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PROTOTYPE: Geduld führt auch zum Ziel

Los Angeles ist nun nicht unbedingt der Ort, an dem man eine durch und durch eigenständige, ehrliche und komplexe Band wie PROTOTYPE erwartet. Und so war neben dem um zwei Jahre verzögerten Europa-Release ihres Albums ‘Trinity’ auch die Herkunft ein Gesprächsthema im Interview mit Vince, Sänger und Gitarrist der Prog-Thrasher aus dem Golden State.

Los Angeles ist nun nicht unbedingt der Ort, an dem man eine durch und durch eigenständige, ehrliche und komplexe Band wie PROTOTYPE erwartet. Und so war neben dem um zwei Jahre verzögerten Europa-Release ihres Albums ‘Trinity’ auch die Herkunft ein Gesprächsthema im Interview mit Vince, Sänger und Gitarrist der Prog-Thrasher aus dem Golden State.



Hi, Vince! Wie fühlt man sich so, nachdem das eigene Album nach zwei Jahren endlich auch in Europa veröffentlicht ist? War die lange Zeitspanne zwischen den Aufnahmen und dem Vertrag für die ‘Alte Welt’ nicht sehr frustrierend?

Wir sind vor allem glücklich, dass es nun doch noch mit einer Veröffentlichung bei euch in Europa geklappt hat. So frustrierend war die Situation aber eigentlich nicht, es ist vielmehr für uns nun schön zu sehen, dass unsere Musik weitere Verbreitung findet. Klar wäre es uns lieber gewesen, schneller einen Partner für den Release in Europa zu finden, aber letztlich führt Geduld auch zum Ziel.

Warum habt ihr euch so lange um einen Europa-Release von ‘Trinity’ bemüht und euch nicht einfach neuen Songs zugewandt?

Aufgeben kam uns nie in den Sinn. ‘Trinity’ in Europa zu veröffentlichen war ein großes Ziel für uns…und es hat ja dann auch geklappt. Gut Ding will manchmal eben Weile haben. Die Zwischenzeit haben wir dazu genutzt, neues Material zu schreiben. Außerdem haben wir uns mit dem Mix eines Albums beschäftigt, das eigentlich schon vor ‘Trinity’ herauskommen sollte. Wir hoffen, dass wir es nun dieses Jahr herausbringen können.

Auf der europäischen Version von ‘Trinity’ gibt es zwei Bonustracks, entstanden die in diesem Zeitraum? Warum habt ihr sie auf ‘Trinity’ gepackt?

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“Half Life” und “Chrysalis” wurden direkt nach den Aufnahmesessions zu ‘Trinity’ geschrieben und besitzen daher eine sehr ähnliche Atmosphäre wie die ursprünglichen Albumstücke. Wir hatten sie eigentlich für ein Demo verwenden wollen, bei dem Pat Magrath noch am Schlagzeug zu hören war. Doch dann trennten sich die Wege von Pat und uns, so dass die Songs keinen Verwendungszweck mehr hatten. Also nahmen wir sie uns noch mal zur Brust, feilten sie aus und packten sie exklusiv auf die Europa-Version. Das Album funktioniert zwar auch ohne die beiden Tracks, aber wir dachten uns, dass es ein netter Anreiz für die europäischen Metalheads wäre, die zwei Songs, die uns sehr ans Herz gewachsen sind, mitzuveröffentlichen.

Obwohl ich euren Werdegang nun schon eine Weile verfolge, spätestens seit eurem coolen Gig auf dem L.A.-Metalfest, bin ich nach wie vor davon überrascht, wie vielfältig und eigen euer Stil daherkommt. Wie hat sich diese eigene Richtung von PROTOTYPE entwickelt?

Das war schon immer ein Teil von PROTOTYPE. Der Grund dafür, dass wir so klingen, wie wir klingen, dürfte wohl der sein, dass unser Gitarrist Kragen und ich unterschiedliche Einflüsse in die Band einbringen, zugleich sind wir aber beide tief im Thrash verwurzelt. Dazu gesellen sich Eindrücke aus dem Deathmetal, Jazz und Fusion und klassischer Musik. Wir machen uns da keinen großen Kopf drum, wie wir klingen wollen, sondern lassen es einfach passieren.

Beeinflusst es euch in irgendeiner Weise, dass ihr aus Los Angeles kommt? Hilft es euch, nahe dran zu sein an den Clubs und dem Business, oder ist es wegen der Masse an Bands eher schwierig, überhaupt wahrgenommen zu werden?

Nur weil wir aus L.A. kommen, heißt das noch lange nicht, dass wir nahe dran wären an der Szene. Die Situation des öffentlichen Nahverkehrs ist hier geradezu legendär miserabel. Sicher ist es ein Vorteil, in so bekannten Clubs wie dem “Whiskey A-Gogo” zu spielen, doch leider ist die ganze Konzertszene hier total verkorkst. Es gibt kaum Veranstalter, denen daran gelegen ist, einer Band eine Plattform zu geben. Stattdessen halsen sie den Bands mit Ticket-Mindestabnahmen das finanzielle Risiko auf, um selbst fein raus zu sein. Das mag zwar vom wirtschaftlichen Standpunkt aus verständlich sein; einer gesunden Szene mit originellen Bands, die ein Forum für ihre Musik bekommen, ist es aber mehr als abträglich. Es gibt hier Massen von Bands, doch trotz aller Hindernisse sind es meistens die, die wirklich was drauf haben, die Bestand haben. Alle anderen Projekte sind nach ein paar Monaten wieder in der Versenkung verschwunden.

Typisch kalifornisch ist eure Musik jedenfalls nicht unbedingt. Ich würde da eher an Nu Metal, Orange County-Punk oder Bay Area-Thrash denken. Was gibt euch die Kraft und das Selbstvertrauen, abseits dieser Schubladen und Szenen euer Ding durchzuziehen?

Stimmt schon, wir spielen definitiv keine typisch südkalifornische Musik. Allerdings waren wir in unseren Anfangstagen eine reinrassige Thrashband, damals noch unter dem Namen PSYCHOSIS. Irgendwann haben wir uns jedoch dazu entschieden, unsere Musik für andere Einflüsse zu öffnen, was uns progressiver und eigenständiger klingen ließ.

Ich muss gestehen, dass ich oftmals bei euren heftigen Riffs und den harten Rhythmen eigentlich krasseren Gesang erwarten würde. Was gab für dich den Ausschlag, melodisch zu singen statt zu schreien?

Wir finden Melodie einfach wichtiger als reine Brutalität. Außerdem wuchs ich mit den Stimmen von James Hetfield, Dave Mustaine und Geddy Lee auf. Daher liegt mir die melodischere Variante mehr.

Wie geht ihr für gewöhnlich an einen Song heran?

Einer von uns kommt mit einem oder mehreren Riffs an, und von da an kommt es zu einem ständigen Ideenaustausch zwischen uns allen. Wir folgen keinem Schema, sondern lassen der Kreativität mit ständigen Modifikationen der Riffs und Beats freien Lauf.

Und was sind deine bevorzugten Themen beim Verfassen der Texte?

Meistens lasse ich mich da über epische Themen aus den Feldern Geschichte, Religion und Science-Fiction aus. Besonderes Augenmerk richte ich darauf, die Kraft der Musik durch ebenso kraftvolle Texte zu reflektieren.

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Du hast es angesprochen, ihr habt mit Sam Aliano einen neuen Schlagzeuger in der Band. Wie schwer war es für euch, einen Drummer zu finden, dem eure komplexen Strukturen keine Probleme bereiten?

Das war äußerst schwierig. Es ging gar nicht mal so sehr um die technischen Aspekte alleine, sondern vor allem auch um einen passenden Charakter, der das gleiche Maß an musikalischer Hingabe spüren lässt. Umso glücklicher sind wir nun, dass wir Sam gefunden haben.

Warum hatte sein Vorgänger Pat denn die Stöcke hingeschmissen?

Das war ein Prozess, der auf gegenseitigem Einverständnis beruhte. Pat und wir hatten schlicht und einfach nicht mehr die gleiche Einstellung gegenüber einigen Aspekten des professionellen Arbeitens in der Band. Pat ist ein hervorragender Drummer, deshalb tat es uns sehr leid, dass wir diese Kluft damals nicht mehr überbrücken konnten.

Euer neuer Schlagzeuger Sam stammt aus Australien, du selbst wurdest in Paris geboren…Hat diese Internationalität irgendeinen Einfluss auf PROTOTYPE?

Nun, viele Länder und Kulturen gesehen zu haben, hilft jedem dabei, seine Vorstellung von der Welt und den Menschen zu erweitern. Das ist auf alle Fälle besser als ständig nur an einem Ort gewesen zu sein. Daher bringt dieser internationale Aspekt der Band vom Menschlichen her sehr viel.

Wenn ihr nicht gerade Vertriebspartner oder Drummer sucht, scheinen es euch vor allem Tribute-CDs angetan zu haben, jedenfalls wart ihr schon auf etlichen Tributes dabei. Macht ihr das aus Spaß oder ist es für euch eine praktische Gelegenheit, den Namen PROTOTYPE zu verbreiten?

Sieben Tributebeiträge sind es an der Zahl. Wir hatten daran sowohl Spaß als auch die Hoffnung, dadurch unseren Namen bekannter zu machen. Wir haben uns jedes Mal sehr viel Mühe gegeben und versucht, eine echte Hommage an so großartige Bands wie METALLICA, RUSH, TESTAMENT, KING DIAMOND, METAL CHURCH und JUDAS PRIEST abzuliefern. Letzten Endes haben wir damit gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen, da wir zudem für die Coversongs genügend Geld bekamen, um uns unsere eigene Aufnahmeausrüstung zu kaufen.

Welcher der Coversongs gefällt dir im Nachhinein am besten?

Wir mögen alle unsere Version von TESTAMENTs “Into the Pit” besonders, das war ein echter Killer. Mir liegen aber auch die RUSH– und KING DIAMOND-Covers sehr am Herzen.

Als nächstes steht für euch die Teilnahme am Soundtrack zu einem Computerspiel der recht bekannten Spielefirma Activision an. Wie kamt ihr denn zu dieser eher ungewöhnlichen Aktion?

Wir haben praktischerweise einige Kontakte zur Spieleindustrie. Wir konnten ihnen unsere Musik schmackhaft machen. Sie hielten sie für passend zu einigen Projekten. Wenn es nach uns geht, können wir das noch öfter machen, da es eine exzellente Möglichkeit ist, unsere Musik neuen Hörern nahe zu bringen. Schließlich haben diese Spiele Millionenauflagen.

Zockt ihr selbst auch gelegentlich?

Wir setzen uns ganz gerne mal vor die Playstation oder die Xbox.

Etwas besonderes dürfte für euch auch euer Auftritt bei einem Festival in Holland gewesen sein. Was für eine Erfahrung war das für euch?

Es war unsere erste Gelegenheit, außerhalb der Staaten mit PROTOTYPE zu spielen, und wir genossen jede Sekunde des Trips. Die Leute in Holland waren zudem äußerst nett und wir konnten unser Management von Intromental endlich mal persönlich kennen lernen, was der Zusammenarbeit sehr gut getan hat. Hoffentlich klappt es bald mit weiteren Gigs auf Festivals oder einer Tour bei euch drüben.

Ich nehme mal an, dass dagegen das L.A.-Metalfest “November to Dismember” vor einiger Zeit nicht ganz so cool für euch war, nachdem es da drunter und drüber ging mit der Organisation…

Das war definitiv ein äußerst chaotisches Festival. Es lief nicht besonders gut für alle Bands. Diese Art von Festival ist komplett auf die Headliner ausgerichtet, während all die Vorbands wie Vieh auf die Bühne und wieder runter getrieben wurden. Es spielten nur deshalb so viele Undergroundbands, weil die Kohle für die Headliner ja irgendwoher kommen muss. Und dann ist die Organisation auch noch so miserabel, dass der Zeitplan komplett aus den Fugen gerät und die Fans erst recht die Bands nicht sehen können, wegen denen sie eigentlich gekommen waren (TESTAMENT wurde beispielsweise nach zwei Songs der Strom abgedreht – Anm. d. Verf.).

Mal eine theoretische Frage: Was wäre euch lieber, eine Tour mit stilverwandten Bands wie INTO ETERNITY oder einmal Vorband von METALLICA sein?

Nun, das sind zwei seeehr unterschiedliche Situationen. Wenn METALLICA nun nicht ganz so bekannt wären, sondern eher in der Undergroundszene wie wir oder INTO ETERNITY, die ich übrigens sehr schätze, wäre es eine schwierige Entscheidung. Beides würde für uns funktionieren, denke ich. Wir haben herausgefunden, dass wir mit unserem Stil live sowohl bei einem brutalen Metalpublikum wie auch bei einem Progressive-Publikum punkten können.

Abschließend komme ich nicht umhin, dich nach eurem neuen Gouverneur zu fragen. Was hältst du davon, dass ausgerechnet Arnold Schwarzenegger Politiker geworden ist und vor allem gewählt wurde?

Ach, eigentlich finde ich das ziemlich stark, weil es zeigt, dass jeder so ziemlich alles, was er werden will, in diesem Land auch werden kann. Ob man dem nun positiv oder negativ gegenübersteht, ist jedem freigestellt. Interessant und außergewöhnlich ist es auf alle Fälle.

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