SCHANDMAUL: Sinnbilder [DVD]

Treue Fans sollten sich "Sinnbilder" auf keinen Fall entgehen lassen. Die Dokumentation gestaltet sich auch für langjährige Fans sehr interessant, während die Wacken-Show das Paket als schöne Dreingabe abrundet. Wer in erster Linie auf den Live-Aspekt aus ist und nicht jeden Fitzel der Band sein Eigen nennen muss, sollte allerdings lieber auf die Jubiläums-DVD im April warten.

“Sinnbilder” ist bereits SCHANDMAULs dritte DVD-Veröffentlichung und mit der für April 2009 angekündigten Jubliäums-DVD befindet sich auch schon der direkte Nachfolger in der Pipeline. In Anbetracht dieser Video-Inflation stellt sich als erste Frage natürlich die nach der Daseinsberechtigung. Aber hier kann wie bei den Vorgängern Entwarnung gegeben werden, wenngleich auch diesmal mit der Einschränkung, dass “Sinnbilder” in erster Linie für Hardcore-Fans interessant sein dürfte.

Direkt nach dem Einlegen der Scheibe fällt sofort das toll gestaltete Menü auf. Schlicht, aber doch ansprechend, erlaubt es eine schnelle und übersichtliche Navigation. Auf nervige, endlos lange Überblendungen wird glücklicherweise verzichtet. Genau so soll es sein!

“Sinnbilder” ist in erster Linie ein Porträtfilm

Im Menü hat man Zugriff auf vielerlei Dinge, das Herzstück des neuesten SCHANDMAUL-Sprösslings ist aber der “Sinnbilder”-Porträtfilm, der in knapp 60 Minuten die einzelnen Persönlichkeiten innerhalb der Band näher beleuchtet und bisweilen auch den ein oder anderen Blick in deren Privatleben gewährt. Jedem Bandmitglied werden dafür rund zehn Minuten eingeräumt, in denen die Jungs und Mädels nacheinander vor selbst gewählter Kulisse im Interviewstil zu bestimmten Themen Stellung nehmen.

Gegliedert werden deren Erzählungen durch zwischendurch eingestreute Szenen des Wacken-Konzerts, das sich auch als Zugabe im DVD-Menü anwählen lässt. Den Anfang des Films macht Birgits Episode, die in ihrer so genannten Homebase über Tourleben, private Ereignisse und die charakteristischen Eigenschaften ihrer Mitmusiker spricht. So wird Schlagzeuger Stefan als Mann mit Putzfimmel beschrieben, während Thomas der Geschichtenerzähler sei, dem alle bei jeder noch so unwichtigen Nebensächlichkeit an den Lippen kleben.

Dass Bassist Matthias scheinbar unfähig sein soll, auf den Punkt zu kommen, ist dabei ein humorvolles Detail, von dem man sich im nächsten Kapitel zumindest ein bisschen überzeugen kann. Dort spricht er nicht nur über seinen Werdegang, sondern führt den Zuschauer in seinem interessanten Beitrag auch durch sein kleines, selbst eingerichtetes, Studio. Nächster im Glied ist Stefan, den die Kamera – wie könnte es anders sein – in seiner blitzsauberen Wohnung besucht. Neben seinen Hobbys wie Aquarien und Motorradfahren nimmt der Drummer als Hauptverantwortlicher für das Finanzielle auch ein wenig Bezug zum Organisatorischen, bevor Ducky die Fans in den bayerischen Wald entführt.

In seinem Filmchen dreht sich beim gelernten Huforthopäden natürlich alles um die Liebe zur Natur und den Tieren, welche er mit seiner Frau teilt. Während sich Annas Episode hauptsächlich mit ihrer Leidenschaft, dem Geigenspiel, und kleineren Familienanekdoten befasst, hält sich Thomas bezüglich seines Privatlebens recht verdeckt. Aus dem Proberaum erzählt er stattdessen über die verschiedenen Stationen, welche die Band durchlaufen hatte, und schafft es dabei mühelos – wie eingangs von Birgit prophezeit – den Zuschauer an seine Lippen zu fesseln. Dass die eigentliche Person Thomas Lindner dabei bis auf ein paar Details unbeleuchtet bleibt, fällt da zunächst überhaupt nicht auf. Nach seinem Beitrag ist die Dokumentation auch schon wieder zu Ende und es gilt, sich dem Bonusmaterial zu widmen.

SCHANDMAUL packen einen Festivalmitschnitt oben drauf

Zusätzlich zum interessanten Porträtfilm befindet sich neben dem Videoclip “Frei” auch der bereits angesprochene Wackenmitschnitt aus dem Jahr 2007 auf dem Silberling. Das einstündige Set umfasst zum Großteil Liedgut des damals noch aktuellen Albums “Mit Leib und Seele“. Aber auch “Wie Pech und Schwefel” sowie “Narrenkönig” werden mit einigen Songs gewürdigt. Somit ist das zugleich als Opener fungierende “Herren der Winde” der einzige Vertreter früherer Schaffensperioden. Der Einstieg ins Konzert gestaltet sich recht seltsam und ungewöhnlich, denn nach dem Intro folgt erst einmal eine Ansage. Es erweckt fast den Eindruck, als hätte man die wirkliche Eröffnungsnummer herausgeschnitten. Aber sei’s drum, sobald die ersten Töne erklingen, ist dieser Umstand schnell vergessen, da Band und Publikum bei dem aufgezeichneten Gig wirklich alles geben.

Bild und Ton sind zwar nicht wirklich berauschend, bewegen sich jedoch trotzdem noch in akzeptablem Rahmen. Aber das kennt man ja von Festivalmitschnitten – für deren Verhältnisse ist das Resultat jedenfalls vollkommen in Ordnung. Hohen Ansprüchen dürfte indes das manchmal leicht unscharfe Bild insgesamt zu körnig und der Ton zu dünn ausgefallen sein. Da das Konzert zu später Stunde statt fand, darf man sich auf der Partystage immerhin über eine Lightshow freuen. Nichts Herausragendes, dennoch weit besser als bei hellichtem Tag.

Die Chemie zwischen SCHANDMAUL und Publikum stimmt

Ist die Show auf technischer Seite also erwartungsgemäß im Mittelfeld anzusiedeln, so überzeugen Performance und die vorherrschende Stimmung auf ganzer Linie. Die Mädels hüpfen munter über die Bretter, während sie stets den Kontakt zum Publikum suchen, die Rhythmusfraktion ist durchgehend am Rocken und Frontmann Thomas zeigt sich in punkto Entertainerqualitäten von seiner besten Seite. So berichtet er nicht nur vom erfolglosen Versuch, sich extra für das Festival eine Matte stehen zu lassen, sondern widmet gleich zwei Songs dem kultigen Spiderschwein.

Bei so viel Sinn für Humor fällt dann auch gar nicht mehr auf, dass er an diesem Abend wohl stimmlich leicht angeschlagen war. Wie bereits erwähnt, stimmt auch die Chemie zwischen SCHANDMAUL und dem Publikum. Die Menge frisst den Folk-Rockern quasi aus der Hand: Es singt mit, geht auf Kommando in die Hocke, nur um kurz danach gemeinsam im Takt zu springen und lässt beim abschließenden “Dein Anblick” ein atemberaubendes Meer aus Feuerzeugen entstehen.

Positiv fällt zudem auf, dass selbst eher mäßige Nummern wie “Die Tür in mir” im richtigen Kontext plötzlich durchaus hörbar erscheinen. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, dass sich das Set für meinen Geschmack zu sehr auf “Mit Leib und Seele” konzentriert, spricht aber deutlich für die Livequalitäten des Sextetts. Einzig die offensichtlich geplante Zugabe trübt den Gesamteindruck aus meiner Sicht ein wenig. Bei Festivals mit ohnehin stark begrenzter Spielzeit muss so etwas nicht sein.

Alles in allem sollten sich treue Fans “Sinnbilder” auf keinen Fall entgehen lassen. Die Dokumentation gestaltet sich auch für langjährige Fans sehr interessant, während die Wacken-Show das Paket als schöne Dreingabe abrundet. Wer in erster Linie auf den Live-Aspekt aus ist und nicht jeden Fitzel der Band sein Eigen nennen muss, sollte allerdings lieber auf die Jubiläums-DVD im April warten.

Veröffentlichungstermin: 14.11.2008

Spielzeit: 124 Min.

Bildformat: 16:9

Ton: Stereo, Dolby Surround 5.1

Line-Up:
Thomas Lindner: Gesang, Akustik-Gitarre
Birgit Muggenthaler: Sackpfeife, Schalmei, Flöten, Gesang
Anna Kränzlein: Geige, Drehleier, Gesang
Martin Duckstein: Gitarre, Akustik-Gitarre, Gesang
Matthias Richter: Bass
Stefan Brunner: Schlagzeug, Percussion, Gesang

Produziert von Tom Büscher, Oliver Jauch
Label: F.a.m.e. Recordings

Homepage: http://www.schandmaul.de

SCHANDMAUL “Sinnbilder” Tracklist

Sinnbilder-Porträtfilm (ca. 60 Min.)
Videoclip Frei ca. 4 Min.)
Wacken 2007 (ca. 60 Min.)

Tracklist Wacken 2007

01. Herren der Winde
02. Leb
03. Drachentöter
04. Das Tuch
05. Feuertanz
06. Kein Weg Zu Weit
07. Der Tyrann
08. Die Tür in mir
09. Lichtblick
10. Mitgift
11. Vogelfrei
12. Walpurgisnacht
13. Dein Anblick

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