen angezündet, obwohl da oben deponiert. Aber vermutlich sieht es der Brandschutz so vor und ist keinem der Beteiligten negativ zuzuschreiben. Safety first.

Fotogalerie: BATUSHKA

Das Konzert ist das, was es bei einer solchen Gruppe sein soll: eine tiefschwarze Messe – so wie es scheint ein okkulter Dienst an die andere Seite gerichtet, weit weg vom Gottesglauben. Der Abend war grandios.

Fotos: Laura Spadafora (https://www.instagram.com/lauraspadafora_/)

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