MANIC MOVEMENT – Wie angle ich mir einen Produzenten?

Manic Movement sprachen mit vampiria über ihr Debüt Album, die belgische Heavy Metal Szene, Inspiration und die Möglichkeit, einen Produzenten für sich zu gewinnen…

Manic Movement sprachen mit vampiria über ihr Debüt Album, die belgische Heavy Metal Szene, Inspiration und die Möglichkeit, einen Produzenten für sich zu gewinnen…

Seit geraumer Zeit hält sich eine CD hartnäckig in meinem CD-Player. Thousand Sufferings von Manic Movement gehört für mich zu den Newcomern 1999. Die Belgier heben mit ihrem Debüt einen Kracher abgeliefert, der schwer einzuordnen und darum ziemlich interessant ist. Natürlich wollte ich nun auch wissen, wer denn hinter dieser Band steckt. Es wurde ein kurzweiliges, weil mehrsprachiges und witziges Interview mit einem Musiker, der die übliche Kaltschnäuzigkeit vermissen ließ und darum umso sympathischer wurde.

Hallo? Bist du André? Ich bin der Dolmetscher! Wie geht es dir? so kauderwelschte es aus dem Hörer, als irgendjemand von der belgischen Band Manic Movement bei mir anrief, um ein paar Fragen zu beantworten. So galt es zunächst darauf hinzuweisen, dass ich nicht André, sondern Andrea heiße und die Modalitäten des Interviews zu klären, die folgendermaßen aussahen: Ich stelle eine Frage auf Englisch, die dann vom Dolmetscher ins Holländische übersetzt werden, damit sie Schlagzeuger und Hauptsongwriter Olivier Wittenberg auf holländisch beantworten kann. Oliviers Antworten wurden dann wiederum ins Englische übersetzt, damit auch ich sie verstehe. Nebenbei bemerkt, das Holländisch war so gut zu verstehen, dass es der englichen Übersetztung kaum bedurft hätte, aber bis ich das erklärt hätte und es in sämtliche Sprachen übersetzt worden wäre… Nun ja, ich dachte mir, so geht’s auch – zumal sich ja rausstellte, dass der gute Olivier durchaus Englisch sprechen kann: irgendwann war ihm die Prozedur zu umständlich und er antwortete selbst.

Manic Movements Schlagzeuger und sein Dolmetscher sind zu recht stolz auf ihr Debüt-Album Thousand Sufferings. Was andere davon halten, wissen sie jedoch noch gar nicht. Leider haben wir noch keinen Überblick, wie das Album von der Presse aufgenommen wurde, da die Promotion erst angelaufen ist. Trotz ihrem nicht gerade überwältigendem Bekanntheitsgrads und der Tatsache, das es bis auf das im Oktober erschienene Debut keine Veröffentlichung gibt, waren die Belgier bereits 1997 mit Psychotic Waltz auf Tour und haben immerhin eine Show für Overkill eröffnet. Thousand Sufferings ist der erste richtige Release, obwohl die Band bereits seit 1993 existiert. Der Grund für die lange Wartezeit ist so einleuchtend wie simpel: Wir haben uns eine Menge Zeit gelassen, aber ich denke, das war gut so. Es gab früher auch keine Möglichkeit für uns, ein Album aufzunehmen.

Weil Schlagzeuger Olivier die Songs schreibt, lässt sich eine stärkere rhythmische Ausrichtung als bei anderen Bands erkennen, Ich achte beim Songwriting sehr auf den Rhythmus. Auf der anderen Seite versuche ich den Gitarren noch immer genügend Platz zu lassen, damit auch Melodien zur Geltung kommen. Das Songwriting funktioniert folgendermaßen: Olivier spielt neben Schlagzeug auch noch Gitarre und Bass, da entstehen einige Ideen, aber hauptsächlich schreibe ich die Songs mit einem Keyboard. Das heißt für den Rest der Band, dass sie fertige Riffs vorgesetzt bekommen? Ja, irgendwie schon, aber die Arrangements machen wir alle gemeinsam, ich mache nicht alles selbst, haha. Die einzelnen Gitarren oder Basslinien kommen aber schon von mir.

Ab nun war die Prozedur dem Komponisten zu umständlich, er entließ seinen Übersetzter und beantwortete selbst die Fragen, was übrigens problemlos klappte. Ich habe als Schlagzeuger ein anderes System, nach dem ich Songs aufbaue. Ein Gitarrist muss, wenn er einen Song schreibt, auch an die Rhythmussektion denken. Ich als Drummer bin die Rhythmussektion und kann mich, wenn ich Melodien schreibe, nur auf die Melodie konzentrieren, da ich den Rhythmus schon intus habe. Das macht es viel einfacher, einen Song aufzubauen, weil ich ja beides kenne und keine Rücksicht nehmen muss. Ein Gitarrist kann ein tolles Riff entdecken, doch wenn es nicht zum Rhythmus passt, ist es verloren. Mein Joker (das ist ab sofort meine neue Lieblingsformulierung ) ist es, dass ich beides, Rhythmus und Melodie, schon während des Songwritings verbinde. Auffallend ist auch, dass die Bridges in den Songs weniger von den Gitarren getragen werden, als von den Drums. Olivier sieht das genauso: ja, das ist das außergewöhnliche, na ja, das besondere an Manic Movement.

Warum ausgerechnet eine Coverversion von Jaques Brels Amsterdam auf dem Album ist, lässt sich ganz schnell erklären: Als Kind lebte ich bei meinem Vater, und er war ein Riesenfan von Jaques Brel. Darum war ich ständig von dieser Musik umgeben. Amsterdam musste ich besonders oft anhören, darum kann ich mich an dieses Lied auch gut erinnern, haha. Eigentlich ist es ein ziemlich depressiver Song. Mhm, also mir gefällt das Original ja gar nicht. Sofort regt sich Widerspruch aus Belgien: Ja, aber unsere Version ist doch ganz anders. Lachend fügt Olivier noch hinzu Glaube mir, es ist einer meiner Lieblingssongs von Jacques. Wie dann wohl die anderen Stücke aus seiner Kindheit waren, will ich gar nicht wissen…

Eigentlich sind wir gar nicht selbst auf die Idee gekommen, einen Coversong zu machen. Nach einer Show kam ein Typ zu uns, und meinte, wir sollten doch noch ein Cover in unser Programm aufnehmen. Ich hab dann überlegt, was wir machen könnten. Ich wollte nicht das fünfhundertste Metallica- oder Black Sabbath-Cover machen, davon gibt ohnehin viel zu viel. Irgendwann kam ich dann auf die Idee einen Jacques Brel-Song zu verwenden. Es ist ja auch viel interessanter, einem Song seinen eigenen Stempel aufzudrücken als ihn nur nachzuspielen. Ja, wir haben den Song ja auch umarrangiert. Der erste Teil klingt wie das Original, und dann klingt er nach Manic Movement mit Black Metal Einschlag. Dass der Song vor allem live gut ankommt dürfte ja sowieso klar sein.

Zurück zum Songwriting, im Info steht, dass jedes Intro mit richtigen Instrumenten gespielt wurde. Wie konntet ihr euch das denn leisten? 50 % Samples und 50% echte Instrumente, so stimmt es eher. Wenn wir live spielen, dann kommt das ganze eben von Band, weil es zu teuer ist. Intros scheinen eine besondere Bedeutung bei Manic Movement zu haben, jeder Song hat ein eigenes, das auch live (vor)gespielt wird. Der Song ´Run to Heaven´ zum Beispiel hat ein Intro, dessen Thema später von der Gitarre gespielt wird. Die Idee des Intros wird im Song selbst nochmals aufgenommen und variiert.

Was nach Alleinherrschaft des Songwriters klingt, ist in Wirklichkeit etwas anders: Die Texte macht unser Sänger Maarten, und das Cover hat ein Freund von uns zuhause am Computer gemacht. Das Cover sollte auch ein wenig die Musik ausdrücken, darum ist eben eher düster und nicht gelb. Ein Cover sollte auch ein wenig über die Musik aussagen.

Belgien, zu diesem Land fällt mir alles mögliche ein, aber keine Metal-Szene. Im Moment ist hier auch nichts los. Ancient Rites wäre eine Band, die mir einfällt. Die Musiker hier haben es recht schwer. Früher gab es Namen wie Channel Zero, deren ex-Gitarrist Xavier Carion auch unser Album produziert hat. Die Zusammenarbeit mit Carion entstand auf ziemlich ungewöhnliche Weise: Er ist ein Freund von mir, wir treffen uns zum Angeln, ich bin ein begeisterter Angler. Nach dem Fische fangen habe ich ihn von meiner Band erzählt und er war gleich daran interessiert, mit uns zusammenzuarbeiten. Das nenne ich einen entspannten Rahmen für Geschäftsverhandlungen, am Flussufer sitzend mit einer Angel in der Hand…

Nun gut, es gibt kaum Bands, aber Fans wird es ja wohl geben? Ich glaube, Belgien ist das Land mit den wenigsten Heavy Metal Menschen, es gibt zwei Clubs, einer davon ist aber verdammt klein. Das heißt dann auch, dass ihr im Ausland touren müsst, um auf euch aufmerksam zu machen? Ja, natürlich, im Moment sind wir als Opener für Moonspell und Kreator im Gespräch, da ist aber noch nichts sicher. Leider hat das, wie sich in der Zwischenzeit herausgestellt hat, nun doch nicht geklappt. Moonspell kommen mit Opeth, Kreator und Witchery auf Tour. Ein zweites Angebot ist, für Samael zu eröffnen – aber auch hier ist es nicht sicher. Wir werden aber auf jeden Fall nach Deutschland kommen

Wer unbedingt ein Etikett für die Band sucht, wird wahrscheinlich auf den Begriff Göteborg-Death zurückkommen, eine Meinung, die Olivier nicht unbedingt teilt. Eigentlich mag ich die Göteborg Sachen recht gerne. Ich finde aber, dass wir von Sound her ganz anders klingen, als schwedischen Bands. Außerdem haben wir ganz andere Songstrukturen. Es war nie meine Absicht, wie In Flames oder eine andere Band aus dieser Ecke zu klingen. Ich bin kein großer Heavy Metal Fan, vielleicht ist dies das Geheimnis hinter meiner Musik. Ich interessiere mich mehr für Klassik und für Musiker wie Nigel Kennedy. Es inspiriert mich mehr, so was anzuhören, als die ganze Woche Sepultura oder In Flames laufen zu lassen. Wenn du dir dauernd Metal Bands reinziehst, hast du schon bestimmte Dinge und Strukturen im Kopf. Die Gefahr, nur etwas zu kopieren, ist dann groß.

Nun stellte ich Olivier noch unsere Standard-Fragen.

Was sind deine drei Metal-Lieblingsalben?

Moment. Dark Tranquillity, aber nicht das letzte Album Projector, sondern The Mind´s I.

Children of Bodom Hatebreeder und Endorama von Kreator. An der Stelle entfuhr mir ein Endorama ist doch stinklangweilig, was wiederum Olivier zimlich amüsierte, so teilte er umgehend seinem Dolmetscher mit, dass ich das Album nicht besonders gelungen fände, was auf der anderen Seite zu Gelächter fürhte. Auf die Frage hin, was ihnen denn an dem Album gefalle, erklärte er: Ich habe sie letztes Jahr auf den Grasspop Festival gesehen und da klangen sie wie Paradise Lost zu ´Draconian Times´-Zeiten, als sie noch keine Popband waren. Mir gefällt das Album.

Wen würdest Du gerne mal treffen?

Keine Ahnung (überlegt … überlegt ziemlich lange) mir fällt niemand ein.

Internet und Musik?

Ich habe Angst vor Computern, die machen mich nervös, ich habe keine Ahnung davon und ich gehe mir sehr ungern damit um. Ich lese sehr gerne Musikmagazine, aber dann auf Papier. Ich werde aber jemanden bitten, mir das Interview auszudrucken.

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