AGES GONE, SUIDAKRA, DIE APOKALYPTISCHEN REITER & GOD DETHRONED, Dortmund, Live Station, 6.10.2001

REITERMANIA!!! (und andere gute Bands in einem guten Club bei einem guten Konzert)

Das Westfalen-Festival stand an diesem Wochenende mal wieder an, und da man bei solch einer Aktion (ein Ticket für 19,- DM für fast alle Clubs der Stadt mit zig Veranstaltungen) eigentlich nichts falsch machen kann und zudem noch der Veranstaltungsort des Konzerts, um das es hier geht, direkt im Bahnhof Dortmunds lag, stand einem Besuch in Dortmund nichts im Wege. Völlig abgekämpft und mit einer Horde 16jähriger im Gepäck machte meine Wenigkeit, fortan nur noch „Onkel Andi“ genannt, sich also per Zug auf dem Weg in die schöne Westfalenmetropole, mit der berechtigten Hoffnung, DIE APOKALYPTISCHEN REITER zum ersten Mal in voller Besetzung erleben zu dürfen.

Den Anfang in dem sehr gemütlichen Club mit fast schon intimer Atmosphäre machten die Kölner AGES GONE, die ihren Stil selbst als „Free-Death“ bezeichnen und damit völlig richtig liegen. Was für eine Band! Von den ersten Tönen an war ich zutiefst begeistert von dieser Mischung aus knüppelhartem Death Metal, einer gewissen alternativen Hardcore-Attitüde und einer gehörigen Portion Groove, die die extrem spielfreudige Band da an den Tag legte. Ausgestattet mit überlangen, sehr vertrackten Songs und einem überzeugenden handwerklichen Können konnte die Band das Publikum sehr schnell auf ihre Seite ziehen, und trotz der hochkarätigen weiteren Bands an diesem Abend wünschte ich mir am Ende des Sets, die Band hätte noch einmal dreißig Minuten spielen dürfen. Hier muß einfach ein Plattenvertrag her, aber schnell!

Danach standen SUIDAKRA auf dem Programm, auf die ich mich schon ziemlich freute, gefiel mir doch das Album „Lays From Afar“ damals sehr gut. Ebenfalls freuen taten sich meine Begleiter, männlich und wie gesagt in bestem Teenager-Alter. Und zwar galt die meiste Freude der Bassistin der Band, was vor dem Gig auch lautstark zum Ausdruck gebracht wurde. Schade nur, daß sich diese zu Beginn des Konzerts als, so darf man wohl sagen, recht korpulenter und auch recht männlicher Vertreter der Gattung „Mensch“ entpuppte. Nun, das machte natürlich nichts – wohl aber die Tatsache, daß im Zuge der gesamten Auswechslung der Band (nur Sänger/Gitarrist Arkadius ist noch vom alten Line-Up dabei) die klaren Gesangsparts fehlten bzw. von Arkadius übernommen wurden, was deren Qualität nicht eben zuträglich war. Auch legten SUIDAKRA eine recht übertriebene „Rocker-Attitüde“ an den Tag, inklusive „Freibier für alle!“-Ruf, was bei einer atmosphärischen Black Metal-Band mit Folk-Einflüssen irgendwie nicht so recht passen mag. Den Fans allerdings schien es zu gefallen, weshalb man auf jeden Fall von einem gelungenen Auftritt sprechen kann. Höhepunkt aus meiner Sicht war allerdings ganz klar die Gasteinlage des alten Gitarristen Marcel, der „One Piece Puzzle“ von SKYCLAD mit der Band spielte und sang. Ich bin gespannt, wie sich SUIDAKRA mit diesem neuen Line-Up auf dem nächsten Album geben werden.

Dann nahte, wie üblich, das Inferno im Zeichen der mächtigen APOKALYPTISCHEN REITER, die erneut angetreten waren, die mächtige REITERMANIA unters Volk zu bringen. Zu diesem Zweck präsentierten sie einen neuen (Aushilfs-)Gitarristen namens „Herr Schmidt“, der seinen Zweck erfüllte, sich aber ansonsten keinen Millimeter vom Fleck bewegte. Machte nichts, dafür waren die anderen REITER da.

Und wie! Es war ein Auftritt, der in meinem Hirn unter „Das geilste Rock-Konzert aller Zeiten“ seinen Platz gefunden hat. Was die REITER hier vollbrachten, war der pure Wahnsinn. Ich habe sie jetzt zum dritten Mal gesehen – einmal in Oberhausen ohne Schlagzeuger, einmal in Wacken und nun in voller Besetzung, bis an die Haarspitzen motiviert, und so sympathisch, daß es fast weh tat. Nach dem Intro, einer Sequenz aus „Vom Ende der Welt“ ging es nahtlos mit „Geopfert“ weiter, und von diesem Moment an gab es kein Halten mehr bei den im Saal vertretenen Reiter-Jüngern. Ständig sprangen Fans auf die Bühne, Stagediving war angesagt, überall wurde gemosht, was das Zeug hielt, und überhaupt – das war einfach der pure Wahnsinn. Nervig war nur ein Security-Typ, der zwanghaft versuchte, jeden Stagediver von der Bühne zu zerren (und pogende Metaller rauszuschmeißen – hätte er das mal versucht…), was dann auch irgendwann von den REITERN bemerkt wurde, die sofort reagierten und den Herrn mit liebevollen Gesten von der Bühne komplementierten. Volkmars Stinkefinger in Richtung des Security-Menschen löste jedenfalls lautstarken Applaus seitens des Publikums aus. Klasse! Hier sei einmal gesagt, daß Security in einem so kleinen Club, der quasi zum Stagediven auffordert, einfach nur unsinnig und nervig ist. Rock’n’Roll ist nichts, das in „vernünftige Bahnen“ gelenkt werden sollte. Das sagten sich dann auch die Fans und machten einfach weiter mit der Party.

Angesteckt von derlei euphorischen Fanreaktionen spielten sich die REITER von einer Höchstleistung zur nächsten, intonierten „Instinct“, „Unter der Asche“, „Gone“, „The Smell Of Death“, „Erhelle meine Seele“ (unglaublich intensiv!) und noch viele, viele weitere brillante Songs. Nach dem phantastischen „Metal Will Never Die“ gab es noch zwei Zugaben („V.A.D.E.R.“ und „Licked By The Tongues Of Pride“), aber leider nicht „Dschinghis Khan“ – das ist nämlich von Schlagerpapst Ralph Siegel verboten worden, was im Saal mit mächtigen „Scheiß auf Siegel!“-Chören quittiert wurde. Wenn das noch gespielt worden wäre, ich hätte die REITER wohl endgültig zu meinen absoluten Obermeistern erklärt – aber so sind sie halt nur die coolste, beste und sympathischste Metal-Band der Welt. Ist ja auch schon was.

Danach konnten GOD DETHRONED nur verlieren. Ich meine, sie waren zwar gut, aber definitiv nicht der Headliner. Zwar war noch einiges los vor der Bühne, aber nicht mehr bei mir, der ich keinen einzigen Song der Band kannte und deshalb auch dem Gig nur halb folgte. Man mag es mir bitte verzeihen – ich kann hierzu nicht viel schreiben, außer, daß der solide Todesblei sehr gut ankam und ausgezeichnet vorgetragen wurde.

Und schon war dieses unvergeßliche Konzert vorbei, wir fuhren mit dem letzten Zug nach Hause, freuten uns, daß es eine Band wie DIE APOKALYPTISCHEN REITER gibt und schworen uns, uns nicht eher zu töten, bis nicht alle Welt der mächtigen REITERMANIA verfallen ist.

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