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METALLICA: Some Kind Of Monster [DVD]

Eine atemberaubende Dokumentation, die so intensiv ist, dass sie stellenweise schon fast belastend wird und einige Zeit zur Verdauung braucht.

Bei uns war die METALLICA Dokumentation Some Kind Of Monster, wenn überhaupt, nur in kleinen Programmkinos zu sehen. Auch in den Regalen vieler Videotheken dürfte die DVD ein Nischendasein führen, vielleicht 2 oder 3 Exemplare neben irgendeiner neuen Jerry Bruckheimer Mega-Produktion, die eine ganze Wand füllt.

Dabei hat man das Konzept der DVD wirklich genau dem Trend der mehr oder weniger aktuellen Reality Shows im Stile von The Osbournes angepasst: Die beiden Regisseure Joe Berlinger und Bruce Sinofsky begleiteten die Band auf Schritt und Tritt mit ihrem Kameras während der Produktion von „St. Anger“. Was sich fast nach einem einfachen Making-Of anhört, wurde im Laufe der Zeit zu einer erschreckend offenen Studie darüber, wie 40 jährige Rock-Millionäre durch geschäftliche und private Probleme gepaart mit Egotrips das Schlachtschiff METALLICA fast zum Untergang bringen.

Noch vor dem Beginn der Produktion von St. Anger verlässt Bassist Jason Newstedt die Band. Die restlichen Mitglieder von METALLICA akzeptieren sein Nebenprojekt ECHOBRAIN nicht. Übergangsweise schnappt sich Produzenten-Guru Bob Rock den Bass und die Band beginnt mit den Aufnahmen für das neue Album. Es dauert nur kurz bis die Band einen Psychologen engagieren muss, um überhaupt wieder produktiv zu werden. Doch dies ist nur der Anfang der Probleme. Die Sessions im Presidio, einem eigens gemieteten Militär-Hangar, der zum Studio umfunktioniert wurde, verlaufen nur schleppend. Die Stimmung wird zunehmend schlechter. Das Duo Hetfield/Ulrich bekommt sich immer öfter in die Haare, bis es zum endgültigen Kollaps kommt und Sänger James Hetfield einen Alkoholentzug in einer Klinik machen muss. Die Zukunft der Band steht auf dem Spiel. Niemand weiß, wann und ob James zurückkommt.

Von nun an steht die Beziehung zwischen James Hetfield und Lars Ulrich im Zentrum des Films. Trotz 20 Jahren gemeinsamer Arbeit und Erfolg scheint sich keine Freundschaft zwischen den beiden Musikern entwickelt zu haben. In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle von Kirk Hammett in der Band deutlich, der manchmal als Vermittler wirken kann, aber oft nur macht- und tatenlos neben den beiden Bandköpfen sitzt, wenn diese sich gegenseitig Egoismus vorwerfen oder über den Arbeitsprozess streiten.

In einer aufwühlenden Szene kommt auch Dave Mustaine (MEGADETH) zu Wort. Während einer Therapiesitzung haben Lars und er die Möglichkeit über den Rauswurf des damaligen Lead-Gitarristen zu sprechen. Dieser schildert eindrucksvoll, wie sehr ihn dieses Ereignis noch immer verfolgt.

In Some Kind Of Monster wird fast alles thematisiert, was sich in der 20-jährigen Bandgeschichte ereignet hat, da alles Einfluss auf die zerrütteten Beziehungen innerhalb der Band zu haben scheint. Auch der tragische Tod von Cliff Burton gehört zu den Inhalten. Nachfolger Jason Newstedt meldet sich mehrfach in Interviews zu Wort, lässt dabei kein gutes Haar an METALLICA und verdeutlicht damit nur, dass er den Split noch nicht überwunden hat. Sogar die Beziehung von Lars Ulrich zu seinem Vater wird beleuchtet.

Auch nach der Rückkehr von James wird das Arbeiten nicht einfacher. Das Verhältnis Ulrich/Hetfield kommt an einen neuerlichen Tiefpunkt. Immer wieder münden Diskussionen über das Album in persönliche Angriffe. Bis zum Release von St. Anger heißt es nun Probleme wälzen. Sogar der für 40.000 Dollar im Monat engagierte Psychologe selbst wird noch zum Problem für die Band.

Es ist noch ein weiter Weg bis zum Release des neuen Albums. Ein Name muss gefunden werden, genauso wie ein neuer Bassist. Robert Trujillo (früher OZZY OSBOURNE, SUICIDAL TENDENCIES und BLACK LABEL SOCIETY) scheint einen positiven Einfluss auf die Band zu haben. Durch Some Kind Of Monster versteht man sehr gut, warum METALLICA genau ihn aussuchten. Auch zum Songmaterial von St. Anger bekommt man durch die DVD ein neues Verhältnis. Die Songs und ihre Texte ergeben Sinn. Man erlebt St. Anger neu, wenn man die CD, direkt nachdem man diese Dokumentation geschaut hat, herauskramt.

Erst als METALLICA am Ende der Dokumentation wieder gemeinsam auf der Bühne stehen, hat der Zuschauer das Gefühl, dass der Patient psychisch wieder stabil ist.

Some Kind Of Monster lässt den Zuschauer einen über 2-jährigen Prozess erleben, dessen Schwierigkeiten im Bandgefüge lagen. Diesen langwierigen Prozess brauchte es, um ein neues Studioalbum einer der größten Rockbands aller Zeiten hervorzubringen. Probleme, die in vielen geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen auftauchen, brachten die Metal-Ikonen fast auseinander. Der Film rüttelt an der heroischen Sichtweise auf die Stars. Sie haben Probleme sich zu öffnen und sich einander zu nähern. Heftiger Alkoholkonsum ist keine Stärke, sondern wird zum Problem und somit zur Schwäche. Egoismus schadet dem Kollektiv. Nur gemeinsam ist man stark.

Diese DVD ist eine atemberaubende Dokumentation, die so intensiv ist, dass sie stellenweise schon fast belastend wird und einige Zeit zur Verdauung braucht.

Veröffentlichungstermin: 03.02.2005

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