CARTHAGO, ORDEN OGAN & THARSYS im "Saloon", Beckum, am 14.4.2000

Ein Metal-Konzert in Beckum? Wo liegt Beckum, werden sich einige fragen. Ich nicht, denn es ist die Nachbarstadt von Ahlen, und das ist ja bekanntlich *die* Metropole schlechthin. Jedenfalls haben dort an diesem Abend die drei Underground Bands CARTHAGO, ORDEN OGAN und THARSYS gespielt, hier ist der Bericht…

Ein Metal-Konzert in Beckum? Wo liegt Beckum, werden sich einige fragen. Ich nicht, denn
es ist die Nachbarstadt von Ahlen, und das ist ja bekanntlich *die* Metropole schlechthin.
Aber wen interessiert das… die drei Bands, die an diesem Freitag in Beckum spielen sollten,
kennt wahrscheinlich auch niemand, mich eingeschlossen. Ich machte mich also mit einer
gewissen Neugier auf den Weg, dieses Mysterium zu ergründen und damit gleichzeitig meinen
Ferienanfang zu feiern. Nein, ich war *nicht* besoffen – nur leicht angetrunken, aber wer
hätte auch ahnen sollen, daß dieser Kerl meinen Wodka-O im Verhältnis 4:1 zugunsten des Wodkas
mischt…

Wurscht. Ich sollte endlich zur Sache kommen. Als meine Freunde und ich also in Beckum angekommen waren und den Ort der Veranstaltung, eine ranzige Bahnhofskneipe namens “Saloon”, eingehend unter die Lupe (!) genommen hatten, wuchs die Vorfreude auf die Bands. Aber auch die Verwirrung, denn jene sollten in einer kleinen Ecke, die gerade mal groß genug für vier Leute war, auftreten, einen seperaten Konzertsaal gab es nicht. Die Band THARSYS machte mit 50minütiger Verspätung (!) den Anfang, und ich war trotzdem noch bei klarem Verstand. Man glaube mir, ich war tatsächlich immer noch nicht betrunken. Gut, THARSYS spielten eine knappe Stunde ordentliche Gothic-Mucke, die allerdings mit der Zeit ein wenig einschläfernd wirkte, da man offenbar fast nur Balladen im Repertoire hat. Diese wußten aber zu gefallen. Lustig war der Umstand, daß ob des knappen Raumes der Gitarrist teilweise zwischen den ungefähr dreißig Zuschauern spielte. Sehr familiäre Atmosphäre würde ich sagen… Nachdem die Jungs mit ihrer Zugabe endlich mal das Gaspedal betätigten, wurde auch das Publikum wach, das die Band dann auch mit gutem Applaus verabschiedete.

Die nächste Band trug den kryptischen Namen ORDEN OGAN, was mich nicht nur einmal grinsen ließ. Aber als die Jungs und das Mädel loslegten, verschwand mein Grinsen und machte verwundertem Staunen Platz. Da spielte eine erstklassige Power Metal-Band, und wie die
spielten! Sofort riß man den inzwischen etwas gewachsenen Pöbel mit, und endlich flogen Haare.
Zwar hört man an allen Ecken und Enden, daß die Band Blind Guardian vergöttert, aber immerhin
gibt es einen Hauch von Originalität durch die Instrumente Oboe und Tin Whistle, welche für einen
leicht folkigen Touch (meine Güte, was für ein Ausdruck), sorgen. ORDEN OGAN machten ordentlich Stimmung mit ihren höchst melodiösen, schnellen und brettharten Songs, so daß ich gar nicht anders konnte als mir deren CD zu kaufen (gibt´s übrigens im Hellion Mailorder).

Nach diesem für meine Begriffe supercoolen Auftritt sprach ich dann erst einmal mit meinen Freunden dem Gerstensaft zu, wobei wir nicht umhin kamen, ein paar Gassenhauer in die Beckumer Nacht zu brüllen. Pöbel und Gesocks rules, sag ich da nur. Hey, ich weiß, daß das kein Metal ist, aber es ist witzig…;-) Als letztes an diesem Abend sollten dann noch die Beckumer Lokalhelden CARTHAGO spielen – und das taten sie ausgesprochen gut. Sie spielten zwar absolut unoriginellen Gothic Metal, beeindruckten mich aber durch ihre, ich sag mal, “Coolness” – denn wer es fertig bringt, zwischen depressiven und knüppelharten Songs ständig zu grinsen und Witze zu reißen, der verdient Respekt. Supercool war auch der vom Sänger als “sehr melancholisch und traurig” angekündigte “The Song I Wrote For You”, währenddessen Keyboarder und Drummer ein supergeiles Drum-Solo abzogen, bei dem sie immer um das Schlagzeug herumschlichen und zusammen auf jenes Gerät einschlugen – geordnet natürlich. Während dieser Prozedur zog sich der Bassist dann einen Jamaika-Pullover und eine zugehörige Mütze an (!), bis man dann schließlich den Song, der übrigens tatsächlich melancholisch war *g*, beendete. Unglaublich, oder? Endlich mal eine Band, die zwar düstere Musik macht, aber ansonsten viel eher an eine Funpunk-Band erinnert. *g* Man soll halt nicht alles so ernst nehmen. Auch die handwerklichen Fähigkeiten der Jungs wußten zu gefallen, besonders der Keyboarder (Crematory ließ zuweilen grüßen) war klasse. Dumm nur, daß der Grunzer nicht so gut grunzen kann. Aber wen interessiert das schon bei einer Band, die als Zugabe Punk-Songs mit Hammond-Sounds (!) spielt, danach mit den Worten “Wir sind ja eine kirchliche Band” den Kirchen-, äh Gassenhauer “Laudato Si” (!!) mit brutalsten Blast Beats (!!!) runterhämmert, und schließlich mit “La Le Lu” (!!!!!) den Gig beschließt? Ich meine, wenn das nicht geil ist, was dann? Schade nur, daß die “normalen” Songs von CARTHAGO nicht so der Bringer sind, Durchschnitts-Düster-Mucke halt. Trotzdem, Stimmung gemacht haben sie auch ordentlich, so daß ich mir teilweise fast schon wie bei einem Punk-Konzert vorkam. In einem “Vegetarier-Wettstreit” mußte ich z.B. mit einem anderen Pflanzenfresser um einen Burger um die Wette bangen. 😉

Bemerkenswert ist auch, daß alle Bands jeweils eine knappe Stunde gespielt haben, CARTHAGO sogar noch deutlich länger – das ist bei solchen Underground-Konzerten durchaus nicht die Regel. Und so wurde dies ein wirklich gelungener Abend, der dann noch mit einem kleinen Umtrunk bei mir zu hause beendet wurde.

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