LETZTE INSTANZ & KILOHERZ: Krefeld, Kulturfabrik, 30.12.2005

Um das Zusammenspiel auf der Bühne für die im Frühjahr anstehende Tour zu festigen und ihren neuen Sänger den Fans schon vor der Veröffentlichung des neuen Albums "Ins Licht" zu präsentieren, spielte die LETZTE INSTANZ Ende Dezember eine Reihe von Konzerten, unter anderem in der Krefelder Kulturfabrik, wo die Band auch vor gut zwei Jahren zu Gast war.

Besetzungswechsel sind für die LETZTE INSTANZ nichts Neues, gehörten für die Band bislang sogar schon fast zum Alltag, und immer, wenn ein neues Album anstand, konnte man fast sicher sein, wieder mindestens einen neuen Musiker in den Reihen der Dresdener zu entdecken. Im Februar erscheint Ins Licht, das fünfte Studioalbum der Band, und wie nicht anders zu erwarten war, wurde auch dieses Werk nicht von den gleichen Leuten eingespielt wie der Vorgänger. Für die Fans dürfte die neuerliche Veränderung allerdings um einiges schwieriger zu verkraften sein als die meisten vergangenen Besetzungswechsel: Neben Bassist FX und Gitarrist Tin, der auch als Komponist eine wichtige Rolle spielte, hat auch Sänger Robin der Band den Rücken gekehrt – eben jener Robin, der wie für die Bühne geboren schien und mit seiner Stimme, seiner Ausstrahlung und den eigenwilligen Texten das Bild dieser Band seit dem zweiten Album maßgeblich prägte. Der neue Sänger Holly hat also einen schweren Stand und muss den Fans erst noch beweisen, dass er ein würdiger Nachfolger ist. Um genau dies schon vor der Veröffentlichung des neuen Albums zu tun und das Zusammenspiel auf der Bühne für die im Frühjahr anstehende Tour zu festigen, spielte die LETZTE INSTANZ Ende Dezember eine Reihe von Konzerten, unter anderem in der Krefelder Kulturfabrik, wo die Band auch vor gut zwei Jahren zu Gast war.

Eine Vorband, die den Nerv des Publikums traf: KILOHERZ

Der Besetzungswechsel war aber nicht die einzige Veränderung, welche das Konzert in Krefeld auszeichnete. Zum einen musste sich die Band nach den enttäuschenden Besucherzahlen vor zwei Jahren diesmal mit dem kleinen Saal der Kulturfabrik zufrieden geben. Zum anderen hatte man im Gegensatz zum letzten Mal eine Vorband dabei, welche den Nerv des Publikums traf: KILOHERZ schafften es mit ihrer Mischung aus melodischem Punkrock und Alternative Rock, das insgesamt erneut eher träge Publikum für sich zu gewinnen. Zwar stellte sich schon, nachdem einige Stücke gespielt waren, heraus, dass das Liedgut des Leipziger Trios ein wenig zu gleichförmig war, um restlos begeistern zu können. Dennoch schafften es die drei Musiker, die Stimmung zu keinem Zeitpunkt abflachen zu lassen – ein Headbanger-Wettbewerb und eine Percussion-Einlage, bei der die singende Saitenfraktion, Gitarrist Alexander Martin und Bassist Mathias Dreiack, anstatt ihrer eigenen Instrumente Tom-Tom und Becken bearbeiteten, sorgten für Abwechslung.

Diese Abwechslung war allerdings nichts im Vergleich zu der musikalischen Vielseitigkeit, welche die LETZTE INSTANZ alleine schon aufgrund ihres viel breiteren Instrumentariums zu bieten hatte: Mit der klassischen Rockbesetzung, ergänzt durch Cello und Violine standen den Dresdenern natürlich ganz andere Möglichkeiten als ihrer Vorband zur Verfügung, um ihren einzigartigen Crossover aus moderner Rockmusik, Klassik und Folk variantenreich zu gestalten. Ihren Teil dazu beigetragen hat aber auch die Tatsache, dass die Band – anders als ihre Vorgruppe – mit Holly D. einen zweiten Sänger in ihren Reihen hat, dessen Stil sich von dem des Lead-Sängers komplett unterscheidet,

Der neue Lead-Sänger aber war es, auf den sich alle Augen und Ohren richteten. Würde er Robin stimmlich gewachsen sein? Würde er eine ähnliche Ausstrahlung zeigen, einen Frontmann mit eigenständigem Profil abgeben? Ersteres kann definitiv bejaht werden. Gesangstechnisch war Holly seinem Vorgänger an diesem Abend mindestens ebenbürtig – tonsicher und mit viel Gefühl. Mit seiner tiefen, warmen Stimme kam er Robin nicht selten sogar erstaunlich nah: Bei jenen Stücken, in denen er sich stark an den Originalversionen orientierte, hätte man meinen können, den alten Sänger vor sich zu haben. Dass dem nicht so war, wurde in erster Linie dann deutlich, wenn Holly sich größere Freiheiten nahm, von den ursprünglichen Gesangslinien abwich und diese durch eigene Interpretationen ersetzte. Nicht immer aber waren diese Interpretationen hundertprozentig geglückt, wie sich etwa bei Kopfkino, dem Hit des Albums Kalter Glanz, zeigte. Ansätze für ein eigenes Profil waren also zu erkennen. Allerdings wurde deutlich, dass Holly noch auf der Suche ist und sich noch nicht ganz gefunden hat – angesichts der wenigen Konzerte, die er im Gegensatz zu seinem Vorgänger bislang absolviert hat, aber verständlich und verzeihlich – ebenso wie die leichte Unsicherheit, die man ihm besonders zu Beginn des Auftritts anmerkte, die aber mit zunehmender Spielzeit geringer wurde.

Und der Rest der Band? Der präsentierte sich technisch souverän wie gewohnt, dabei aber deutlich spielfreudiger als auf der letzten Tour mit ihrem alten Sänger. Man merkte den sieben Musikern zu jeder Sekunde an, dass es ihnen Spaß machte, in dieser Konstellation zusammen zu musizieren. Dass Neu-Sänger Holly nicht die dominierende Bühnenpräsenz seines Vorgängers hatte, schaffte den anderen Bandmitgliedern Freiräume, welche diese auch auszunutzen wussten. Besonders Holly D. bemühte sich redlich, die so entstandene Lücke zu füllen.

Die Frage, wie sich die neue Besetzung schlagen würde, war allerdings nicht die einzige, welche die Fans in die Kulturfabrik gelockt hatte. Als mindestens genauso spannend musste die Frage angesehen werden, ob die Songs des bald erscheinenden neuen Albums mit den alten Klassikern mithalten könnten. Natürlich wurden die Hits der bisherigen Alben, wie etwa Medusa, Rapunzel oder Mein Todestag besser angenommen als das bis dato unveröffentlichte Material des kommenden Albums Ins Licht. Dennoch fügte sich letzteres nahtlos in das bisherige Schaffen der Band ein, zeigte es die LETZTE INSTANZ doch wieder von einer folkigeren und melodischeren Seite, wie sie allein auf der letzten Veröffentlichung, Götter auf Abruf, etwas abhanden gekommen war. Und doch steht die neue Besetzung nicht für sturen Rückschritt: die neuen Lieder, Sonne, Tanz und das experimentelle Traumschwere, zeichneten sich durch einen ganz eigenen, leicht melancholischen Charakter aus – musikalische Frischzellenkur bei gleichzeitiger Rückbesinnung auf alte Tugenden also.

Holly
Der neue LETZTE INSTANZ-Sänger Holly verlor mit zunehmender Spielzeit seine anfängliche Unsicherheit.

Auch wenn Neu-Sänger Holly noch an Bühnenerfahrung gewinnen und sich ein eigenes Profil erarbeiten muss, machte dieses Konzert doch eines deutlich: Die Veränderungen im Hause LETZTE INSTANZ waren Veränderungen zum Guten. Mit einem starken neuen Album und gefestigtem Bandgefüge wird es den Dresdenern hoffentlich gelingen, auf ihrer Tour im Frühjahr wieder größere Hallen zu füllen.

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