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7IEBEN: Lupus und Lea

Wer Rock-Musik im weiten Sinne, von 70er Classic-Rock über 80er Party-Rock zum 90er Crossover bis modernem Hüpf-Rock mag, gewürzt mit etwas Blues und einer Prise Metal, veredelt mit wirklich hörbaren deutschen Texten, der sollte bei "Lupus und Lea" zugreifen.  

Was kann es Schöneres geben, als wenn man einer Band bei der ersten EP bereits eine lohnende Entwicklung zugetraut hat, auch wenn die EP eindeutig noch ein pures Anfängerding war. Irgendwie mochte ich die Dresdener 7IEBEN trotzdem, und die Jungs werden tatsächlich von Album zu Album immer besser.

Mit Lupus und Lea erzählen sie uns nun eine Geschichte, altbekannte Themen wie Frau und Mann geht irgendwie nicht, aber ohne ist auch doof. Natürlich wieder in Deutsch, eingepackt in teils lyrische, teils rotzige oder letztendlich sentimentale Worte, welche diese Geschichte mit Fantasie, Tiefgang, Poesie, Wortwitz und auch mal etwas Kitsch durch die Songs tragen. Jeder Song kann für sich stehen, ist in sich ein kleines Stück Rockmusik. Schöner ist es aber, in der Story zu versinken und sie zu verfolgen. Und wer schon mal eine Beziehung hatte, der findet sich hier schnell wieder, mit Mitgefühl für den Helden Lupus oder in Wehmut denkend an ein eigenes Stück Leben. Stichwort Leben: im Netbooklet zur Story kann man sich noch besser in die Story einleben, da sollte man auf jeden Fall mal reinschauen. Songs um Liebe und Trennung, Alkohol und Selbstzweifel, Emotionen und Leben dudeln uns ja den ganzen Tag irgendwo voll, das wird mit diesen Songs eher nicht passieren. Die Songs sind zu lang, kommen als Teil der ganzen Geschichte oft nicht abschließend auf den Punkt, sind eingängig und mit tollen Melodien und zündenden Riffs gefüllt, die am übersättigten Radio- und Charts-Markt – gewollt oder nicht – weitestgehend vorbei rocken. Hier fast Metal, dort zu sehr Alternative, Blues ist eh out, so will das keiner hören – außer eben, er will genau das hören.

Und eben dann macht Lupus und Lea mächtig Spaß. Im Intro lässt man kurz durchschimmern, dass man immer noch auf  guten alten Hard Rock steht, der Song Schrei ist passend laut, nachdenklich, depressiv, wütend, 90er Crossover trifft 80er Rock oder so, Friede Freude Eierkuchen-Radio-Rock überlässt man den Bands, die das passende Publikum haben. Sehr cool auch die  heavy groovende One Woman Show, wenn man(n) schon mal auf der Jagd war, dann findet er sich hier wieder. Warum hört man nicht mal sowas im Frühstücksradio? Ja, wohl jeder kennt diesen sonderbaren Sonntagsblues, wenn nichts richtig ist, und man weiß nicht, warum. Wenn man mit sich selbst und dem Drumherum nicht klar kommt und weiß echt nicht, warum das so ist. Sonntags wird man auch mögen, wenn man gern mal relaxten LAITH AL DEEN hört. Es gibt modernen Hüpf-Rock, um in Bewegung zu bleiben, Mond und Sonne entfernen sich, Von der Sonne lernen deutet dunkle Wolken an. Mit verzweifeltem, zerrenden Grunge, melancholischen Zusammenbrüchen und fühlbarer Unsicherheit täuscht eine Kindermelodie Harmonie vor, obwohl es im Innersten kocht und brodelt. Ultima Ratio brät mit neuerem METALLICA-Riff schrammelig-thrashig Wut und Unverständnis aus den Boxen. Delirium Tremens fasst in verschiedensten Parts, von sphärisch abdriftend bis zu proggig-verschachtelten DREAM THEATER-Elementen die Gefühle nach dem Break zusammen. Beim abschließenden, melancholischen Tremolo-wabbernden Deltablues Cuba Libre möchte man Lupus tröstend in den Arm nehmen, möchte Lea auffordern, diesem Streuner noch eine Chance zu geben. An dieser Story ist alles echt, Wolf und Löwin, das ist halt wie Mann und Frau, oft schwierig, oft so einfach und man übersieht es doch, man hört hier gern zu. Chris Vicious hat eine coole Rockstimme, die er geschickt und abwechslungsreich zur Geltung bringt, ohne seinen Kollegen an den Instrumenten die Show stehlen zu wollen. Irgendwie kommt hier durchgehend echtes Bandfeeling auf.

Auch musikalisch lassen sich die Dresdener nichts vormachen, hier stimmt alles. Es wird souverän und spritzig gespielt, kein Vergleich zu reichlich Luschen, die als Deutsch-Rocker die Hitparaden verstopfen. Spaßig sind auch all die mal mehr, mal weniger versteckten Querverweise zu anderen Bands und Künstlern. Da taucht mal kurz GRÖNEMEIER auf, die FANTA4, im Intro schon DEEP PURPLE, mal LED ZEPPELIN, das bluesige G.M.X. ist inklusive klasse Leads und typischem Gesangseffekt an GARY MOORE angelehnt, aufgehübscht mit einem ultracoolen Babe. Wahrscheinlich extra für mich haben sie auch die Evil Woman versteckt, danke dafür! Das dann aber immer mit einem Augenzwinkern, ja, allein diese noch zahlreicheren Querverweise zu suchen macht schon Spaß. Das Ping einer Mikrowelle, Essen ist fertig, Pikatschu, das Handy im Autoradio, es ist fast wie Ostereier suchen! Wenn jetzt noch das schicke Digipak nach Weihnachtsstollen riechen würde, aber da hört´s dann doch auf.

Lupus und Lea ist überaus gelungen, viel zu stark, um nicht gehört zu werden, viel zu Eigen, um in den Topf der ach so spannenden Deutsch-RockerInnen geworfen zu werden, die uns das Radio unabwendbar aufdrängt. Wer Rock-Musik im weiten Sinne, von 70er Classic-Rock über 80er Party-Rock zum 90er Crossover bis modernem Hüpf-Rock mag, gewürzt mit etwas Blues und einer Prise Metal, veredelt mit wirklich hörbaren deutschen Texten, der sollte zugreifen. Lupus und Lea gibt es auch unter Creative Commons Lizenz im Internet, wahlweise als Bezahl- oder kostenlosen Download. Aber mal ehrlich, so eine Band sollte man real unterstützen und das nette Digipack kaufen. 100219

Veröffentlichungstermin: 19.02.2010

Spielzeit: 52:54 Min.

Line-Up:

Christoph Meißelbach – Gesang
Sebastian Raptor Belke – Gitarre, Gesang
Jörg Eichhorn – Bass, Gesang
Mitsch U. Cannon – Drums

Label: Timezone Records

Homepage: http://www.7ieben.de

MySpace: http://www.myspace.com/7ieben

Tracklist:

1. Schrei
2. One Woman Show
3. G.M.X.
4. Sonntags
5. Bleib in Bewegung
6. Von der Sonne lernen
7. Ultima Ratio
8. Delirium Tremens
9. Cuba Libre

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