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LOUDNESS: Veränderte Muskulatur & Würdigung eigener Wurzeln

Ein Interview mit Toleranzgrenzen-Überschreiter Minoru Niihara über das 19. Album seiner seit mittlerweile 25 Jahre aktiven Band aus dem viertgrößten Inselstaat der Welt.

Ach, “Racing” ist das bereits neunzehnte Studioalbum der Nippon-Metal-Bomber? Wenn ich vier dieser Scheiben kenne, dann ist das – obwohl ich bereits seit über zwanzig Jahren Metal höre – wirklich viel. Ich weiß auch nicht, woran es liegt, aber so geil ich einige der japanischen Metalbands (u.a. ANTHEM, EARTHSHAKER, VOW WOW) in all den Jahren musikalisch auch fand, kaum setzte der englischsprachige Gesang eines japanischen Sängers ein, war meine Toleranzgrenze DEUTLICH überschritten.

Einer dieser Toleranzgrenzen-Überschreiter hört auf den Namen Minoru Niihara und ist mittlerweile seit einigen Jahren wieder der Sänger von LOUDNESS, deren
aktuelles Album von Gitarrist Akira Takasaki komponiert, von besagtem Minoru Niihara mit Texten versehen wurde, durch einen bestechenden, satten und fetten Sound überzeugt und quasi ein Bindeglied zwischen dem Speed Metal der traditionelleren Sorte und eher modernem, soundmäßig tiefergelegtem Modern Hüpf Metal darstellt.

Ich führte das folgende Interview mit Herrn Niihara per Email, so dass ihr euch bitte über einige eventuell nicht hinterfragte Antworten nicht zu sehr wundert.

Einige Eurer Alben haben ja schon paar Jahre auf dem Buckel! So erschien das LOUDNESS-Debüt “Birthday Eve” bereits 1981. Glaubst Du, dass die meisten Alben den ‘Test Of Time’ bestanden haben?

Ja, glaube ich schon. Es ist aber auch äußerst interessant für uns zu sehen, dass unsere älteren Fans wirklich und hauptsächlich nur auf die älteren Songs stehen, während die jüngeren LOUDNESS-Fans mit genau diesen Stücken weniger anfangen können und eher auf die neueren und etwas moderneren Songs abfahren. Ich kann dir aber auch gar nicht viel zu den alten Scheiben aus heutiger Sicht sagen, denn eigentlich höre ich die Sachen nicht mehr oft, sobald die Aufnahmen beendet sind. Deshalb kann ich auch gar kein faires Urteil abgeben, weil ich einfach zu sehr in die Aufnahmen und das Verfassen der Texte involviert war. Aber von allen bisherigen Alben würde ich unser aktuelles Werk “Racing” nennen, denn ich persönlich bin sehr stolz auf meine abgelieferte Gesangsleistung. Und ein Album, das ich gar nicht mag, gibt es eigentlich nicht, denn ein jedes hat seinen ganz speziellen Charakter und sollte zum Zeitpunkt der Aufnahmen so klingen, wie es letztendlich geklungen hat.

Du hast die Band ja 1988 verlassen…

Ich habe die Band nicht verlassen, ich wurde gefeuert. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, bei LOUDNESS auszusteigen. Aber sie schmissen mich einfach raus.

Na schön, gab es denn nach Deinem Rausschmiss eine Phase, wo Du keinen Bock mehr auf das Business oder generell auf Musik hattest?

Nein, diese Phase gab es nicht, denn ich bekam kurz nach meinem Rausschmiss die Möglichkeit, ein Soloalbum aufzunehmen. Ich bekam natürlich auch Angebote anderer Bands, die mich als Sänger verpflichten wollten. Aber darunter war keine wirklich interessante, so dass ich selbst ein paar Bands gründete, mit denen ich weitere Erfahrungen machen und sammeln konnte. Erfahrungen, die mich nicht nur zu einem besseren Sänger, sondern auch zu einer stärkeren Person machten. Man muss nur an sich glauben und Alles, was man anpackt, wird ein gutes Ende nehmen.

Die einzige mir bekannte Band, die Du nach Deinem Rausschmiss am Start hattest, hieß – glaube ich – DED CHAPLIN…

… und bestand aus den Musikern meiner Soloband. Drummer Kozo Suganuma, Basser Toshimi Nagai und Gitarrist Yukihiro Fujimura waren unglaubliche crazy motherfuckers, kamen aber mehr aus der “Progressive” und “Fusion”-Ecke. Nichtdestotrotz machte es mir unglaublich Spaß, mit diesen Leuten zusammenzuarbeiten. Wir veröffentlichten vier Alben, die nur in Japan veröffentlicht wurden und für mich wie eine Mischung aus “Very High Intense Prog” and “Metal Rock´n´Roll” klangen. I love the band, and I love the guys!

Hat es eigentlich lange gedauert, bis Ihr Euch nach Deinem Wiedereinstieg wieder aneinander gewöhnt hattet?

Nein, das hat eigentlich gar nicht lange gedauert. Als wir das erste Mal nach zwölf Jahren wieder zusammen probten, war es so, als ob wir nie getrennt gewesen wären. Wir spielten die Songs ohne uns zu verheddern und ich hatte auch keine Probleme, mich an die Texte zu erinnern. Es kam alles ganz natürlich über meine Lippen.

Das Coverartwork zu Racing
“Racing” – das Quasi-Bindeglied zwischen dem Speed Metal der traditionelleren Sorte und eher modernem Modern Hüpf Metal

Nicht nur der Stil der Band, auch die Art und Weise, wie Deine Stimme einsetzt, hat sich geändert! Woran liegt das?

Wenn man älter wird, verändern sich die Muskeln der Stimmbänder, was zur Folge hat, dass sich auch deine Stimmlage verändert. Dagegen kannst du wenig tun und es ist nicht weiter schlimm. Ich persönlich mag es, dass meine Stimme heutzutage etwas fetter und tiefer klingt, wobei ich immer noch in der Lage bin, die hohen Töne zu treffen, wenn es darauf ankommt. Die neuen Stücke sind aber so angelegt, dass die Notwendigkeit eben nicht mehr gegeben ist.

Was denkst Du über die Alben “On the Prowl” und “Soldier Of Fortune” die die Band mit Mike Vescera aufgenommen hat?

Doch, ich mag diese Scheiben, zumal Mike ein wirklich guter Sänger ist. Ich habe sogar schon einige Songs dieser Scheiben live gesungen und für einen Re-Release auch den Track “Soldier Of Fortune” neu eingesungen.

Gutes Stichwort: Einige Eurer Alben sind bisher und immer noch ausschließlich über den zumeist teuren Import-Weg zu beziehen. Gibt es da keine Chance, die Alben auch in Europa zu veröffentlichen?

Nenne uns den Namen eines interessierten Labels und es wird genau das passieren. Die Tür steht für einen Re-Release jederzeit offen. Ich möchte aber noch erwähnen, dass wir Ende September das “The Best Of Reunion”-Album in Japan veröffentlicht haben, das einen neuen Song namens “Jack” und das Remake von “Speed”, einem Song von “The Law of Devils Land” (das Album aus dem Jahre 1983 – der Verf.), enthält.

Bist Du eigentlich mit dem bisherigen Erfolg in Europa oder speziell Deutschland zufrieden?

Loudness Interview 2005 - Loudness live
“Nenne uns den Namen eines interessierten Labels und es wird genau das passieren – LOUDNESS würden sich dem europäischen Markt und europäischen Bühnen nicht verschließen.

Hmm, in den Achtzigern lief es für uns eigentlich ziemlich gut, auch wenn ich persönlich nie hundertprozentig zufrieden war. Ich denke wir hätten viel mehr Konzerte in Deutschland und Europa spielen müssen, hoffen aber, dass wir nun für einige Konzerte nach Europa kommen können. Zumindest laufen Planungen diesbezüglich.

Ich bin sicher, dass LOUDNESS vor fast 25 Jahren als echte Band starteten, doch mittlerweile ist LOUDNESS für viele Leute nicht mehr als die Akira Takasaki-Band, was sicherlich auch daran liegen mag, dass Akira die komplette Musik komponiert und auch das einzige Bandmitglied ist, das auf allen Alben zu hören ist.

Natürlich kann ich diese Sichtweise einiger Leute verstehen, zumal sie ja auch nicht völlig falsch ist. Aber solange wir mit dieser Arbeitsweise glücklich und zufrieden sind, ist doch alles in Ordnung. Ich wäre nicht in der Band, wenn ich damit meine Probleme hätte.

Bist Du denn noch in so genannte “Side-Projects” involviert? Und wie sieht das bei den restlichen LOUDNESS-Mitgliedern aus?

Ja, ich habe noch eine Band am Start, die auf den Namen XYZ=A hört, seit 2000 existiert und im Frühjahr des nächsten Jahres bereits das fünfte Album veröffentlichen wird. Auch Akira hat einige Sachen nebenbei am Start, doch am interessantesten dürfte für unsere Fans sein, dass jedes LOUDNESS-Mitglied im nächsten Jahr ein Soloalbum veröffentlichen wird.

Die limitierte Erstauflage des neuen Albums enthält noch eine Bonus-CD mit Neuaufnahmen alter LOUDNESS-Klassiker!

Richtig, dabei handelt es sich um das “Rock Shocks”, das wir vor über zwei Jahren aufgenommen haben und dessen Songs von den Fans ausgewählt wurden. Wir sehen die Scheibe als ein Geschenk für unsere Fans, mit dem wir uns für den langjährigen Support bedanken wollten. Wir selbst haben das auch als Würdigung unserer eigenen Wurzeln gesehen und ich betrachte die Neuaufnahmen als wertvolle Erfahrung.

Gibt es denn für Dich Unterschiede zwischen den alten und den neuen Versionen?

Nein, nicht wirklich, denn die Arrangements blieben ja fast unverändert. Natürlich hat Akira, was er sehr liebt, seine Gitarre etwas tiefer gestimmt, aber ansonsten haben wir lediglich versucht perfekter und mit mehr Power zu spielen, als das damals der Fall war.

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