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OPETH, KATATONIA, NOVEMBRE Frankfurt, Batschkapp 28.11.2001

Eines der besten Konzerte im Jahr 2001..!

NOVEMBRE

Den Italienern ist es zu gönnen, dass sie mit ihren unüberhörbaren musikalischen Vorbildern OPETH die Bühne teilten durften, zumal die ursprünglich als Support Act eingeplanten GOD FORBID stilistisch gar nicht in das hochkarätige Package gepasst hätten. Mit „Novembrine Waltz“ hatten NOVEMBRE auch gleich ein neues Album im Gepäck, das zwar lange nicht an die Werke von OPETH heranreicht, aber dennoch seine Qualitäten hat. In Frankfurt wurde allerdings schnell deutlich, dass die Stärken der Band nicht unbedingt im Livesektor liegen. Vor zwei Jahren sagte Carmelo Orlando, NOVEMBREs Gitarrist und Sänger, im Interview: „Ich habe nicht Gitarrespielen gelernt, um mich auf eine Bühne zu stellen und bewundern zu lassen, sondern um Musik zu machen – auch wenn es nur zuhause oder im Studio ist. Daran scheint sich nichts geändert zu haben, denn die Band wirkte etwas unsicher. Dazu kam, dass der Mischer anscheinend vergessen hatte, seine Fausthandschuhe auszuziehen und NOVEMBRE einen matschigen Sound bescherte, der es fast unmöglich machte, die Qualität der Songs zu erkennen. Das Publikum in der Batschkapp zeige sich allerdings recht nachsichtig und belohnte die Band dennoch mit Applaus, der von den Italienern dankend angenommen wurde.

NOVEMBRE machten das beste aus der Situation, mangelnden Einsatz kann man ihnen nicht vorwerfen, das Quartett gab sich Mühe und Songs wie „Nostalgiaplatz“ oder „Everasia“ zogen schließlich auch den einen oder anderen, der die Band bislang nicht kannte, in ihren Bann. Das etwas linkische Auftreten der Band machte die Musiker umso sympathischer, und statt einer durchkalkulierten Profi-Show boten NOVEMBRE Emotionen und eine saubere technische Leistung. Gerade durch die Nähe zum Publikum und die natürliche Ausstrahlung konnten NOVEMBRE dann doch noch überzeugen, zumal besonders Carmelos Gesang zwischen Flüstern und Growls ehrlich und echt wirkte. Dennoch wollte der Funke nicht so richtig überspringen, woran die Band aber nur zu einem kleinen Teil die Schuld trägt; hauptsächlich war es der miese Sound, der den Auftritt verdarb. Man kann der Band nur wünschen, dass sie noch mal unter besseren Voraussetzungen ihr Können unter Beweis stellen kann. Das Potential ist da, und irgendwann werden NOVEMBRE hoffentlich auch etwas selbstbewusster auf der Bühne agieren, die Weichen sind gestellt..

KATATONIA

Wer immer das Gerücht in die Welt setzte, dass KATATONIA eine miserable, langweilige Liveband wären, dem gehört im Nachhinein noch der Ohrenschmalz amputiert. Was die Herren aus Schweden an diesem Abend boten, war melancholische, oftmals auch verzweifelte Kunst, die zugleich auf eine morbide Art und Weise unterhaltsam war. Man nahm Anteil am ungekünstelten, sich mehr in der zerbrechlichen Stimme als in ausladenden pathetischen Gesten äußernden Leiden des Sängers und ließ sich fallen ins bitter-süße Lamento über das Nichts, das KATATONIA mit ihren Songs hinter allen Fassaden der oberflächlichen Gesellschaft entdecken. Mit Deadhouse kam gleich zu Beginn das Highlight des Discouraged Ones-Albums zum Zuge, und in der Folge litten sich KATATONIA durch ihre drei neueren Alben, wobei besonders Sweet Nurse von Last Fair Deal Gone Down zu bestechen wusste.

Der Sänger, im schwarzen, schmucklosen Hemd und mit dezenter schwarzer Krawatte stilvoll gekleidet, stand mit unaufdringlichem Acting und überzeugendem Gesang im Mittelpunkt, was umso beachtlicher ist, wenn man bedenkt, dass er wie so ziemlich jeder Mitreisende im Tourtroß heftig erkältet war. Seine Hintermannschaft beschränkte sich auf eine saubere Performance an ihren Instrumenten und gelegentliche Ausbrüchen des langmähnigen Gitarristen, der sich auch in einer Viking Metal-Band gut machen würde. Mehr war nicht nötig, denn die Musik von KATATONIA ist introvertiert und erfordert keine Rockstarposen. Den Abschluß bildete ein älterer, härterer Song, bei dem der gesundheitlich angegriffene Sänger das Mikro Carmelo Orlando von NOVEMBRE überließ. Dieser zeigte sich sehr bewegungsfreudig, nun da er von der Doppelbelastung Gesang/Gitarre befreit war, und sorgte somit für einen auffälligen Schlußpunkt eines auf dem ersten Blick unspektakulären, bei genauerem Hinsehen und -hören aber umso mitreißenderen Auftritts.

(Rachendrachen)

OPETH

Nachdem bereits KATATONIA sämtliche heimlich gehegten Erwartungen erfüllten, betraten OPETH die Bühne und setzten – wie immer – nahezu mühelos noch einen drauf. Wer die Band auf dem Wacken gesehen hatte, wusste bereits, dass nichts und niemand (auch keine schwedische Heulboje) dieser Band etwas anhaben kann. Diesmal war es nicht der Sound, mittlerweile waren die anfänglichen Probleme überwunden und es tönte kristallklar aus den Boxen, sondern fiese Erkältungsviren, die OPETH störten. Doch trotz eines charmanten Hinweises von Mikael Ackerfeld auf den angegriffenen Gesundheitszustand der Band war von erkältungsbedingten Schwächen nichts zu spüren.

OPETH stellten sich auf die Bühne und sahen aus wie Jungs von nebenan – keine Spur von abgehobener Genialität oder entrücktem Musikertum. So sympathisch wie die Band wirkte, so zauberhaft waren die Songs. Ein bisschen buntes Licht, ein Backdrop und ein paar schüchterne Ansagen, mehr brauchen die Schweden nicht. Reduziert auf das Wesentliche, mit klassischer Besetzung verwandelten OPETH einen mittelgroßen, gut gefüllten Liveclub in ein Wunderland voll musikalischer Magie. Vier Jungs, die auf allen Brimborium verzichteten und stattdessen nur ihre Musik sprechen lassen – so waren Livekonzerte irgendwann einmal gedacht. „Leper Affinity“, „White Cluster“, „Forest of October“, „When“ „Orichd“, „The Drapery Falls“, „Credence“ – egal welches Album OPETH in Erinnerung riefen, immer kombinierten sie musikalische Perfektion mit schnörkellosem, sympathischen Auftreten. Szenenapplaus in den Songs, Jubel nach jedem Titel – die Batschkapp wurde Zeuge eines ganz besonderen Konzerts eines ganz besonderen Band. OPETH entfachten ein Feuer musikalischer Leidenschaft, das mal leise knisterte, mal tosend aufloderte. Besonders „The Drapery Falls“ wurde mit einer Intensität dargeboten, die einem die Tränen in die Augen trieb. Selten habe ich eine Band gesehen, die so konzentriert und so vertieft in die eigene Musik war und dennoch genau diese Konzentration und Vertiefung sowie vorbehaltlose Begeisterung auf das Publikum übertragen konnte.

Bericht: vampiria, Rachendrachen
Fotos: boxhamster

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