ROCK HARZ OPEN AIR 2001, Skyclad, Die Apokalytischen Reiter, Flowing Tears, Re-Vision, Joker´s Wildest

Rock Harz Open Air 2001 mit Skyclad, Die Apokalytischen Reiter, Flowing Tears, Re-Vision, Joker´s Wildest. 15.06.2001 – Osterode

Es war ein herrlicher Frühsommertag. Bereits morgens brachen die Wolken auf, der ganze Tag versprach Sonne. Das kleine Feld inmitten der aufblühenden Natur in Osterode im Harz roch nach feuchtem, frisch gemähten Gras. Die Bienchen sammelten ihren Honig und die Vöglein zwitscherten. Doch dann…….braaaaatzzz!!! Aggressive Gitarrensalven schlugen wie Granaten mit messerscharfen Riffs in die Ohren der Metalheads ein. Zeit aufzuwachen! Wir befinden uns in einem Heavy Metal Konzertbericht, und nicht in einem Schnulzen-Roman.

Auf der Bühne stand eine energiegeladene junge Metalband, die dem noch spärlich vorhandenen Publikum zeigen wollte, wie technisch angehauchter Heavy Metal klingt. Der Name der Band: Re-Vision. Dass diese Band Klasse hat, bewiesen sie spätestens auf der Tour mit Paul DiAnno im letzten Jahr, u.a. auch in Osterode. Wer mir nicht glaubt, kann sich zumindest von der musikalischen Qualität auf dem aktuellen Album „Whore Venus“ überzeugen. Live wollte die Show auf dem, etwa fußballplatzgroßen Rasen des Rock Harz Open Airs nicht richtig funktionieren. Bei Tageslicht noch sehr früh am Abend und mit einer Fanschar von ca. 200 Personen, die sich zudem über den gesamten Platz verteilte kein Wunder. Vielleicht hätten Re-Vision eins ihrer Iron Maiden Coverstücke ausgraben sollen. So blieb bei dem Großteil der Zuschauer nur die Erinnerung an eine gute Power Metal Band, deren legendärer „Blankziehmann“ und Schlagzeuger seinem Spitznamen alle Ehre machte und traditionell zum Ende des Gigs seine Hose lüftete.

Ein Blick in das Programmheft des Abends erinnerte mich an den Opener des Festivals namens Joker´s Wildest. Eine lokale Band, die leider bereits vor meiner Ankunft ihren Gig absolviert hatte. Ohrenzeugen zufolge soll ihr Auftritt „ganz passabel“ gewesen sein. Was will eine unbekannte Undergroundband mehr?

Als nächstes standen Flowing Tears auf dem Plan. Einigen wird diese Combo aus dem Vorprogramm der letztjährigen Therion Tour oder von ihrer Tour mit The Gathering bekannt sein. Ihr drittes Album „Jade“ hat zwar schon mehr als ein Jahr auf dem Buckel, repräsentiert aber immer noch die aktuelle Veröffentlichung der Gothrocker. Aushängeschild bleibt Sängerin Stefanie Duchene, immer noch etwas schüchtern aber sichtlich gereift.

Der Abend verdunkelte sich langsam und auch die Lightshow kam von Minute zu Minute mehr zur Geltung. Leider wurde die sehr ruhige Musik bei der partyhungrigen, stetig anwachsenden Menge ebenso ruhig angenommen und kaum durch Beifall honoriert. Technische Probleme schütteten zusätzlich Salz auf die Wunde, doch letztendlich zogen sich Flowing Tears recht achtsam aus der Affäre.

Ein ganz anderes Kaliber sind die Apokalyptischen Reiter. Der Unterschied zu den vorherigen Bands war sofort sichtbar. Auf dem Platz wimmelte es von „Reitermaniacs“ und vor der Bühne wurde es dementsprechend eng. Doch zuerst hatte die Meute einen fetten Brocken zu schlucken. Drummer Sir G. konnte wegen einer Armverletzung nicht spielen. Um den Gig trotzdem zu retten, nahm ein sehr kurzfristig eingesprungener Ersatzschlagwerker hinter dem Drumkit Platz. Wenn ich mich nicht täusche, war das Tim, alias Fjalar von Adorned Brood, der bereits beim letzten Konzert den Reitern ausgeholfen hatte. Das eigentliche Problem lag allerdings in der Setlist, die durch die Kurzfristigkeit der Aktion stark gekürzt wurde. Highlights wie ‚Unter der Asche‘ und ‚Reitermania‘ kamen zwar zum Zuge, ‚Dschinghis Khan‘ fehlte allerdings. ‚Metal will never die‘ mußte aus Mangel an eingeprobten Stücken sogar zweimal gespielt werden, um die hungrigen Ohren der Fans in der zweiten Zugabe zu sättigen. Und gleich zu Beginn des Gigs fing es zu regnen an und hörte den restlichen Abend nicht mehr auf. Eumel, Volk-man und der mimik-arme Dr. Pest litten noch wenig darunter, denn ihre Black-/Death-/Heavy Metal Mixtur brachte die Stimmung auf den Höhepunkt.

Bei den anschließenden Skyclad machten allerdings viele durchnäßte Konzertbesucher einen Rückzieher, suchten unter den wenigen Getränke-, Freß- und NonFood-Ständen Unterschlupf oder traten den Heimweg an. Jetzt blieben nur noch die wirklich Hartgesottenen vor der Bühne stehen. Oder diejenigen, die eh naß bis auf die Haut waren, für die es keine Rolle mehr spielte – zu denen ich mich auch zählte. Denn auf eine Frage wollte ich unbedingt eine Antwort: Wie klingen und spielen Skyclad ohne ihr jahrelanges Aushängeschild Martin Walkyier (v.)? Schieben wir des Rätsels Lösung etwas nach hinten. Zuerst kam der Set der Band, die sich 20 Stunden zuvor noch in Nordengland befand und den Weg in einem klapprigen Bus allein für dieses Konzert auf sich nahm. Ich war nie ein großer Skyclad Fan, doch an ihren Liveshows kommt man nicht vorbei. Die Stimmung unter den vielleicht noch 50 Fans stieg trotz des Regens. Das lag hauptsächlich an dem Spaß, den die Band ganz offensichtlich hatte und auf das Publikum übertrug. Kevin Ridley, seit 1998 Gitarrist der Band hatte zusätzlich zu seinem Akkustikinstrument den Leadgesang übernommen. Er bildete zusammen mit Gitarrenpartner Steve Ramsey und dessen Backingvocals das neue Gesicht Skyclads. Kurze Haare, lässiges T-Shirt und ehrliche, freudige Gesichter – Dieser Teil Skyclads hat mittlerweile mehr mit Folk Bands der Marke „Fiddler´s Green“ zu tun, als mit der Metalperformance eines Martin Walkyier. Trotzdem knallte immer noch genug Metal aus den, offen im Regen stehenden Boxen. Georgina Biddle fiedelte bis zum Saitenriß und das Rhythmusduo Graeme English (b.) und Jay Graham (d.) bildete die traditionelle Metal Front. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Martin kein besonders guter Sänger ist. Trotzdem fehlte er an diesem Abend. Er hinterläßt eine klaffende Lücke in der Band, die auch nicht durch den größten Optimismus zu schließen ist. Skyclad brauchen wieder einen richtigen Frontmann und keinen singenden Gitarristen – selbst wenn der musikalische Anspruch durch Kevins klare Stimmbänder gewahrt bleibt. Es bedarf einen Sänger, der die gleiche Ausstrahlung wie Martin hat und somit aus dessen Schatten heraustreten kann. Noch während ich zu dieser Erkenntnis kam, nach ca. einer Stunde in der ich den Folk-Metal der sympathischen Briten abfeierte, krachte es kurz aber markerschütternd in den Boxen. Die P.A. gab ihren Geist auf, vermutlich durch den Regen und unzureichenden Schutz verursacht. Selbst die Bühne stand teilweise unter Wasser. Damit war das Konzert beendet. Es gab keine Hoffnung auf Reparatur und der Band blieb nichts anderes übrig, als viele Klassiker ungespielt zu lassen und ihr Equipment abzubauen. Ein spontanes, aber rückblickend erinnerungswürdiges Ende für den „Metal Day“ des zweitägigen Rock Harz Open Airs.

Fotos: Bilder des Veranstalters

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