Trevor Peres (OBITUARY / CATASTROPHIC): Von der Notwendigkeit, sich weiterzuentwickeln…

CATASTROPHIC – so heißt die neue Band von Trevor Peres. Trevor Peres, war das nicht der Gitarrist von..? Ja, genau – Peres geistert seit 15 Jahren durch die Death Metal Szene und hat sich mit OBITUARY einen Namen gemacht. Lest hier seine Statements zu OBITUARY und CATASTROPHIC..!

CATASTROPHIC – so heißt die neue Band von Trevor Peres. Trevor Peres, war das nicht der Gitarrist von..? Ja, genau – Peres geistert seit 15 Jahren durch die Death Metal Szene und hat sich mit OBITUARY einen Namen gemacht. Ich hatte mir fest vorgenommen, nur nach Obituary zu fragen, wenn es sich nicht vermeiden lässt – schließlich sind Catastrophic mehr als ein Abziehbildchen der verblichenen Obituary. Allerdings erwies sich das als recht schwierig, Trevor Peres selbst kam nämlich ständig auf dieses Thema zurück. Dabei entpuppte sich der Gitarrist als unglaublich netter und auskunftsfreudiger Gesprächspartner, doch lest selbst, was er zu Catastrophic erzählte und ob es irgendwann vielleicht doch noch ein Obituary Album geben wird…

Ich kann mir gut vorstellen, dass Du im Moment nicht nur zu Catastrophic befragt wirst, sondern auch ziemlich viele Fragen zu Obituary hörst – nervt Dich das ?

Nein, überhaupt nicht. Ich hatte erwartet, dass ich auch auf Obituary angesprochen werde. Es stört mich nicht – wenn es Obituary nicht gegeben hätte, dann wäre ich heute nicht hier.

Dann siehst du es auch als Vorteil, dass Catastrophic als Trevor Peres neue Band gilt?
Du bist schließlich kein Unbekannter in der Metal Szene.

Es ist auf jeden Fall von Vorteil. Bei den ganzen Interviews, die ich bislang in Amerika für Catastrophic gegeben habe, sagten mir viele Leute gleich zu Beginn, dass sie sich für Catastrophic interessieren, weil ich in dieser Band bin. Warum sollten wir das nicht ausnutzen? Die Leute mochten die Musik, die ich früher gemacht habe, und haben nun Interesse an meiner neuen Band, das ist doch nichts schlimmes, oder?

Nein – zumal es mir ja genauso ging.

Ja, es scheint zu funktionieren !! (lacht)

Nun, ich finde es auch gerechtfertigt, dass Catastrophic so eng mit deinem Namen verbunden wird. Als ich dann das Album hörte, war ich angenehm überrascht, dass meine Erwartungen erfüllt wurden. The Cleansing klingt einfach nach Trevor Peres, dein Stil kommt auf jeden Fall rüber. Einerseits erinnert The Cleansing sehr an Obituary, andererseits ist es viel mehr als ein Revival von Obituary mit einem neuen Line-Up.

Danke!! Ich habe versucht, meinen Stil zu behalten. Ich wollte mich nicht zu sehr verändern. Catastrophic hat aber auch ganz andere Seiten, es gibt auch viele Unterschiede…

Manche Gitarrenriffs, manche Drum-Parts würde ich auch durchaus als Hardcore-inspiriert bezeichnen…

Ja, kann man so sagen. Diese Elemente geben der Musik etwas neues, eine andere Facette. Die Entwicklung zu mehr hardcore-lastigen Sachen sieht man aber schon bei Back From The Dead, der Opener Threatening Skies war wirklich eher ein Hardcore Song. Es war ein natürlicher Prozess, keine Überlegung.

Wie steht es den eigentlich um Obituary und wie wichtig ist Catastrophic für Dich? Angenommen, John Tardy (Sänger von Obituary, der dadurch, dass er nicht mehr touren wollte, nicht unerheblich dazu beigetragen hat, dass die Band verschwunden ist – Verfass.) ruft Dich an und sagt: Hey, ich hätte Bock auf eine Tour und ein neues Album, lass uns mit Obituary weitermachen ? Was würdest du tun?

Jetzt würde ich Nein sagen. Wenn er jetzt zu mir kommen würde, würde ich ablehnen und ihm sagen, dass ich zu beschäftigt bin. Ich kann mir vorstellen, in ein paar Jahren eine Platte aufzunehmen – allerdings nicht in näherer Zukunft. Ich konzentriere mich zur Zeit nur auf Catastrophic. Ich denke im Moment nicht mal an Obituary. Ich bin in einer Situation, die mein Leben beeinflusst. Obituary war immer sehr stark von John kontrolliert. Viele Entscheidungen, die John getroffen hat und die eigentlich nichts mit der Band zu tun hatten, haben Obituary letztendlich geschadet. Wenn er jetzt zurückkommen wollte, müsste ich nein sagen, weil ich mein Leben nicht mehr von anderen kontrollieren lassen will. Denn genau das passierte damals. John hat Dinge gemacht, die uns alle betroffen haben. Er hat Touren abgesagt, bei einer Tour hat er nur ein paar Gigs gespielt – den Rest dieser Tour hat Keith DeVito, der jetzt ja auch bei Catastrophic für die Vocals zuständig ist, übernommen.

Das war 1997 auf der Back From The Dead USA Tour, richtig?

Ja. Durch Johns Weigerung zu touren habe ich Keith kennen gelernt. Wir haben 97 den ersten Teil der US-Tour mit John gemacht, später waren wir dann noch mal 5 Wochen unterwegs, John war die erste Woche noch mit dabei, den Rest hat Keith übernommen. Wir wollten keinen neuen Sänger für Obituary, auf der anderen Seite wollten wir es nicht länger hinnehmen, dass er so viel Kontrolle über die Band hat.. .. (zögert) da haben wir eben beschlossen, getrennte Wege zu gehen, was nicht bedeutet, dass sich die Band aufgelöst hat… vielleicht, eines Tages… nun es kann sein, dass es ein neues Album geben wird. Ich kann mit dem Gedanken, ein Album ohne Tour zu machen, gut leben. Allerdings nicht zur Zeit, weil mir Catastrophic gerade wichtiger sind! Ich kann mir gut vorstellen, dass Obituary ein neues Album machen werden… wenn John mit dem Angebot ankäme, mit auf Tour zu kommen, dann wäre das allerdings auch ein ziemlicher Witz… Ich meine, es gibt keinen Hass zwischen uns, aber man muss sich im Leben auch weiterbewegen. Ich werde in diesem Jahr 32 und will nicht stillstehen.

Wie waren denn damals die Reaktionen auf Keith?

Es war erstaunlich! Ich habe mit vielen Leuten Jahre später über diese Shows gesprochen. Die meisten haben mir erzählt, dass sie sich ziemlich gewundert haben, als Keith plötzlich auf der Bühne stand, haha. Wer ist das? Der Typ sieht nicht aus, wie der Typ auf den Pics! Nach ein paar Songs haben sie aber festgestellt, dass es egal ist – denn Keith hatte einen fantastischen Job gemacht. Er ist John manchmal gar nicht so unähnlich – das hört man auch auf The Cleansing. Er hatte eine unglaublich energetische Show geliefert, er heizte die Leute richtig an. Er hatte aus einer schwierigen Situation das Beste gemacht, er musst eine Riesenlücke füllen. Natürlich war er sehr nervös, aber als er bemerkte, dass die Leute ihn annehmen, verflog die Nervosität. Ich erinnere mich an eine Show in Minnesota, dort waren so um die 800 Leute und es war genauso, als ob John dabei wäre.

Wie war es damals genau, hast Du mit dem Gedanken gespielt, Keith anstellen von John bei Obituary den Sängerposten anzubieten? Oder war von Anfang an klar, dass du mit ihm etwas Neues machen willst?

Die ganze Geschichte zog sich eigentlich über Jahre hinweg. Wir haben 1994 World Demise aufgenommen und haben gleich danach einige Gigs im Amerika gespielt und eine Europa-Tour gemacht. Eigentlich hatten wir für 1995 eine siebenwöchige USA Tour fest gebucht. John hat diese Tour dann abgesagt, weil er nicht touren wollte. Damals fingen für mich die Probleme an. Wir sind an dieser Sache schließlich auch fast zerbrochen, wir haben drei Jahre nichts zusammen gemacht, Allan West hat zu dieser Zeit Six Feet Under gegründet – damals sah es so aus, als ob wir nie mehr etwas zusammen machen werden. Das Album Back From The Grave war 1997 mein letzter Versuch, Obituary zu retten. Ich wusste, als John die Back From The Dead Tour abgelehnt hatte, dass dies für mich persönlich erst einmal das Ende der Band war. Vielleicht hätte ich es damals auch gar nicht noch einmal versuchen sollen… Während der Tour wurden Keith und ich Freunde, und haben wir uns dann auch darüber unterhalten, dass wir doch einfach etwas zusammen machen könnten. Wir mochten einfach die Persönlichkeit des anderen, er ist ein Mensch, der sich um andere kümmert und der mit beiden Beinen auf der Erde steht – das schätze ich an ihm. Ein halbes Jahr nach der Tour, Mitte 98, rief ich ihn an und schlug ihm vor, etwas zusammen zu machen. Er sagte, gerne, kein Problem, schicke mir einfach etwas! Es hat dann aber lange gedauert, bis wir eine komplette Band zusammen hatten, das war erst über ein Jahr später der Fall. Bis Ende 99 haben Keith und ich nach passenden Leuten gesucht.

Catastrophic besteht ja eigentlich aus einer NY Hardcore Band namens PYREXIA, bei denen Keith ebenfalls singt, und dir.

Ja, es hat ein Jahr gedauert, bis Keith und ich Musiker für Catastrophic gefunden haben. Wir waren damals schon fast ein wenig frustriert. Bedingung war eben, dass die Leute wirklich an die Musik glauben und sie hungrig sind – sie mussten wirklich hinter der Band stehen und sich für sie einsetzten. Schließlich fragte mich Keith, warum ich denn nicht einfach nach New York käme, um erst mal mit Rob Maresca, dem Schlagzeuger, und Chris Basile, dem zweiten Gitarristen von Pyrexia, zu jammte. Er hatte dabei keinerlei Hintergedanken. Es stellt sich dann heraus, dass die Jungs geradezu ideal für Catastrophc wären. Die beiden kannten meine Songs bereits und wir haben uns sofort verstanden. Bei den Proben habe ich an ihren Augen gesehen, dass sie wirklich Interesse haben. In der ersten Nacht sagte ich zu Keith, dass dieses Line-Up optimal wäre. Er hatte mich während der Zeit, als ich auf der Suche nach Musiker war, schon ein paar mal gefragt, ob ich es nicht mit dieses Jungs probieren wollte. Ich habe diese Idee eigentlich nicht ernst genommen, ich dachte einfach, dass wir zu verschieden wären. Aber es stellte sich heraus, dass es so das Beste war. Die Jungs hatten Interesse, sie wollten diese Band. Wir haben das Demo ohne Bassisten aufgenommen, die Bass Parts haben Chris Basile und ich eingespielt. Brian Hobbie stieg direkt, nachdem wir das Demo aufgenommen haben, bei Pryrexia ein. Als ich dann das nächste Mal in New York war, schlug Keith vor, ihn zu einer Catastrophic Probe einzuladen. Und es hat wieder funktioniert, auch er ist jetzt bei Catastrophic…

Gab es denn Bedenken von Pyrexia, zusammen mit Dir eine andere Band zu gründen? Schließlich war es offensichtlich, dass Du von im Vordergrund stehen wirst.

Nein, im Gegenteil. Sie wussten, dass ich ein wichtige Teil der Band bin. Wir machen unsere Witze darüber, das sich alle auf mich stürzen werden, haha.. Eigentlich sollte ich alle Songs schreiben, nun hat aber auch Chris drei Tracks von sich beigesteuert, das war mehr als er erwartet hatte. Catastrophic war von Anfang an mein Baby, das war den anderen von Anfang an klar. Mittlerweile sind wir aber eine richtige Band … wir sind fünf Musketiere, um es mal so auszudrücken …

Zum Songwriting: Ich finde, das man ganz genau hören kann, welche Songs von Dir stammen. Natürlich kann man das auch im Booklet nachlesen… aber es ist offensichtlich. Lab Rats, The Veil und Blood Maidens gehen mehr in Richtung Hardcore und haben nicht den typischen Peres-Stil.

Ich denke, damit liegst du nicht falsch, manche Sachen von Chris erinnern mich auch an neuer Songs von Slayer. Er schreibt Songs ganz anders als ich, was ich aber als einen Vorteil sehe. Er spielte mir seine Songs bei einer Probe vor und fragte, mich was ich davon halte. Nun, ich sagte ihm, dass es Killer wären! Es ist doch gut, wenn ein Album mehrere Gesichter hat. Es ist wie eine Achterbahn – rauf und runter, verschiedene Atmosphären. Es war übrigens alles andere als einfach, eine Reihenfolge für die Songs auf dem Album zu finden. Wir haben lange darüber nachgedacht und saßen eine ganze Nacht über ein paar Whiskeys und haben uns wirklich Gedanken gemacht und das Album ein paar mal mit unterschiedlichen Tracklists durchgehört. Ich habe das auch bei Obituary immer so gemacht – ich habe immer versucht, einem Album Dynamik zugeben. Immer wenn ein Song beginnt, sollte eine neue Atmosphäre entstehen.

Wie schreibst du deine Songs für Catastrophic? Schließlich gibt es bei dieser Band Texte, während bei Obituary entweder gar keine Texte da waren oder sie wurden von John geheim gehalten. Macht das einen Unterschied oder ist dir das völlig egal?

Plötzlich Texte zu haben, ist eine komplett andere Voraussetzung, haha. Es ist aber schon komisch, wie gut wir in dieser Beziehung zusammenpassen. Keith hat alle Texte geschrieben, während an den Songs mehrere Leute beteiligt waren. Chris hat seine beiden Songs alleine geschrieben, ich habe sieben Tracks alleine und zwei zusammen mit Rob geschrieben. Keith und ich haben nur bei einem Song zusammengearbeitet: Keith kam am Wochenende zu mir, er machte den Text und ich die Musik. Es war der einzige Track, bei dem wir gleichzeitig und gemeinsam an Musik und Text geschrieben haben. Ansonsten lief es anders. Ich habe Keith die Musik geschickt, er hat mir die Texte geschickt und dann haben wir festgestellt dass beides optimal zusammenpasst. Terraform habe ich zusammen mit Rob geschrieben. Es hat gerade mal zwei Tage gedauert, bis der Song fertig war – früher habe ich Monate für einen Track benötigt. In der Nacht, in der wir die Song fertiggestellt hatten, kam Keith mit einem fertigen Text zu uns. Er hat den Song einmal gehört und hatte, ohne den Song zu kennen, einen Text dafür geschrieben. Text und Musik waren wie zwei Teile eines Puzzels! Mittlerweile ist der Track einer meiner Lieblingssongs.

Ihr habt keine Death-Metal Texte, ich verbinde sie mehr mit Hardcore

Ja, es sind durchdachte Texte, 90 % davon beschreiben eigentlich die Realität aus einer kritischen Perspektive. Viele der Texte beschreiben auch Dinge wie Kriege – als ich jetzt Interviews gegeben habe, stellte sich heraus, dass Leute aus dem ehemaligen Jugoslawien von den Texten sehr berührt waren. Die weinten fast, weil sie dachten, manche Songs seien ihnen gewidmet. Es ist umso seltsamer, da ich daran nie gedacht hatte und wir jetzt ein Video zu Hate Trade gemacht haben. Man sieht dort nichts von uns, nur Bilder von Kriegen – unter anderem auch aus dem Krieg auf dem Balkan. Wir hatten da nie eine Verbindung gesehen, es hat sich einfach so ergeben…

Ihr habt ein Video gemacht? Lohnt sich das denn noch für eine Band? Wer soll es zeigen?

Wir haben das Video alleine gemacht, wir sind alle ziemlich computer-verrückt. Wir sind do-it-yourself-Leute. Ehrlich gesagt, Metal Blade wissen noch gar nicht, dass wir ein Video gemacht haben!

Es gibt in Amerika ein paar lokale Sender, die Musikvideos jenseits des Massengeschmacks spielen. Diese Sender haben zwar nur eine sehr geringe Reichweite, aber es hilft den Bands trotzdem. Wir würden gerne, da wir ja wissen, dass sehr viele Leute keine Möglichkeit haben, Metal-Videos zu sehen, für jeden Song ein Video machen und es an das Label schicken, um zu sehen, ob sie Interesse daran haben, das ganze für 5 Dollar zu verkaufen…

Das wäre natürlich schön…

Es wäre mit wenig Kosten verbunden, da die Videos nichts kosten würden – wir machen sie schließlich selbst. Und dann könnte man es eben gerade so teuer verkaufen, dass die Kosten für die Produktion der CD oder des Videos gedeckt sind.

Klingt gut, aber ich weiß nicht, ob sich so was wirklich umsetzten lässt. Da wir aber gerade dabei sind: Roadrunner haben kürzlich ein Best-Of Album von Obituary mit dem Namen Anthology rausgebracht. Wie stehst du zu diesem Album?

Naja, das war halt eine Label-Entscheidung. Obituary haben dort eben noch einen Vertrag. Vielleicht hat es auch etwas mit Catastrophic zu tun – ich hasse es, so was sagen zu müssen, aber ich kann mir vorstellen, dass sie jetzt auch wieder etwas von mir veröffentlichen wollten, weil ich durch Catastrophic wieder präsent bin. Als ich den Vertrag mit Metal Blade unterschrieben hatte, riefen mich Roadrunner, die Catastrophic übrigens nicht wollten, an und wollten ein neues Obituary Album. Ich lehnte ab, sie sagten ich müsse, und so ging es eine Weile hin und her. Die haben nicht die geringste Ahnung, dass es – selbst wenn ich wollte – alles andere als einfach wäre, Obituary wieder zu reanimieren und auch noch ein Album aufzunehmen. Und dann auch noch ohne wirklichen Grund!

Viele Leute verstehen einfach nicht, dass Musik viel mit Gefühlen zu tun hat. Ich kann mich nicht einfach hinsetzten und ein neues Album schreiben! Musik zu schreiben ist nicht so einfach wie 3.78451 Liter Milch im Laden um die Ecke zu kaufen. Es reicht nicht, sich hinzusetzten und zu spielen, denn es käme nicht von Herzen, weil die anderen auch nicht mit dem Herzen dabei wären. Als sie begriffen hatten, dass es vom mir nichts neues geben wird, deuteten sie an, dass es auch möglich sei, ein Obituary Album ohne mich zu machen. Ich sagte ihnen, dass sie verrückt seien. Wie sollte das gehen? Ich und Allan hatten die Musik für Obituary geschrieben und wir waren beide nicht bereit, etwas für diese Band zu machen. Schließlich hieß es dann, dass es ein Best Of Album geben wird. Donald (Tardy, Obituarys Schlagzeuger) und ich haben einfach nur gelacht, als wir das hörten. Anthology ist wie ein Bootleg – wir wollten es nicht, doch wir waren dazu gezwungen.

Es ist halt so, dass ich für drei neue Songs auf der Anthology (einen Remix, eine Coverversion und eine Demoversion) dreißig Mark bezahlen muss, um alle Alben von Obituary zu besitzen… Ich bin kein Freund solcher Alben. Wann habt ihr eigentlich die Venom-Coverversion von Buried Alive aufgenommen?

Haha, den Song haben wie 1994, als wir World Demise aufgenommen haben, eingespielt. Der Song war für ein nie erschienenes Venom-Tribute Album geplant. Wir hatten den Track halt noch im Archiv. Als wir die Songs für Anthology zusammenstellten, wollten Roadrunner einen Extra-Track. Ursprünglich wollten sie Live-Songs draufhaben, was allerdings wenig sinnvoll war, da wir ja 98 ein ganzes Live-Album rausgebracht haben. So haben wir uns dann für den Venom Song entschieden. Lustigerweise konnte sich keiner daran erinnern, dass wir den Song aufgenommen hatten. John wusste überhaupt nichts davon – er hatte damals nichts eingesungen, das hat er erst jetzt gemacht. Roadrunner wussten auch nichts, erst wollten sie uns weismachen, dass wir diesen Titel für Back From The Dead aufgenommen hätten. Ich sagte, ihnen dass wir den Track schon 1994 aufgenommen hatten, denn es steckt mein Herzblut in jeden Stück Musik von mir und deshalb weiß ich es besser, haha. Nun, John musste dann letzten Oktober den Song einsingen.

Naja, wenn man das alles hört, brauchen sich Labels nicht zu wundern, wenn Tauschbörsen wie Napster immer populärer werden.

Da hast du sicher recht, mit den Bonustracks fängt man eben Fans, die schon den ganzen Backkatalog haben. Für mich hat dieses Album aber noch eine andere Qualität: es ist für Leute, die sich nie viel mit Death Metal beschäftigt haben eine gute Möglichkeit, Obituary kennen zu lernen. Aber es ist trotzdem eine Art Bootleg – es gibt eigentlich nur einen neuen Song, und der ist nicht mal von uns geschrieben.

Du hast bereits bei Obituary am Artwork eure Veröffentlichungen mitgearbeitet; um mal wieder zu Catastrophic zurückzukommen, für The Cleansing hast die komplette Gestaltung übernommen und ein Video habt ihr auch gemacht. Denkst Du, dass es wichtig ist, Musik zu visualisieren?

Ich tobe mich gerne mit Graphiken und Bildern aus – da kann ich kreativ sein. Es ist eine andere Form der Kreativität, mit Bildern zu arbeiten. Eigentlich macht man ein Cover, um ein Album zu verpacken. Das Cover ist vielleicht im Laden wichtig, zuhause ist mir egal, in was eine CD eingepackt war – was zählt, ist das, was aus den Lautsprechern kommt! Diesen Gedanken hatte ich auch, als ich das Cover zu Dead (Live-Album von Obituary, das 1998 veröffentlicht wurde) gemacht habe. Es ist ein ganz einfaches, schwarz-weißes Cover. Als Allan es sah, sagte er, es sähe aus wie eine Demo CD. Ich sagte ihm, dass genau das nicht wichtig sein dürfe. Es ist eine Live-CD, wichtig ist, wie sie klingt! Ein Cover ist natürlich nicht völlig unwichtig – aber es ist im Verhältnis zur Musik zweitrangig. Ich versuche aber schon, eine CD angemessen zu verpacken. Cause Of Death (Obituary, 1992) hatte zum Beispiel ein fantastisches Cover – Roadrunner hatten mir das Artwork als Vorschlag geschickt und ich wusste, genau das ist es.

Ich habe mir damals extra die LP gekauft, weil mir das Cover so gut gefallen hat…

Das Cover der europäischen Version von The Cleansing wird übrigens anders sein als das der amerikanischen Version. Bei der amerikanischen Version sind die Panzer schwarz, bei der europäischen sind sie farbig und haben deshalb mehr Details – eben weil es in Europa wohl auch eine LP Version geben wird.

Eigentlich kam ich auf diese Frage, weil du für die Back From the Dead ein paar Multimedia Anwendungen gemacht hast. 1997 war das noch nicht so verbreitet wie heute…

Ich interessiere mich wirklich für Computer und das Internet. Multimediaanwendungen sind einfach interessant, man kann soviel damit machen und das Internet ermöglicht es, von überall her alle möglichen Informationen zu bekommen. Außerdem hat man über Internet die Möglichkeit, schnell zu sein – schnell auf Dinge zu reagieren, man kann Neuigkeiten viel schneller verbreiten. Ich denke, ganz besonders in Europa bewegt sich gerade viel in Bezug auf Computer und Internet, es sah lang so aus, als ob ihr ein wenig hinterherhinkt, aber nun holen die Europäer schnell auf. Ich sehe das an den eMails, die ich bekomme, immer mehr kommen aus Europa. Ich denke, dass das Internet der Metal Szene viel hilft. Unser Demo, das wir – bevor wir von Metal Blade unter Vertrag genommen wurden – auf unserer Homepage angeboten hatten, wurde 5000 mal runtergeladen, und das obwohl wir keinerlei Werbung gemacht hatten. Ich kann mir gut vorstellen, dass auf dem nächsten Catastrophic Album CD ROM Tracks sein werden, 1997 dachte ich mir, dass ich mit Back From The Dead vielen Fans die Möglichkeit gegeben habe, die Videos zu sehen. Es waren praktisch Bonus-Tracks..

Wie stehst du zu Napster? Hast du Angst, weniger zu verkaufen?

Nicht wirklich. Ich habe aber schon gemischte Gefühle, ich kann Metallica verstehen. Sie haben Angst, dass sie sich Mühe geben, um ein Album zu machen, dass dann jeder sofort kostenlos runterladen kann – das Album kann innerhalb kurzer Zeit auf der ganzen Welt verbreitet werden. Ich persönlich sehe die Sache ein bisschen anders: In erster Linie machen Dienste wie Napster Promotion für Bands. Ich habe Napster das erste mal zu Neujahr 2001 ausprobiert und mir gefällt es. Ich habe Songs runtergeladen, die ich seit Jahren nicht mehr gehört habe, Songs, die ich niemals kaufen würde, Songs, die in den 70ern rauskamen – es ist einfach cool, was man dort findet. Ich habe drei Tracks in voller Länge als mp3s auf www.catastrophic.org, wenn die Songs so verbreitet werden, dann ist das doch klasse. Die mp3s helfen, die Nachfrage nach einem Album anzukurbeln, denn man hört es und fragt sich dann: Wer ist das? Wo kommt diese Band her?. Ich denke, dass wirkliche Fans sich das Zeug auch kaufen, wenn es ihnen gefällt. Wenn du das ganze Album über Napster bekommt, hast du noch lange keine Texte, kein Cover, keine Pics – aber du weißt, dass da diese Band ist, die dir gefällt. Ich glaube, dass man über Napster sein Album an mehr Leute verkauft, als man Käufer durch Napster verliert.

Da wir bei einem allgemeinem Thema angekommen sind, kommt jetzt der vampster-Fragebogen, der auch aus allgemeinen Fragen besteht: Was waren denn die drei letzten guten Alben, die du dir angehört hast?

Nun, gestern habe ich mir mal wieder Show No Mercy von Slayer angehört. Im Moment höre ich grad sehr viel altes Zeug an, wie Hellhammers Apocalyptic Raid (Tom G. Warriors Band vor Celtic Frost), oder Exodus Bonded By Blood. Ich bin gerade in einer Phase, in der ich die alten Platten wieder rausziehe – vor einiges Zeit habe ich gar kein Metal mehr gehört. Ganz besonders die Hellhammer hat mich sehr beim Songwriting für The Cleansing beeinflusst, bei Terraform kommt das ziemlich rüber, es ist unglaublich – mir ist das erst kürzlich aufgefallen.

Es ist halt auch schön, ein paar alte Sachen abzustauben und mal wieder aufzulegen…

Ja, genau – es versetzt dich zurück in die Vergangenheit. Als ich mir neulich Morbid Tales mal wieder angehörte habe, war das genauso, wie vor etlichen Jahren. Als ich das Album wieder gehört habe, lief mir eine Gänsehaut über den Rücken – genauso wie damals, als ich 17 oder 18 Jahre alt war.

Du hast gerade gesagt, dass du eine Zeitlang gar keinen Metal gehört hast, auf der Back From The Dead gibt es einen Song namens Bullitary, der eine Art Remix des Songs By The Light mit Rap-Vocals ist. In wie weit inspiriert dich die Musik anderer Stilarten ?

Ich denke, dass jede Form von Musik, die gut ist, eine Wirkung auf mich hat – es mich nicht zwangläufig Heavy Metal sein, was mich inspiriert. Rap hatte wohl einen Einfluß auf mich – es gibt einige Songs, bei denen ich mir ich nachhinein denke, dass ich da sicher von Rap beeinflusst wurde. Ich meine damit das Tempo von manchen Songs – verstehst Du? So wie bei By The Light eben..

Anderseits denke ich auch, dass ich solche Songs schon früher geschrieben habe – vielleicht gefallen mir deshalb auch mache Rap-Songs. Manche Hardcore-Rap Act vermitteln dieselben Vibes wie Metal Bands… Diese eher groovigen Beats, da bestehen schon Parallelen. Ich mag viele Sorten von Musik, eine meiner Lieblingsbands ist Lynnyrd Skynrd, und die haben mit Metal nichts zu tun. Ich komme aus der selben Gegend wie diese Band. Ihre Musik ist wie ein Teil von mir, sie gibt mir einfach etwas…

Interessant. Ich kann aber ehrlich gesagt nicht alles von dem nachvollziehen, was du eben gesagt hast…

Es ist seltsam, aber ich höre mir so viele verschiedene Sachen an. Verschiedene Stimmungen werden von jeweils anderer Musik transportiert, verstehst du? Gestern Abend habe ich mir seit langer Zeit mal wieder etwas von Iron Maiden angehört – es war großartig, wieder Maiden Songs zu hören. Kurz zuvor habe ich mir etwas von Lynnyrd Synnyrd angehört – innerhalb ein paar Stunden habe ich vollkommen unterschiedliche Musik gehört, die aber jeweils etwas in mir ausgelöst hat. Es hängt auch von meiner Stimmung ab, was ich mir anhöre.

Würdest du sagen, dass es bestimmte Emotionen gibt, die nicht über Heavy Metal transportiert werden können?

Ja, auf jeden Fall. Manchmal bin ich einfach in einer Party-Stimmung, mein Herz schlägt schneller und ich bin einfach aufgedreht – dann muss ich bestimmte Musik hören. Es gibt auch Musik, bei der ich unbedingt Auto fahren will… Pain Factor vom Catastrophic Album ist so ein Song. Ich sehe mich bei dem Track im Auto sitzen und den Highway runterbrausen… 150mph – der Song hat viel Energie!

Ok, nächste Frage: Du hast mit Catastrophic in Amerika bereits ein paar Live-Shows gespielt. Ist euch schon mal etwas lustiges oder etwas besonderes live passiert?

Lass mich nachdenken… 1991 habe ich mit Obituary auf dem Dynamo Festival gespielt. Wir waren schon vorher in Europa und wussten eigentlich, dass ihr uns dort mögt. Wir wurden also zum Dynamo eingeladen – wobei ich zugeben muss, dass wir zuvor noch nicht einmal etwas von diesem Festival gehört hatten. Überhaupt, wir hatten wir keine Ahnung, was in Europa abgeht. Wir waren also dort und spielten dann plötzlich vor 30.000 Leuten – das werde ich nie vergessen, es hat uns einfach umgehauen! Wir haben zwar schon vorher Festivals gespielt, doch bei diesem wurde uns bewusst, wie die Fans auf unsere Musik reagieren – es war einfach verrückt!! Es war erstaunlich. Ich weiß, dass das Dynamo nicht mehr den Stellewert hat wie damals, aber ich würde gerne noch einmal dort spielen.

Was wäre dir denn lieber – erst eine kleine Festivaltour in Europa zu machen oder gleich auf den großen Festivals zu spielen?

Nun, jeder will zu den großen Festivals – es ist halt eine gute Promotion für eine Band, man erreicht viele Leute. Es ist auf jeden Fall eine ganz andere Situation, auf einem Festival zu spielen – man taucht praktisch in einen Ozean aus Menschen ein, man sieht keine Gesichter. Ich mag dieses Gefühl, ganz besonders wenn die Fans mitgehen. Du siehst, das deine Musik wirklich Power hat! Es ist immer wieder beeindruckend, so etwas zu sehen. Club Shows sind viel persönlicher, meist hat man dort auch einen besseren Sound. Ich mag beides..

Die letzte Frage: Gibt es jemanden, den du gerne mal treffen würdest?

Jimmy Hendrix. Mit ihm würde ich mich gerne unterhalten und ein bisschen jammen. Ich glaube, er war ein sehr interessanter Mensch, der einfach von vielen missverstanden wurde. Er war krank und genial…

CATASTROPHIC Homepage: www.catastrophic.org

OBITUARY Homepage: www.slowlywerot.com